Die Arbeit untersucht eine nicht-klinische Population von jüdischen Nachkommen von Überlebenden der nationalsozialistischen Judenverfolgung in der Bundesrepublik Deutschland und das Erleben ihrer Paarbeziehungen. Dem Verständnis ihrer Paarbeziehungsproblematik gerade im "Land der Täter" dient eine Annäherung an die Lebenswelt von Juden im heutigen Deutschland in Form einer kultur- und gesellschaftspolitischen Bestandsaufnahme aus der Perspektive eben dieser Zweiten Generation. Methodischer Ansatz der empirischen Analysen ist ein multi-methodisches Vorgehen der Ineinanderführung von qualitativen und quantitativen Forschungsansätzen. Semistrukturierte Tiefeninterviews werden durch standardisierte Erhebungsverfahren ergänzt. Die Untersuchung erweist, dass Söhne und Töchter von Überlebenden im Sinne emotionaler Verstrickung stärker an ihre Eltern gebunden sind als eine nichtjüdische Vergleichsgruppe. Sie zeigen mehr 'Klarheit' über die wesentlichen Erfahrungen ihrer Eltern im Na tionalsozialismus. Sie erleben mehr elterlichen Druck, Partnerinnen oder Partner der eigenen Herkunft zu wählen. In ihren Liebesbeziehungen zeigen sich spezifische mit dem Thema Herkunft oder Nationalsozialismus in Zusammenhang stehende Konflikte. Die Einzelfallanalysen ermöglichen ein tieferes Verständnis in bezug auf die Modi der Tradierung des elterlichen Traumas. In Familien, in denen beide Eltern Überlebende sind, kann eine besondere Enge entstehen, die den Kindern zwar die Ausbildung einer klaren Identität als Juden der Zweiten Generation ermöglicht, die aber einen so hohen Bindungsdruck erzeugt, dass eine Separation schwer bis kaum möglich wird. In einer Familie mit einem Überlebenden und einer deutschen Mutter entsteht gewissermaßen das umgekehrte Bild: ein Mann, der unter massiver Identitätskonfusion leidet, sich eher von der eigenen Familie ausgestoßen fühlt und mit dem Versuch scheitert, in der Identifizierung mit dem jüdischen Vater seine eigene Identität zu finden.
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