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Der große Gesellschaftsroman unserer Zeit - scharfsinnig, provokant und voll schwarzem Humor!
Bec Shepherd, Forscherin aus Leidenschaft, hat ein hehres Ziel im Leben: Sie will die Menschheit von der Geißel der Malaria befreien. Dafür ist sie sogar bereit, ihre eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Ihr Bruder Ritchie hingegen, einstmals gefeierter Rockstar und nun millionenschwerer TV-Produzent, riskiert für eine Affäre mit einer Minderjährigen die Trennung von seiner Ehefrau. Nur einer weiß von dieser Bettgeschichte: der skrupellose Journalist Val. Als Bec seinen Heiratsantrag ablehnt,…mehr

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Produktbeschreibung
Der große Gesellschaftsroman unserer Zeit - scharfsinnig, provokant und voll schwarzem Humor!

Bec Shepherd, Forscherin aus Leidenschaft, hat ein hehres Ziel im Leben: Sie will die Menschheit von der Geißel der Malaria befreien. Dafür ist sie sogar bereit, ihre eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Ihr Bruder Ritchie hingegen, einstmals gefeierter Rockstar und nun millionenschwerer TV-Produzent, riskiert für eine Affäre mit einer Minderjährigen die Trennung von seiner Ehefrau. Nur einer weiß von dieser Bettgeschichte: der skrupellose Journalist Val. Als Bec seinen Heiratsantrag ablehnt, droht Val, Ritchies Fehltritt publik zu machen - wenn dieser nicht seine Schwester an den öffentlichen Pranger stellt. Muss Ritchie sie wirklich verraten, um seine eigene Haut zu retten?

Klug, kühn, komisch - eine provozierende Geschichte über die Kraft von Familienbanden, die Unvereinbarkeit von Glaube und Vernunft, über Musik, Medienhypes, Evolution und den Drang, die Welt zu verbessern. Ein groß angelegter Gesellschaftsroman über unsere Zeit, in der Richtig und Falsch, Gut und Schlecht nicht immer zu unterscheiden sind.
Autorenporträt
Hans-Ulrich Möhring, geboren 1953, hat so unterschiedliche Autoren wie Zora Neale Hurston, J.R.R. Tolkien, James Hamilton-Paterson und William Blake übersetzt. Er lebt in Niederkleveez.

James Meek, geb. 1962 in London, wuchs in Dundee auf. Seit 1985 arbeitet er als Journalist, die Jahre 1991 bis 1999 verbrachte er als Auslandskorrespondent in der ehemaligen Sowjetunion. James Meek lebt heute in London, wo er für den Guardian, The London Review of Books und das Magazin Granta schreibt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.2013

Wenn unsere E-Mail-Postfächer alle Kontakte versenden

Loyalität als Erblast: James Meek hat einen rasanten, zeitgenössisch moralischen Roman geschrieben, in dem Betrug und Liebe zwei konkurrierende Impfstoffe gegen die Sterblichkeit sind.

Was ist das Ende der Menschheit? Klimakollaps, Atomunfall, Pandemie, Meteoriteneinschlag? Alles richtig, alles möglich, aber es gibt eine näherliegende Antwort: Das Ende der Menschheit ist da, sobald sich unsere kompletten E-Mail-Postfächer an sämtliche Kontakte versenden - was die NSA nun leicht arrangieren könnte. Alle Lästereien und Affären kämen ans Licht, alle Eitelkeiten und Copy-and-Paste-Liebesbriefe, wobei Notlügen aus Zuneigung sich möglicherweise fataler auswirkten als Taten aus Niedertracht oder Schwäche. Geheimnisse jedenfalls sind mehr als Rücksicht, sie sind die Grundbedingung des Zusammenlebens: Keine Behausung ohne Fassade.

In James Meeks raffiniertem Familienroman (mit idiotischem deutschen Titel), der sich auf einer Umlaufbahn um die Schwerkraftzentren Wissenschaft, Glaube und Medien bewegt, aber im Kern von überzeitlichen Werten handelt, geschieht etwas dieser Mail-Apokalypse ganz Ähnliches, nur dass der ehemalige Boulevardzeitungschef Val Oatman - eine Murdoch-Karikatur - nicht die NSA ist und mithin nur über begrenztes Wissen verfügt (weshalb die Menschheit gerade so überlebt). Dieses Wissen hat Oatman dafür auf noch viel perfidere Weise erworben: Seine "Moral Foundation" deckt (vermeintliche) moralische Verfehlungen englischer Prominenter auf, gibt allerdings vielen von ihnen vor der Veröffentlichung die Möglichkeit, sich durch das Denunzieren ihrer Bekannten selbst zu retten, nicht ahnend, dass der selbsternannte Wächterrat schließlich auch das Denunzieren öffentlich machen wird. Wer Schuld hat, der wirft den Stein besonders heftig.

Wie aber lässt sich Schuld hier überhaupt genau verorten? Kann man heute ohne Schuld auskommen? Aus zahlreichen Perspektiven nähert sich das Buch dieser Frage an. Der Parasit, so heißt es einmal über diese vielfach aufgenommene Leitmetapher, bringe einer fremden Umgebung den Tod, aber er selbst sei tapfer, wolle nur leben und sich vermehren. Nicht viel anders scheint es sich mit dem Begehren zu verhalten. Weil der Parasit hier wie bei Michel Serres zugleich das stabilisierende Dritte darstellt, könnten moralische Schwächen manchmal auch dem Leben dienen: ganz direkt zu sehen bei jenem wohlmeinenden Betrug, der zu dem gewünschten Kind führt, das anders nicht zustande kam.

Ist das Verhalten des vorbildlichen Captain Shephard also gar kein Richtwert? Der britische Soldat gab selbst unter der Folter durch irische Untergrundkämpfer den Namen eines Verräters nicht preis, was er mit dem Leben zahlte. Seine Kinder, zurückgelassen, arbeiten sich an diesem Ehrenkodex ab, der sie lähmt und animiert: Sie wissen, dass sie sich moralisch erst auf Augenhöhe befinden, wenn sie dem Mörder vergeben, aber dies müsste das Herz ihnen eingeben, nicht Berechnung und Verstand.

Meek, lange Zeit als Journalist und Russland-Korrespondent für den "Guardian" tätig, in den vergangenen sechs Jahren aber vornehmlich als Romanautor hervorgetreten, liebt den verspielten Realismus der großen klassischen Erzähler (diesmal finden sich beispielsweise Anspielungen auf Tolstois "Tod des Iwan Iljitsch"), den er freilich auf höchst zeitgenössische Themen lenkt: Castingshows, Biowissenschaft, Rockmusik. Seine schon für den Booker-Preis nominierten Bücher sind lebensnah, vielsträngig, in Teilen kolportagehaft dahinplaudernd, dann wieder anregend philosophisch oder treffend satirisch, stets jedoch sehr genau recherchiert, auch wenn der Autor die Wirklichkeit gern überschreitet. Im vorliegenden Fall etwa entdeckt ein Humangenetiker "Expertenzellen", die, genetisch manipuliert, zur Heilung einer seltenen Krebsart taugen könnten. Harry Comrie selbst erkrankt jedoch an Krebs, und sein noch genialerer Neffe Alex führt die Forschungen fort. Er lässt sich hinreißen zur vollmundigen, von der Gesellschaft gierig aufgenommenen Andeutung, den Schlüssel zur Unsterblichkeit gefunden zu haben: Da hat er die Grenze zum Glauben überschritten.

Diesem Neffen, seinem Nachfolger als Institutsleiter, vermacht Harry sein Londoner Anwesen - Meek, Londoner aus tiefstem Herzen, verortet jede Begebenheit exakt im Stadtplan der Kapitale - und übergeht dabei den eigenen Sohn Matthew, der die Seiten gewechselt hat und tief religiös geworden ist. Die pfiffigen, oft unvorhersehbar verlaufenden Dialoge zwischen Wissenschaftlern und Gläubigen mögen sich an einem in der Literatur oft ausgehandelten Grenzverlauf abarbeiten, zumal dabei oft der Tod oder der Sinn des Lebens im Zentrum stehen, und doch wirken sie frisch und unverbraucht, was an der absolut zeitgenössischen Perspektive liegt. Beide Parteien treffen sich in einer Einsicht: Unendlichkeit ist hienieden vorerst nur erreichbar durch Sukzession. Erst wer Kinder hat, wird Teil des Ganzen und der Zeit, wie es Alex einmal ausdrückt, der umso mehr unter seiner Unfruchtbarkeit leidet.

Den eigentlichen Mittelpunkt des Romans aber bilden die Geschwister Shephard, die zugleich zwei postmoralische, hyperindividuelle Lebensprinzipien verkörpern. Der Ex-Rockstar Ritchie ist ein selbstgerechter Egomane und Feigling, daher im Fernsehen bestens aufgehoben. Der Erfinder einer populären Teenager-Castingshow hat eine Affäre mit einer Minderjährigen - ein greller Effekt gleich zu Beginn des Romans -, die er um jeden Preis geheim zu halten versucht, um Ehe und Karriere zu schützen. Ebenso scharfzüngig, aber von ganz anderem Schlage ist seine hochintelligente Schwester Rebecca, genannt Bec, die ihre wissenschaftliche Laufbahn dem Kampf gegen Malaria verschrieben hat. Tatsächlich entdeckt sie im letztlich ebenfalls egozentrischen Selbstversuch, dessen unerfreuliche Nebenwirkungen sie wie einen Orden trägt, einen neuen, auf Parasiten gegründeten Impfstoff, der halb funktioniert - wobei sie besonders an dieser in Afrika nicht zu kommunizierenden Halbheit leidet, die vielleicht mehr Tote fordert als ein konsequenter Mückenschutz. Alex, früher Drummer in Ritchies Band, hat immer schon für Bec geschwärmt. Nun erst werden die beiden ein Paar. Diese sympathisch unromantische Wissenschaftler-Romanze ist vielleicht die anrührendste Sequenz des ganzen Romans. Becs anderen Verehrer, den verrückten Zeitungschef Oatman, treibt jedoch ebendies zum Äußersten.

Während das arg detailreiche Geschehen zwischenzeitlich ein wenig dahinmäandert (wie spätestens bei einer ausgiebigen Pilzesammelepisode auffällt), formieren sich im Hintergrund die Urkräfte Neid, Scham, Angst, Wut und Liebe zum großen Schlagabtausch, der schließlich blitzend und krachend in die Handlung fährt. Der Verrat ist ungeheuer, Vertrauen zerbirst. Wenn man einen Schritt zurücktritt, erkennt man in dem Roman ein Denkexperiment, das im Kurzschluss von Sensationsjournalismus und talibaneskem Moralterror herausfinden möchte, was geschieht, wenn der alteuropäische Tugendkatalog tatsächlich gesellschaftsbestimmend wäre. Die Antwort ist nicht eindeutig, aber es scheint doch, dass die weichkatholische Variante eines austarierten Verhältnisses von Sünde und Vergebung tragfähiger ist als puritanische Strenge, die auf Einsamkeit hinausläuft.

Meek erweist sich als Vorzeigeengländer, indem er beweist, dass derart tiefsinnige Fragen keineswegs gegen einen höchst unterhaltsamen und oft sogar komischen Roman sprechen. Dessen eigentlicher Wert besteht denn auch nicht im philosophischen Überbau, sondern in seiner imaginativen Kraft.

OLIVER JUNGEN

James Meek: "Liebe und andere Parasiten". Roman.

Aus dem Englischen von Hans-Ulrich Möhring und Karen Nölle. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013. 560 S., geb., 22,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

James Meeks "Liebe und andere Parasiten" ist ein herrlich unmoralischer Roman über Moral, freut sich Burkhard Müller. Der alternde Popstar Ritchie wird von Val, dem verschlagenen Chef eines Boulevardblatts, erpresst, seine eigene Schwester auszuspionieren, die zuvor Val einen Laufpass gegeben hatte, fasst der Rezensent zusammen. Die moralische Spannung, die infolgedessen aufgebaut wird, unterscheidet diesen Roman von anderen seiner Art aus dem Unterhaltungsgenre, lobt Müller. Und Meek schwadroniert nicht über abstrakte Konzepte, sondern setzt die Moral konkret in Szene, wo sie ihre faktische Ökonomie offenbart, die durchaus "Aufrechnung und Aufrundung" zulässt, berichtet Müller. Eltern, die in Auschwitz umgebracht wurden, können helfen, wenn es die eingestandene Vergewaltigung einer Dreizehnjährigen auszusitzen gilt, die öffentliche Meinung verbucht beides unter Dunkelheit und unterm Strich bist du aus dem Schneider - das hofft wenigstens Ritchie, erklärt Müller. Bei Meek geht es nicht darum, "wer wen kriegt und wie sich die Kinder machen", sondern um den großen Verrat und seine Folgen für den Verräter, beschreibt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
"... ein turbulenter und oft lustiger Abenteuerroman, der angelegt ist als ein geradezu tolstoisches Sittengemälde des heutigen London." DER SPIEGEL, 19.08.2013