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Nachdem sie ihrem Leben ein Ende gesetzt hatte, wurde Sylvia Plath fast ausschließlich als Leidende wahrgenommen, als unglücklich Liebende, als verlassene junge Mutter. Doch schon lange bevor ihre Ehe scheiterte und sie ihren berühmten Gedichtzyklus Ariel schrieb, hat sie in ihrem Werk mit dem Thema Liebe experimentiert: bald humorvoll, bald traurig, übermütig-kapriziös, sprachspielerisch und witzig so gut wie kühl-analytisch. Ihre Vorstellungskraft ließ sie in Rollen schlüpfen, Situationen durchspielen und Geschichten erzählen. Ihre schönsten Liebesgedichte sind in dieser zweisprachigen…mehr

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Produktbeschreibung
Nachdem sie ihrem Leben ein Ende gesetzt hatte, wurde Sylvia Plath fast ausschließlich als Leidende wahrgenommen, als unglücklich Liebende, als verlassene junge Mutter. Doch schon lange bevor ihre Ehe scheiterte und sie ihren berühmten Gedichtzyklus Ariel schrieb, hat sie in ihrem Werk mit dem Thema Liebe experimentiert: bald humorvoll, bald traurig, übermütig-kapriziös, sprachspielerisch und witzig so gut wie kühl-analytisch. Ihre Vorstellungskraft ließ sie in Rollen schlüpfen, Situationen durchspielen und Geschichten erzählen. Ihre schönsten Liebesgedichte sind in dieser zweisprachigen Ausgabe versammelt und werden zum Großteil erstmals in deutscher Übersetzung präsentiert.
Autorenporträt
Die Dichterin Sylvia Plath, geboren 1932 in Boston, verheiratet mit dem Dichter Ted Hughes, wurde nach ihrem Selbstmord 1963 in London mit dem Roman Die Glasglocke und dem Gedichtband Ariel zu einer internationalen Ikone der Frauenbewegung. Jutta Kaußen übersetzt englische und amerikanische Lyrik und arbeitet konzeptionell und dramaturgisch für das Freie Theater und bei multimedialen Kunstprojekten. Jutta Kaußen übersetzt englische und amerikanische Lyrik und arbeitet konzeptionell und dramaturgisch für das Freie Theater und bei multimedialen Kunstprojekten. Jutta Kaußen übersetzt englische und amerikanische Lyrik und arbeitet konzeptionell und dramaturgisch für das Freie Theater und bei multimedialen Kunstprojekten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.09.2009

Immer wieder - Liebeslieder
Mann in Schwarz: Neue Übersetzungen von Sylvia Plath

Eigentlich sagt es immer dasselbe - oder will es doch immerhin sagen, so klar und eindringlich wie möglich: Ein Liebesgedicht überzeugt durch Prägnanz. Das aber stellt unsere Sprache vor die Schwierigkeit, mit nichts als hergebrachten Mitteln, geborgten Allerweltswörtern und öffentlich flottierenden Floskeln das Allerintimste und Persönlichste, das uns überhaupt betreffen kann, zu formulieren. Denn von der schönsten Sache der Welt wahrhaft zu sprechen und sie einem Gegenüber mitzuteilen, ohne bloß zu wiederholen, was millionenfach schon ausgesprochen worden ist, scheint aussichtslos zu sein.

"Ich liebe dich" sind, wie man weiß, die am häufigsten zitierten Wörter der Welt und sollen dennoch, wenn es darauf ankommt, das noch nie Dagewesene, Eigene und ganz Besondere bezeichnen helfen. Ein Liebesgedicht, das diesen Konflikt immer gleich und immer wieder neu vermitteln muss, ist deshalb eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Es sucht fortwährend nach einer relevanten Sprache, die das Widerstrebende zusammenbringt, um die Gegensätze wenigstens dieses eine Mal doch zu vereinen: Welt und Wunsch, du und ich, Vorgefundenes und Unbedingtes müssen zueinander.

"Ich schließ die Augen, und die Welt schlägt hin wie tot; / Ich schlag die Lider auf, und alles ist wie neu geboren. (Ich denk, ich habe dich in meinem Kopf gemacht)": Solche Verse unternehmen den Versuch, den ganzen glücksbringenden Irrsinn dieser Lusterfahrung sprachlich festzuhalten. Aus der Not der Sprachgebung machen sie die Tugend eines Blicks, der die gesamte Welt mit einem Lidschlag wunderbar verwandelt und in der reinen Vorstellung wie neu entstehen lässt. "Liebeslied eines verrückten Mädchens" heißt das Gedicht, eine kleine Villanelle aus sechs Strophen, in denen diese drei Eröffnungszeilen in wechselnden Kombinationen refrainartig wiederkehren, als kreisten sie im Taumel umeinander, um sich stets erneut zu finden und doch wieder gleich zu trennen in einem wilden Reigen der Gefühle.

Der Text entstand im Sommer 1953, als Sylvia Plath, zwanzigjährig, bei einer Zeitschrift in New York tätig war, kurz vor ihrer ersten schweren Krise, ihrem Zusammenbruch. Ohne je in eine der Gedichtsammlungen einzugehen, wurde er gleichwohl zu einem ihrer populärsten Frühwerke, vor allem wohl aufgrund seiner thematischen Verbindung zum einzigen Roman "Die Glasglocke", der später ihren Weltruhm postum schuf. Jetzt liegt dieses "Liebeslied" erstmals in einer deutschen Fassung vor.

Insgesamt bietet die Auswahl von 38 Texten, die Jutta Kaußen aus Plaths Gesamtwerk von rund dreihundert erhaltenen Gedichten übersetzt, kommentiert und unter dem vielsagenden Titel "Liebesgedichte" neu zusammengestellt hat, nicht zuletzt deshalb so anregende Lektüre, weil sie uns durchweg vor die interessante Frage stellt, was wir unter einem solchen Titel eigentlich verstehen. Nicht in jedem Fall sind nämlich Schlüsselworte und Gefühlssignale derart einschlägig gegeben wie bei dem zitierten frühen Lied. "Mann in Schwarz" beispielsweise, einer von Plaths verstörendsten Texten überhaupt, entwirft eine albtraumhafte Szene, in der die Beobachterin an der Küste von Neuengland ein Gegenüber anspricht und beschreibt - "in deinem toten / Schwarzen Mantel, schwarzen Schuh'n und deinem / Schwarzen Haar" -, das ihr zunehmend den Raum und schließlich gar die Luft zum Atmen nimmt: "Fester Wirbel auf der fernen / Spitze: nietest Luft, Stein, / Alles in eins." Was hier als Vereinigung beschworen wird, klingt weniger nach Lust oder Ekstase als nach bedrückender, zerstörerischer Dominanz. Sollten wir darin zugleich etwas von Liebesausdruck hören?

Dafür braucht es wohl die biographische Entschlüsselung, die diesem Text, entstanden im Frühjahr 1959, einen bestimmten Ort im Stationendrama mit ihrem Mann Ted Hughes zuweist. Knapp drei Jahre nach der Eheschließung, kurz vor der ersten Schwangerschaft und nicht lange nach Veröffentlichung von Hughes' erstem Gedichtband müsste dieses Frühjahr eine glückliche Zeit gewesen sein, und doch stehen die Zeichen, wie der Text sie setzt, auf Sturm. Die Lebensgemeinschaft mit dem Lyriker, dessen Werk bereits die Anerkennung, die sie selbst suchte, fand, scheint Plath zu nötigen, die eigene Position neu zu bestimmen - als ob ihre Sprache hier nach Wörtern sucht, die nicht von anderem Gebrauch schon überformt sind und deshalb von den Fluten der Gezeiten überspült, ja gereinigt werden sollen. In "Birthday Letters", vier Jahrzehnte später, hat Hughes auf diesen Text geantwortet und die Küstenszene aus seiner Perspektive neu erzählt, um mit den von ihr geborgten Worten auch das bedrohlich schwarze Gegenüber zu verschieben. So ist "Mann in Schwarz" zum Schlüsseltext ihrer Beziehungsgeschichte geworden.

Zwischen diesen beiden Polen - taumelnde Verliebtheit und fataler Machtkampf - spannt sich somit der Bogen von Plaths Liebeslyrik. Dabei braucht man keineswegs den biographischen Verwicklungen, aus denen sie hervorgegangen ist, in jedem Fall genauer nachzugehen, sondern kann sie durchaus auch, wie die Übersetzerin im Nachwort vorschlägt, als Rollentexte selbstentworfener Figuren lesen - ein Archiv geborgter Stimmen auf der Suche nach je eigenem Ausdruck: leidenschaftlich, leidvoll, düster oder auch verspielt und oftmals von abgründiger Komik. Im bitterkalten Winter 1963 entstand "Gigolo", das nicht ins Manuskript ihres berühmten "Ariel"-Zyklus einging und einen fast unheimlich unbeschwerten Ton anschlägt: "Und es nimmt kein Ende, kein Ende. / Ich werde niemals alt. Neue Muscheln / Quieken in der See, und ich / Glitzere wie Fontainebleau." Keine zwei Wochen später nahm die Autorin sich das Leben.

Was man bei den neuen deutschen Übertragungen dieser großen Texte am schmerzlichsten vermisst, sind die Reime. Dabei genügt ein Blick in die englischen Originale, die sich hier leider nur als Kleingedrucktes und im Blocksatz irgendwo im Anhang finden, um festzustellen, wie raffiniert sie mit den Mustern aus Reimworten, Halbreimen und Assonanzen gezielt spielt, denn im Klang des Gleichen oder Ähnlichen stellt sich besonders prägnant dar, wonach Liebeslyrik strebt: dem Einklang von Selbst und Welt, von Wunsch und Wirklichkeit in Sprache. Vieles davon ist in dieser Übersetzung allerdings nicht mehr zu finden. Dafür gibt sie rhythmische Muster und Effekte subtil wieder, was zumal aufgrund der silbenreichen Wörter im Deutschen wirklich schwer ist. Im Grunde erscheint jede Lyrikübersetzung, wie man weiß, natürlich als Ding der Unmöglichkeit; darin trifft sie sich im Übrigen mit jeder Liebeserklärung, die ja auch grundsätzlich unzulänglich wirkt. Selten aber sind wir uns so sicher wie bei der Lektüre dieses schmalen Bändchens, dass beides sich letztendlich lohnt.

TOBIAS DÖRING

Sylvia Plath: "Liebesgedichte". Auswahl, aus dem Englischen und Nachwort von Jutta Kaußen. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2009. 120 S., br., 6,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Tobias Döring hält zwar sowohl das Liebesgedicht als auch die Lyrikübersetzung grundsätzlich für ein "Ding der Unmöglichkeit", doch ist er von dieser Auswahl von Gedichten Sylvia Plaths dennoch insgesamt sehr angetan. Die von der Übersetzerin Jutta Kaußen kommentierte Auswahl von 38 Gedichten stellt sich nicht zuletzt dem inspirierenden Problem, was ein Liebesgedicht ist oder sein kann, meint der Rezensent, der die Gedichte zwischen Verliebtheitsrausch und "Machtkampf" angesiedelt sieht. Wirklich bedauerlich findet Döring, dass die neue deutsche Übersetzung den "Reimworten, Halbreimen und Assonanzen" des Originals nicht wirklich folgt, dafür spendet er der Übersetzerin großes Lob für die gelungene Übertragung der Rhythmen und sprachlichen Effekte.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Die Auswahl unter dem vielsagenden Titel Liebesgedichte bietet nicht zuletzt deshalb so anregende Lektüre, weil sie uns durchweg vor die interessante Frage stellt, was wir unter einem solchen Titel eigentlich verstehen..« Tobias Döring Frankfurter Allgemeine Zeitung 20090903