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KENZABURÔ ÔEs erschütternder wie berührender Bericht über das Leben mit seinem behinderten Sohn.
Kenzaburô Ôe ist 28 Jahre, als sein erstes Kind, Sohn Hikari, mit einer geistigen Behinderung zur Welt kommt. Ôe steht zu diesem Zeitpunkt am Anfang seiner schriftstellerischen Karriere. Aber statt zu schreiben, muss er über Leben und Tod entscheiden. Ôe und seine Frau Yukari entschließen sich für die riskante Operation und schenken Hikari damit das Leben. Diese existentielle Bedrohung hat den Schriftsteller und Menschen Kenzaburô Ôe zutiefst geprägt. Hikari ist heute ein angesehener Komponist klassischer Musik und das Glück seiner Eltern. …mehr

Produktbeschreibung
KENZABURÔ ÔEs erschütternder wie berührender Bericht über das Leben mit seinem behinderten Sohn.

Kenzaburô Ôe ist 28 Jahre, als sein erstes Kind, Sohn Hikari, mit einer geistigen Behinderung zur Welt kommt. Ôe steht zu diesem Zeitpunkt am Anfang seiner schriftstellerischen Karriere. Aber statt zu schreiben, muss er über Leben und Tod entscheiden. Ôe und seine Frau Yukari entschließen sich für die riskante Operation und schenken Hikari damit das Leben. Diese existentielle Bedrohung hat den Schriftsteller und Menschen Kenzaburô Ôe zutiefst geprägt. Hikari ist heute ein angesehener Komponist klassischer Musik und das Glück seiner Eltern.
Autorenporträt
Kenzaburô Ôe, geboren 1935 auf der Insel Shikoku, Romanistik-Studium an der Tokyo University mit einer Abschlussarbeit über Sartre. Er schrieb Essays, Geschichten und Romane. Mit 23 Jahren erhielt Ôe den renommierten Akutagawa-Preis, es folgten zahlreiche weitere Auszeichnungen - darunter 1994 der Nobelpreis für Literatur. Zu seinen wichtigsten Büchern zählen die Romane 'Reißt die Knospen ab...', 'Der stumme Schrei', 'Stille Tage' und 'Sayonara, meine Bücher'.  In 'Tagame. Berlin-Tokyo' schreibt er über seine Zeit als S. Fischer Gastprofessor in Berlin; in 'Der nasse Tod' spricht er über das Trauma seines Lebens: der Tod seines Vaters 1944. Über das Zusammenleben mit seinem Sohn Hikari, der mit einer Schädelanomalie geboren wurde, berichtet er in 'Licht scheint auf mein Dach. Geschichte meiner Familie'. Bis zu seinem Tod am 3. März 2023 lebte Ôe in Tokyo. Nora Bierich, 1958 geboren, hat Philosophie und Japanologie studiert, übersetzt aus dem Japanischen und lebt in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.01.2015

Zwei Winde, die sich in den Bäumen treffen
Als Ethiker ein Minimalist, aber was für einer: Kenzaburo Oe arbeitet auch mit achtzig weiter an seinem Gewissen

Dieser Vater ist das Geschöpf seines Sohnes. Denn das literarische Werk Kenzaburo Oes ist ohne seinen Sohn Hikari nicht denkbar. Seit einem halben Jahrhundert kreisen die Bücher des japanischen Nobelpreisträgers immer wieder um die eigene Familie, in deren Mittelpunkt der geistig behinderte Sohn steht. Hikari ist auf die Hilfe seiner Eltern und Geschwister angewiesen; seine Behinderung prägt aber nicht nur den Alltag der Familie, sondern ist auf das engste mit einem der Urmotive in Oes Werk verknüpft: der Frage nach der Schuld angesichts einer Tat, die nie begangen wurde.

Die Frage steht am Anfang der Familiengeschichte, die Oe in seinem jüngsten Buch erzählt. "Licht scheint auf mein Dach" ist eine Zusammenstellung mehrerer Kapitel aus zwei früheren, in Japan bereits in den neunziger Jahren erschienenen Büchern Oes; also keine stringent erzählte Familienchronik, sondern eine lose Abfolge von Episoden und Reflexionen, die im Stil eines Tagebuches um das Leben mit einem behinderten Kind kreisen. Hikari wird dabei zum Ausgangspunkt der Fragen seines Vaters nach den letzten wie nach den ersten Dingen: Was ist das Leben, was sind Glück, Trauer, Verantwortung, Erfüllung? Worin manifestiert sich das Wesentliche und Unverwechselbare einer Persönlichkeit?

Oe ist als Ethiker ein Minimalist, ein Bescheidenheitsfanatiker. Ironie ist ihm fremd, seine Sprache ist meistens schlicht, mitunter förmlich und wirkt manchmal fast naiv. Oe achtet die Andersartigkeit des Sohnes, respektiert die der Behinderung geschuldete Fremdheit seines Denkens und Fühlens, und doch erweitert die Anomalie des Sohnes die Perspektive des Vaters. Das gilt sogar bis über den Tod hinaus, wenn Oe sich vorstellt, wie Vater und Sohn, zwei körperlose Seelen, sich dereinst "wie zwei Winde in den Bäumen treffen, ohne sich zu erkennen". Als Hikari 1963 geboren wurde, war sein Vater 28 Jahre alt und stand am Beginn seiner Schriftstellerkarriere. Er hatte für seinen Roman "Reißt die Knospen ab" den angesehenen Akutagawa-Preis erhalten, bezog öffentlich Stellung in heiklen Fragen, schrieb gegen nationalistische Strömungen in Japan und gegen den Sicherheitsvertrag mit den Vereinigten Staaten an und engagierte sich in der aufkommenden Studentenbewegung. Oe war dabei, sich zu einer wichtigen kritischen Stimme in Japan zu entwickeln. Die Missbildung des Sohnes stürzte den jungen Vater in eine tiefe Krise. Wollte er sich, seine Ehe und seine Karriere mit einem behinderten Kind belasten? Sollte er seine Zustimmung zu der dringend erforderlichen Schädeloperation verweigern und das Kind sterben lassen?

Bereits ein Jahr später erschienen zwei Texte, in denen Oe sein Dilemma verarbeitet hatte. Der Roman "Eine persönliche Erfahrung" beschreibt den Schock eines Vaters bei der Geburt seines geistig behinderten Kindes, einer "pflanzenhaften Existenz", die der Vater zunächst mit Hilfe eines Arztes töten lassen will. Auf die Entscheidung folgen Tage voller Gewissensqualen und sexueller Exzesse, schließlich die Kehrtwende: der Entschluss, das Kind aufzuziehen. Die Erzählung "Agui, das Himmelsungeheuer" spielt das gegenläufige Szenario durch: Der behinderte Säugling wird getötet, der Vater, ein junger Komponist, gleitet in den Wahnsinn ab und lebt in der Illusion, der Geist des toten Kindes spreche zu ihm. Am Ende der Erzählung wirft der Komponist sich vor einen Lastwagen, mit ausgestreckten Armen, als wollte er einen Unsichtbaren ergreifen.

Oe verarbeitete in diesen Texten einen doppelten Schock. Dem Entsetzen angesichts der Anomalie des Kindes folgte das noch größere Entsetzen des Vaters über sich selbst. Er muss sehr kurz davor gestanden haben, seinem Erstgeborenen das Leben zu nehmen. Fünf Jahre nach der Geburt richtete das Kind zum ersten Mal Worte an seinen Vater, die einen Sinn ergaben. Hikari, der während eines Spaziergangs auf den Schultern seines Vaters sitzt, lauscht dem Gesang eines Vogels und sagt: "Das ist eine Wasserralle."

Nach und nach zeigt sich, dass Hikari ungewöhnlich musikalisch ist. Der Junge, der mit einer unheilbaren Anomalie des Schädelknochens geboren wurde, ist längst ein angesehener Komponist. Sein Vater, der sein Leben und sein Werk mit der Existenz seines Sohnes verschmolzen hat, wird am morgigen Samstag achtzig Jahre alt.

HUBERT SPIEGEL.

Kenzaburo Oe: "Licht scheint auf mein Dach. Die Geschichte meiner Familie". Aus dem Japanischen von Nora Bierich.

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015. 205 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Auch Kenzaburō Ōes neuer Roman "Licht scheint auf mein Dach" ist autobiografisch und kreist um den Sohn Hikari, erzählt Rezensent Ulrich Baron. Es daurte eine Zeit, bis der Vater den mit einer schweren Behinderung geborenen Sohn annehmen konnte. Etwas, für das er sich heute noch schämt, so Baron, und das er immer wieder "bis zur Selbstentblößung" thematisiert. Hikari (der Name bedeutet "Licht" im Japanischen) ist heute ein Komponist, dessen Erfolge den "alternden Vater" sehr stolz machen, wie man in diesem Familienroman nachlesen kann, so Baron.

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Mit ?e spricht ein Humanist der Moderne. Jonas Lages Die Welt 20150131
Auch Kenzaburō Ōes neuer Roman "Licht scheint auf mein Dach" ist autobiografisch und kreist um den Sohn Hikari, erzählt Rezensent Ulrich Baron. Es daurte eine Zeit, bis der Vater den mit einer schweren Behinderung geborenen Sohn annehmen konnte. Etwas, für das er sich heute noch schämt, so Baron, und das er immer wieder "bis zur Selbstentblößung" thematisiert. Hikari (der Name bedeutet "Licht" im Japanischen) ist heute ein Komponist, dessen Erfolge den "alternden Vater" sehr stolz machen, wie man in diesem Familienroman nachlesen kann, so Baron.

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