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Der große neue Roman von Peter Härtling Nach den hochgelobten Romanen über Hölderlin, Schubert, Hoffmann und Schumann widmet sich Härtling nun einer Frau im Schatten ihres berühmten Bruders: Fanny Hensel-Mendelssohn, Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy.Eine deutsche Familie des neunzehnten Jahrhunderts: Fannys Großvater Moses Mendelssohn war einer der Vordenker der Aufklärung, ihr Vater Abraham Mendelssohn ist Stadtrat in Berlin, beteiligt am Aufstieg der Stadt zur deutschen Metropole, weltoffen und assimiliert, sehr auf die Förderung der musikalischen Anlagen seiner vier Kinder bedacht.…mehr

Produktbeschreibung
Der große neue Roman von Peter Härtling Nach den hochgelobten Romanen über Hölderlin, Schubert, Hoffmann und Schumann widmet sich Härtling nun einer Frau im Schatten ihres berühmten Bruders: Fanny Hensel-Mendelssohn, Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy.Eine deutsche Familie des neunzehnten Jahrhunderts: Fannys Großvater Moses Mendelssohn war einer der Vordenker der Aufklärung, ihr Vater Abraham Mendelssohn ist Stadtrat in Berlin, beteiligt am Aufstieg der Stadt zur deutschen Metropole, weltoffen und assimiliert, sehr auf die Förderung der musikalischen Anlagen seiner vier Kinder bedacht. Und die geben Anlass zu großen Hoffnungen: Während Fanny, die Älteste, am Klavier und als Sängerin reüssiert, erwirbt sich der vier Jahre jüngere Felix schnell den Ruf eines Wunderkindes - auch dank der Förderung durch seine Schwester, mit der er früh zu komponieren beginnt. Von dem gemeinsamen Aufbruch in die bewegende und beglückende Welt der Musik erzählt Härtling aus der Perspektive Fannys, innig, kenntnisreich und mit einem Gespür für die komplizierte Gefühlslage zweier hochbegabter Geschwister, denen unterschiedliche Wege vorgezeichnet sind: Felix wird ins Licht der Öffentlichkeit treten, während Fanny sich auf das Wirken im Kreis der Familie beschränken muss. Zum Gesellschaftsporträt wird der Roman durch die Vielzahl berühmter Persönlichkeiten, mit denen die Familie verkehrte, von Heine, Kleist, den Varnhagens bis zu Geheimrat Goethe.
Autorenporträt
Härtling, Peter§
Peter Härtling, geboren 1933 in Chemnitz, arbeitete als Redakteur bei Zeitungen und Zeitschriften.1967 wurde er Cheflektor des S. Fischer Verlages in Frankfurt am Main und war dort von 1968 bis 1973 Sprecher der Geschäftsführung. Seit 1974 arbeitet er als freier Schriftsteller. Das gesamte literarische Werk von Peter Härtling ist lieferbar im Verlag Kiepenheuer & Witsch, zuletzt erschienen »Liebste Fenchel! Das Leben der Fanny Hensel-Mendelssohn in Etüden und Intermezzi«, 2011, und »Tage mit Echo. Zwei Erzählungen«, 2013. Peter Härtling wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Hessischen Kulturpreis 2014 und dem Elisabeth-Langgässer-Preis 2015. Peter Härtling verstarb am 10. Juli 2017.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2011

Antisemiten erzwangen den Rückzug in die Privatheit
Fast eine Spur zu zärtlich: Peter Härtling erzählt das Leben von Fanny Hensel-Mendelssohn

Unter den Blicken ihrer Familie setzt sie sich ans Klavier. Sie darf sich nun, en famille und dem Blick einer größeren Öffentlichkeit entzogen, produzieren. Cousins und Cousinen sitzen im Salon, Eltern und Großeltern, Geschwister und das Personal des Hauses. Sie holt tief Luft, lässt ihre Hände auf die Tasten sinken und spielt eine Fuge von Bach. Nummer 24, in h-Moll. Und die Anwesenden sind von dieser Darbietung völlig hingerissen. Privat musizieren, damit ist man einverstanden. Beruflich aber nicht.

Fanny Mendelssohn Bartholdy wird am 14. November 1805 in Hamburg als Tochter einer jüdischen Bankiers- und Musiker-Familie geboren. Die ersten sechs Jahre wächst sie im großen Landhaus der Familie an den Elbhängen in Hamburg auf, bevor diese 1811 vor der französischen Besatzungsmacht fliegt und zurück nach Berlin zieht, in die Heimatstadt des Vaters Abraham. Dort wird die Familie Mendelssohn Bartholdy mit ihren Kindern Fanny und Felix das kulturelle Leben prägen.

In den Familiebriefen wird Felix früh eine große musikalische Karriere vorausgesagt. Für Fanny ist dagegen lediglich die Ehe mit einem adäquaten Mann vorgesehen ist. Sie wächst unbeschwert in großbürgerlichen Verhältnissen auf. Man residiert in Berlin in den besten Wohnlagen, hat später ein eigenes Anwesen am Leipziger Platz - damals noch außerhalb der eigentlichen Innenstadt - nebst Herren-, Hinterhaus und großem Park. Die Geschwister erhalten Privatunterricht, und können ihre musikalischen Talente entfalten. Doch ist das private Glück von politischem Unheil überschattet. Als Kinder jüdischen Glaubens aus gutsituiertem Hause werden Fanny und Felix schon früh mit dem Antisemitismus Gleichaltriger und Älterer konfrontiert. Die Erfahrung, jemand Anderes zu sein, Glaubensrituale vollständig in den privaten Familienrahmen zu verlegen und den Namen Bartholdy nicht zu nennen, um nicht als Juden erkannt zu werden, prägen das Bewusstsein der Geschwister.

Mit aufkommender Adoleszenz und wachsendem musikalischen Können wird das intime Verhältnis, dass Fanny über die Musik zu ihrem Bruder Felix entwickelt, gespannt. Felix feiert die ersten öffentlichen Erfolge, während der Vater Abraham nicht gewillt ist, seiner musizierenden Tochter öffentliche Konzerte oder gar eine Tournee zu organisieren und unmissverständlich klarmacht, das ein solches Künstlerleben ihr nicht zusteht. Fanny lebt in einer patriarchalischen Familie, mit einem jüngeren Bruder, der seiner Schwester rät, sie "solle lieber geistliche Musik bleiben lassen", der ihr die erste Publikation ihrer Lieder übel nimmt und sich schwer tut, diese als Opus 1 zu würdigen; eine Familie zwar, in der von klein auf das Talent der Kinder gefördert wird, die musikalische und kompositorische Karriere aber einzig dem Bruder vorbehalten bleibt.

Fanny Mendelssohn Bartholdy versucht nur subtil, sich diesen Strukturen zu widersetzen. Sie heiratet den Portraitisten Wilhelm Hensel, der ins Haus der Mendelssohn zieht und führt mit ihm eine glückliche Ehe. Mit dem Auszug ihres Bruders übernimmt Fanny Hensel-Mendelssohn die Organisation der sonntäglichen Hauskonzerte, die die Familie des Abraham Mendelssohn Bartholdy an ihrem weitläufig repräsentativen Berliner Wohnsitz für eine illustres Publikum aus Kunst und Politik gibt - darunter Franz Liszt, Heinrich Heine oder Carl Friedrich Zelter, bei dem die Geschwister Mendelssohn Musik- und Kompositionsunterricht bekamen.

Später sagt sie von sich, sie sei lediglich die "Frau eines preußischen Malers und Schwester eines berühmten Komponisten" um ganz selbstlos anzufügen: "Ich spiele ordentlich Klavier, bin Mutter eines Sohnes und manchmal fällt mir auch ein Liedchen ein." Bis heute hat die musikwissenschaftliche Forschung kein vollständiges Kompositionsverzeichnis der Fanny Hensel-Mendelssohn erstellen können, gibt es keine Gesamtausgabe und nur wenige Aufnahmen ihrer Werke.

So ist "Liebste Fenchel" nicht nur die liebevolle Anrede eines Bruders seiner Schwester, sondern zugleich Biographie eines kompositorisch außergewöhnlichen Geschwisterpaares als auch beklemmende Darstellung der schwierigen Umstände jüdischen weiblichen Kunstschaffens im frühen neunzehnten Jahrhundert. Der Musikromancier Peter Härtling erzählt einfühlend, fast eine Spur zu zärtlich - so entbehren die familiären Konflikte und Zwischenfälle der Brisanz, die in ihnen steckt; eine Fehlgeburt der Fanny lässt sich gar nur über vorsichtige Andeutungen vermuten.

Der Text verfährt nicht wie eine chronologische Biographie, die erzählt, was an einem bestimmten Datum passiert ist. Nur vage lässt sich im Leseverlauf abschätzen, wie alt Fanny und Felix sein könnten, in welchem Dezennium des Lebens der Geschwister man sich befindet. Mit zwei Daten aber setzt der Texte markante Zäsuren: Am 8. Juli 1831 dirigiert sie ihren "Lobegesang" und zieht, indem nun auch sie ein Orchester leitet, mit ihrem Bruder gleich. Und am 14. Mai 1847 probiert Fanny Hensel-Mendelssohn mit einem kleinen Orchester und ihrer selbst am Flügel für ein Sonntagskonzert Chöre aus der "Walpurgisnacht" ihres Bruders. Sie stirbt an diesem Tag durch einen Schlaganfall, mit nur 41 Jahren, genau dort, wo sie Zeit ihres Lebens am liebsten gesessen hat: am Flügel.

XAVER OEHMEN

Peter Härtling: "Liebste Fenchel!" Das Leben der Fanny Hensel-Mendelssohn in Etüden und Intermezzi.

Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2011. 384 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Xaver Oehmen bescheinigt Peter Härtling Einfühlsamkeit für Fanny Hensel-Mendelssohn, die sich als Konzertpianistin und Komponistin in ihrer Zeit nicht entfalten konnte, da sie statt für die Bühne von ihrer Familie lediglich für die Ehe vorgesehen wurde. Allerdings ist dem Rezensenten diese Biografie etwas zu "zärtlich", wie er kritisiert. Er findet, dass der Autor mitunter in seiner nicht chronologisch voranschreitenden Lebensbeschreibung allzu sehr im Ungefähren verbleibt. Dadurch werden brisante Zuspitzungen in den familiären Konflikten weichgezeichnet und eine Fehlgeburt Fannys beispielsweise muss man sich aus Andeutungen zusammenreimen, moniert Oehmen, der es hier schon gern etwas zupackender gehabt hätte.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Das hinreißende daran ist aber Härtlings Sympathie. Er mag ihre schiefe Schulter, wie ihre gerade Haltung. Man folgt ihm in beidem. « Frankfurter Rundschau 20110816