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From distinguished moral philosopher Martha Nussbaum, this is a historical and conceptual study of the American tradition of religious freedom. In one of greatest triumphs of the colonial and Revolutionary periods, the founders of the future United States overcame religious intolerance in favour of a constitutional order dedicated to fair treatment for people's deeply held conscientious beliefs. It granted equal liberty of conscience to all and took a firm stand against religious establishment. This respect for religious difference, argues Martha Nussbaum, is the basis for democracy in…mehr

Produktbeschreibung
From distinguished moral philosopher Martha Nussbaum, this is a historical and conceptual study of the American tradition of religious freedom. In one of greatest triumphs of the colonial and Revolutionary periods, the founders of the future United States overcame religious intolerance in favour of a constitutional order dedicated to fair treatment for people's deeply held conscientious beliefs. It granted equal liberty of conscience to all and took a firm stand against religious establishment. This respect for religious difference, argues Martha Nussbaum, is the basis for democracy in America. Yet today there signs that this legacy is misunderstood. The prominence of a particular type of Christianity in America's public life suggests the unequal worth of citizens who hold different religious beliefs or no beliefs. Other people, meanwhile, seek to curtail the influence of religion in public life in a way that is itself unbalanced and unfair. Such partisan efforts, argues Nussbaum, violate the spirit of the American Constitution. Weaving together political history, philosophical ideas and key constitutional cases, this is a rich chronicle of an ideal of equality that has always been central in America's history, but is now in serious danger.
Autorenporträt
Martha C. Nussbaum, geboren 1947, ist Ernst Freud Professor of Law and Ethics an der University of Chicago. An derselben Universität lehrt sie außerdem in den Fächern Rechtswissenschaft, Theologie und Klassische Philologie. Neben zahlreichen Schriften zur Philosophie der Antike hat sie vor allem Arbeiten über moralphilosophische Themen veröffentlicht. Dabei behandelt sie oft Fragen am Schnittpunkt zwischen Ethik, öffentlicher Moral, Literatur und Problemen des Feminismus. 1993 hielt sie die renommierten Gifford Lectures über Themen der Moralphilosophie und der Philosophie der Psychologie.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2008

Polygamie, abseitig

Was heisst Religionsfreiheit in einem säkularen Staat? Die neue Studie der Philosophin Martha Nussbaum gibt Anstöße für ein politisch aktuelles Thema.

In ihrem faszinierend vielschichtigen Buch über die amerikanische Tradition der Religionsfreiheit lässt die Philosophin Martha Nussbaum alles bei den Stoikern und ihrem eigenwilligen Parteigänger Cicero anfangen. Nussbaums zugleich verfassungstheoretische, historische und philosophische Studie ist ein leidenschaftliches Plädoyer für eine Idee der Gleichheit, die individuelle Freiheit ermöglicht. Die Studien gründet im kosmopolitischen Denken der Stoa, das jedem Menschen unveräußerliche Würde zuerkennt.

Weil der Verfassungsvater James Madison seine lateinischen Klassiker gelesen hatte, wies er jede Rede von einer "Tolerierung" bestimmter Religionen und Bekenntnisse scharf zurück. Schließlich, so formulierte er 1776 in den Debatten um die "Virginia Declaration of Rights", seien alle Menschen gleichermaßen zur freien Religionsausübung berechtigt, gemäß den Forderungen ihres Gewissens. Niemals solle, schrieb George Washington 1790 der jüdischen Gemeinde von Newport, eine religiöse Minderheit sich von der andersgläubigen Mehrheit nur gnädig geduldet fühlen, wenn sie ihre ureigensten Rechte ausübe.

Darum spricht auch Martha Nussbaum lieber ganz hierarchiefrei von "Respekt". Und unterstreicht damit, dass in der amerikanischen Konzeption der Religionsfreiheit nie eine Privilegierung der Mehrheitsreligion denkbar war, wie sie in Europa von Politikern und Verfassungsrechtlern häufig als Lösungsformel für Kulturkonflikte propagiert wird. Nussbaums intellektueller Kronzeuge ist, neben ihrem Lehrer John Rawls und dem katholischen Philosophen Jacques Maritain, der Theologe und protestantische Dissident Roger Williams, der erstmals den Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche formulierte.

Nuanciert und dabei wunderbar lesbar kartographiert Nussbaum die Lage des verfassungsrechtlichen Fixsterns der Religions- und Gewissensfreiheit. Orientierung geben klassische Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs und andere nicht oder noch nicht durch Richterspruch entschiedene Konfliktfälle. Die Rechtstheoretikerin interpretiert sie im doppelten Blick auf zeitgenössische wie heutige Bedeutung, vom Streit um die Förderung religiöser Schulen und die Aufstellung einer Weihnachtskrippe im Gerichtsgebäude bis zum anhaltenden Disput um die pseudowissenschaftliche Lehre vom "Intelligent Design".

Nachdrücklich hebt Nussbaum dabei die Argumentation der vormaligen Verfassungsrichterin Sandra Day O'Connor hervor, die sich in ihren 25 Dienstjahren am Obersten Gerichtshof immer wieder zum Ersten Verfassungszusatz geäußert hat. Der schreibt die Religionsfreiheit sowie das Gebot der Trennung von Kirche und Staat fest - für O'Connor Ausdruck größtmöglicher Freiheit in einer pluralistischen Gesellschaft, die auf dem Gebot staatsbürgerlicher Gleichheit gründet.

Diese Freiheit sieht Martha Nussbaum gegenwärtig akut gefährdet, bedrängt von Links und Rechts, durch arrogante Säkularisten und kompromisslose Evangelikale. In einer durch subjektiv empfundene Gefährdungen verunsicherten Gesellschaft wachse mit dem Misstrauen gegenüber dem Fremden die Sehnsucht nach Homogenität. Im historischen Rückblick markiert Nussbaum für den Zeitraum zwischen1850 und 1945 eine Phase einschneidender religiöser Diskriminierungen, die vor allem Mormonen, Zeugen Jehovas und Katholiken trafen. Die immer neuen Einwanderungswellen hatten eine Vielfalt kultureller und religiöser Traditionen befördert, die Angst und Unsicherheit hervorrief. Zu abseitig schienen die übertrieben skandalisierte Polygamie der Mormonen, der unermüdliche Missionseifer der Zeugen Jehovas und der vermeintlich vernunft- und demokratiefeindliche Ultramontanismus der Katholiken.

Die Nachkommen der einst um der freien Religionsausübung willen aus Europa geflohenen Pilgerväter waren selbst zu kleinkarierten Glaubenswächtern geworden. Wie nachhaltig die Beschädigung der noblen Tradition des Respekts vor dem Gewissen des Anderen fortwirkt, hat Nussbaum im eigenen Leben erfahren. Als die in der protestantischen Tradition der Episkopalen Kirche erzogene Philosophin konvertierte und Mitglied einer Gemeinde des liberalen Reformjudentums wurde, reagierte ihre Familie, die ihre Abkunft bis zu den Passagierlisten der "Mayflower" zurückführen kann, zunächst unterkühlt.

Inmitten einer so weitgefächerten gesellschaftlichen Binnenpluralität, wie sie auch die Vereinigten Staaten nie zuvor in ihrer Geschichte gekannt haben, fürchtet Nussbaum nun den Verlust einer einzigartigen freiheitlichen Verfassungstradition. Die gerät im Klima kollektiver Angst und Unsicherheit zunehmend unter Druck, in einem fatalen Wechselspiel, bei dem sich Rechte und Linke gegenseitig zu je eigener Unbeirrbarkeit aufschaukeln. Selbstgewisse Säkularisten schauen verächtlich auf die bunte Schar der Frommen herab, während evangelikale Fundamentalisten zur christlichen Vereinnahmung Amerikas ansetzen, notfalls durch Stärkung der religionsrechtlichen Autonomie der Bundesstaaten.

"Überraschend, aber auch beruhigend" sei, dass es bislang nicht zu nennenswerten gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Religionsfreiheit amerikanischer Muslime gekommen sei. Als einzige Ausnahme schildert Nussbaum den Fall einer Muslimin, die ihre Fahrerlaubnis verlor, weil sie sich weigerte, für das Führerscheinfoto einen Gesichtsschleier abzunehmen, der nur die Augenpartie freigab. Hier konzediert die Philosophin, wie das zuständige Gericht in Florida, ein "zwingendes staatliches Interesse" an einer Fotografie, die die Identitätsfeststellung ermöglicht.

Martha Nussbaum adressiert ihr Buch ausdrücklich auch an europäische Leser, denen sie das Studium der amerikanischen "Tradition der Fairness" ans Herz legt. Dafür gibt es gute Gründe. Die Erkundung der in James Madisons Verfassungsurkunde angelegten Konzeption des Zusammenspiels und der wechselseitigen Bekräftigung von Freiheit und Gleichheit in einer heterogenen Gesellschaft drängt zu neuer Auseinandersetzung mit den festgefahrenen Argumentationsmustern der Religions- und Kulturkonflikte unserer Alten Welt.

Gerade darum ist es ausgesprochen ärgerlich, dass Nussbaum beim Blick auf die europäischen Verhältnisse kaum mehr als holzschnittartige Platitüden zu bieten hat - anders als bei ihrer differenzierteren Beschreibung der religiösen Realitäten Indiens. Oder wiederholen sich mit der zunehmenden Präsenz des Islam in Europa tatsächlich nur Konflikte, die schon die erzwungene jüdische Assimilation im achtzehnten Jahrhundert prägten? Wirft die Burka wirklich keine anderen Fragen auf als der Mundschutz des Chirurgen oder die winterliche Vermummung einer in Schal und Mütze eingewickelten Ostküstenintellektuellen?

Wo theoretischer Tiefgang so unvermittelt in polemisches Flachwasser gerät, ist die scharfsinnige Philosophin sich und ihren Lesern gründliche rechtsvergleichende und soziologische Recherche schuldig geblieben. Schließlich streiten Europäer über Kopftuch und Ganzkörperschleier nicht nur, weil sie das homogene Erscheinungsbild ihrer Gesellschaften bedroht sehen. Es geht um Gefährdungen einer freiheitlichen Ordnung, die jeder und jedem Einzelnen ermöglicht, das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen, die eigene Tradition und Herkunft zu bekräftigen oder sich davon zu emanzipieren.

ALEXANDRA KEMMERER

Martha C. Nussbaum: "Liberty of Conscience". In Defense of America's Tradition of Religious Equality. Basic Books, New York 2008. 406 S., geb., 28,95 $.

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