"Können Sie nachweisen, dass Ihre Großeltern Franzosen waren?" Die irritierende Frage auf einem Passamt konfrontiert die in den USA geborene Anne Sinclair unerwartet mit ihrer Familiengeschichte. Anlass genug, den Spuren ihres berühmten Großvaters nachzugehen: des jüdischen Galeristen Paul Rosenberg, der zu den bedeutendsten Kunsthändlern des 20. Jahrhunderts zählt. 1910 gründet Paul Rosenberg seine Galerie in der Rue La Boétie, die bald mit Einzelausstellungen von Picasso, Braque, Léger, Matisse u.v.a. Aufsehen erregt. Zu den Künstlern unterhält der leidenschaftliche Kenner, der "seine Bilder liebt wie lebendige Wesen", enge persönliche Beziehungen: Pablo Picasso wohnt im Haus nebenan und malt mehrere Porträts der Familie Rosenberg. Paul vertritt ihn bis 1940 exklusiv, ebenso wie Matisse und Braque, dessen Gemälde er vor den Nazis zu retten versucht. Der Einmarsch der Deutschen zwingt Paul Rosenberg zur Flucht in die USA; sein Haus wird geplündert, die Galerie zu einem Zentrum antisemitischer Hetzpropaganda umfunktioniert. Nach der Rückkehr 1945 wird der Wegbereiter der modernen Malerei jahrelang um die Rückgabe von über 400 gestohlenen Gemälden kämpfen müssen. Anne Sinclair hat das Familienarchiv geÖffnet und zeichnet aus akribischer Recherche und eigenen Erinnerungen das erste authentische, berührende Porträt des bedeutenden Kunsthändlers und leidenschaftlichen Förderers der Moderne.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Nicht wirklich glücklich ist Catrin Lorch mit Anne Sinclairs Biografie des großen Kunsthändlers Paul Rosenberg. Eine Arbeit über Rosenberg hält sie natürlich prinzipiell für begrüßenswert - schließlich handelte es um einen der wichtigsten und erfolgreichsten Kunsthändler seiner Epoche, der u.a. Picasso, Matisse und Braque unter Vertrag hatte. Allerdings scheint ihr die Autorin, eine Enkelin Rosenbergs, für die Lebensleistung, den Erfolg, den Humor, das intellektuelle Umfeld ihres Großvaters bisweilen wenig Verständnis zu haben. So konstatiert Lorch ein Befremden Sinclairs angesichts des munteren Briefwechsels von Picasso und Rosenberg, der sich um Kunst, Alltag und Familiengeschichten drehte, während Krieg, Emigration, Enteignung und Verfolgung von Juden nicht vorkämen. Erst im letzten Drittel des Buchs ist die Rezensentin dem Kunsthändler etwas näher gekommen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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