In Hamburg lebt eine außergewöhnliche kleine Maus. Eines Tages bemerkt sie, dass es gefährlich geworden ist, da wo sie wohnt. Überall lauern Mausefallen und Katzen. Nach und nach verschwinden ihre Mäusefreunde. Aber wohin sind sie geflüchtet? Nach Amerika? Die kleine Maus beschließt, den weiten Weg über den Atlantik zu wagen. Nächtelang bastelt sie an einem Flugzeug. Ein wildes Abenteuer nimmt seinen Anfang!!
buecher-magazin.deBevor Sie sich dieses Hörbuch anhören - und das sollten Sie auf jeden Fall tun -, schauen Sie bitte den YouTube-Clip zu "Die Geschichte einer fliegenden Maus" an, den der Illustrator und Autor auf torben-kuhlmann.com präsentiert. Der Einblick in das Skizzenbuch und die opulente Schönheit der Illustrationen machen es kaum vorstellbar, daraus eine adäquate akustische Version zu zaubern. Gudrun Hartmann (Bearbeitung) und Marlene Breuer (Regie) vom HR ist dies gelungen: Der Erzähler wird zum Stichwortgeber für den Zeichner, der die neugierige Maus, "nennen wir sie Charlie", auf eine abenteuerliche Reise schickt, die später einen gewissen Charles Lindbergh inspirieren wird. Weil das Hamburg Anfang des 20. Jahrhunderts mit den vielen Mausefallen und Feinden ein zu heißes Pflaster wird, beschließt der belesene Charlie, ein Fluggerät zu bauen, um damit seinen Verwandten ins ferne Amerika zu folgen. Dass aus dem bezaubernden Bilderbuch ein ebenso bezauberndes Hörbuch wurde, liegt an der atmosphärischen Inszenierung, in der Bastian Pastewka in allen Rollen glänzt: als kleine Maus, Erzähler, Zeichner, Nachrichtensprecher… Ein Kabinettstück, das der Vorlage absolut zur Ehre gereicht.
© BÜCHERmagazin, Christian Bärmann (bär)
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Für Kinder ab 5 und Rezensenten mit Faible für fliegende Hamburger Mäuse ist das Buch von Torben Kuhlmann bestens geeignet. Carsten Matthäus nämlich hat es gründlich satt, Geschichten von Kuschelmonstern vorzulesen oder von Süßmäusen mit Kulleraugen und Happy End. Besser gefällt ihm (und hoffentlich auch dem kleinen Zuhörer) das hier. Eine Maus mit Pilotenambitionen, die Hamburg von oben sehen will und Fluggeräte erfindet wie Charles Lindbergh - genial, findet Matthäus. Vor allem, weil der Autor die Wahrzeichen so gut in Szene setzt und so das Vorkriegs-Hamburg mit dem heutigen verbindet. Hoher Wiedererkennungswert, meint Matthäus. Und erst die Konstruktionszeichnungen der findigen Maus. Erinnern den Rezensenten an da Vinci. Diese Geschichte verströmt Abenteuerluft, versichert uns der Rezensent, eine Verfolgungsjagd zwischen Maus und Eulen am grauen Himmel über Hamburg inklusive.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.12.2013Na, ihr Eulen, wie schmeckt euch das?
Der lange Weg aus dem Land der Katzen und Fallen: In seiner Examensarbeit schickt Torben Kuhlmann ein Flugzeug über den Ozean und beschert der Pilotin einen triumphalen Empfang.
Ein bisschen irritiert das schon: Links oben auf der sonst fast leeren Doppelseite sitzt eine Maus und hält einen Stift in den Vorderpfoten. Irgendjemand muss sie ja gezeichnet haben, dazu die Schachtel mit abgebrannten und noch ungebrauchten Streichhölzern, die angeschnitten ins Bild hinein ragt. Doch nun hat sie die Regie übernommen, sie hat das Werkzeug, mit dem sich ihre Geschichte erzählen lässt. So in etwa kann man sich den Prolog von Torben Kuhlmanns "Lindbergh" deuten, und für ein Buch, das von einer unerhört kühnen Maus handeln soll, verspricht ein solcher Auftakt viel. Auch deshalb, weil in diesem ersten Bild nichts weiter verraten wird und so die implizite Aufforderung der Maus an den Leser, einfach umzublättern, umso dringlicher wirkt.
Eine der unerfreulichsten Erscheinungen in Bilderbüchern, gleichviel ob sie sich an Kinder oder Erwachsene richten, ist die verdoppelnde Engführung zwischen Text und Bild, wenn man also beispielsweise "Tom setzt seine rote Mütze auf und spielt auf der Wiese" unter einem Bild liest, auf dem ein kleiner Junge mit roter Mütze im Gras gezeigt wird. Umso beglückender ist, wie Torben Kuhlmann die Dinge in "Lindbergh" handhabt. Das Buch, entstanden 2012 als Abschlussarbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg, lässt Text und Bild zu je eigenem Recht kommen. Kuhlmanns künstlerischer Alleinflug (beim Text ließ er sich immerhin von Suzanne Levesque helfen) erscheint am 20. Januar als Buch beim NordSüd Verlag. Die Originale können vom 23. Januar an im Altonaer Museum in Hamburg besichtigt werden.
Das Buch erzählt von einer Maus, an der zunächst einzig ihre Belesenheit auffällt. "Sie verkroch sich oft für viele Monate in düstere Bibliotheken, um heimlich in den Büchern der Menschen zu lesen", schreibt Kuhlmann, nur dass die Maus, die er auf einem Stapel von aufgeschlagenen Bänden zeichnet, wahrscheinlich gerade einmal nicht liest, sondern über das Gelesene nachdenkt. Im Hintergrund zitiert ein Porträtbild Leonardo da Vinci, darunter ein großes "L"-Initial, und von hier ist es nur noch ein kleiner Schritt zu der Frage, was Lindbergh, Lilienthal und Leonardo außer dem Anfangsbuchstaben noch gemeinsam haben.
Um die Maus aber wird es zunächst stiller. Ihre Freunde sind sämtlich verschwunden, von Apparaturen ist die Rede, die plötzlich in der Heimatstadt der Maus gegen die Nager eingesetzt werden, und auf dem nächsten Doppelblatt sieht sich das Tier plötzlich von einer Batterie käsebestückter Mausefallen umgeben. Der Blick von oben unterstreicht die Gefahr, in der die Maus schwebt, und gleichzeitig, dass sie unbesorgt sein kann, solange sie der Verlockung nicht nachgibt, und dafür zumindest sind die langen Stunden über den Mechanikbüchern der Bibliothek gut: Sie erkennt die Falle und entgeht so dem Schicksal der anderen Mäuse. Hinschreiben muss Kuhlmann das nicht, eben weil er diese Wendung exzellent vorbereitet hat.
In diesem Miteinander von Bild und Text geht es weiter, und Kuhlmanns Geschichte, die angenehm klar und hin und wieder schön verrätselt ist, gewinnt durch diese erzählerische Entscheidung ungemein. Wir folgen der Maus, die sich zur Emigration nach Amerika entschließt und durch immer neue wachsame Katzen daran gehindert wird, ein Auswandererschiff zu besteigen. Wir sind dabei, wenn sie Alternativen erwägt und durch die Begegnung mit einer Schar Fledermäuse auf den Gedanken kommt, den Luftweg nach Amerika anzutreten. Und wir erleben Schritt für Schritt, wie aus der Ausgangsidee und vielen Begegnungen allmählich die Konstruktion eines dampfbetriebenen Flugzeugs erwächst, während allerlei dazu notwendige Gebrauchsgegenstände aus der Umgebung der Maus verschwinden.
Allerdings bleiben ihre Flugversuche nicht unbemerkt, und während sie ihr Vehikel für den langen Weg über den Ozean perfektioniert, stellen ihr Eulen nach. Eine Doppelseite zeigt die Vögel, wie sie starr, wachsam, unerbittlich und wahrscheinlich sehr hungrig auf den Schornsteinen der nach dem Vorbild von Hamburg entworfenen Hafenstadt sitzen. Sie scheinen immer zu ahnen, wo sich die Maus gerade aufhält, und kommen trotzdem immer zu spät, um sie an der Flucht zu hindern.
Am Ende entkommt sie mit ihrem Flugzeug gerade noch den ausgestreckten Krallen der Eulen, die sie im Kirchturm entdeckt haben. Und so ist die anschließende Überquerung des Ozeans zwar ein technisches Bravourstück, für das die Maus bei ihrer Ankunft in New York auch angemessen gefeiert wird, sie ist aber auch deutlich als aus der Not geboren markiert. Und wenn es heißt, dass die Maus in der Neuen Welt alle ihre Freunde wiedergetroffen habe, dann wird man das als einen Wunschtraum werten, den Auswanderer naturgemäß hegen und der, wenn die Migration nicht wie mitunter im 19. Jahrhundert dörferweise erfolgt, unerfüllt bleiben muss. Umso deutlicher wird aber, was die Maus in "Lindbergh" hinter sich gelassen hat, als ihr Flugzeug landet: die Mausefallen, die Katzen und die Eulen der Alten Welt. Damit gibt sie ein Beispiel - nicht zuletzt für einen kleinen Jungen, der sich eines Tages mit der "Spirit of St. Louis" auf den umgekehrten Weg machen wird.
TILMAN SPRECKELSEN
Torben Kuhlmann: "Lindbergh".
NordSüd Verlag, Zürich 2014. 96 S., geb., 17,95 [Euro]. Ab 6 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der lange Weg aus dem Land der Katzen und Fallen: In seiner Examensarbeit schickt Torben Kuhlmann ein Flugzeug über den Ozean und beschert der Pilotin einen triumphalen Empfang.
Ein bisschen irritiert das schon: Links oben auf der sonst fast leeren Doppelseite sitzt eine Maus und hält einen Stift in den Vorderpfoten. Irgendjemand muss sie ja gezeichnet haben, dazu die Schachtel mit abgebrannten und noch ungebrauchten Streichhölzern, die angeschnitten ins Bild hinein ragt. Doch nun hat sie die Regie übernommen, sie hat das Werkzeug, mit dem sich ihre Geschichte erzählen lässt. So in etwa kann man sich den Prolog von Torben Kuhlmanns "Lindbergh" deuten, und für ein Buch, das von einer unerhört kühnen Maus handeln soll, verspricht ein solcher Auftakt viel. Auch deshalb, weil in diesem ersten Bild nichts weiter verraten wird und so die implizite Aufforderung der Maus an den Leser, einfach umzublättern, umso dringlicher wirkt.
Eine der unerfreulichsten Erscheinungen in Bilderbüchern, gleichviel ob sie sich an Kinder oder Erwachsene richten, ist die verdoppelnde Engführung zwischen Text und Bild, wenn man also beispielsweise "Tom setzt seine rote Mütze auf und spielt auf der Wiese" unter einem Bild liest, auf dem ein kleiner Junge mit roter Mütze im Gras gezeigt wird. Umso beglückender ist, wie Torben Kuhlmann die Dinge in "Lindbergh" handhabt. Das Buch, entstanden 2012 als Abschlussarbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg, lässt Text und Bild zu je eigenem Recht kommen. Kuhlmanns künstlerischer Alleinflug (beim Text ließ er sich immerhin von Suzanne Levesque helfen) erscheint am 20. Januar als Buch beim NordSüd Verlag. Die Originale können vom 23. Januar an im Altonaer Museum in Hamburg besichtigt werden.
Das Buch erzählt von einer Maus, an der zunächst einzig ihre Belesenheit auffällt. "Sie verkroch sich oft für viele Monate in düstere Bibliotheken, um heimlich in den Büchern der Menschen zu lesen", schreibt Kuhlmann, nur dass die Maus, die er auf einem Stapel von aufgeschlagenen Bänden zeichnet, wahrscheinlich gerade einmal nicht liest, sondern über das Gelesene nachdenkt. Im Hintergrund zitiert ein Porträtbild Leonardo da Vinci, darunter ein großes "L"-Initial, und von hier ist es nur noch ein kleiner Schritt zu der Frage, was Lindbergh, Lilienthal und Leonardo außer dem Anfangsbuchstaben noch gemeinsam haben.
Um die Maus aber wird es zunächst stiller. Ihre Freunde sind sämtlich verschwunden, von Apparaturen ist die Rede, die plötzlich in der Heimatstadt der Maus gegen die Nager eingesetzt werden, und auf dem nächsten Doppelblatt sieht sich das Tier plötzlich von einer Batterie käsebestückter Mausefallen umgeben. Der Blick von oben unterstreicht die Gefahr, in der die Maus schwebt, und gleichzeitig, dass sie unbesorgt sein kann, solange sie der Verlockung nicht nachgibt, und dafür zumindest sind die langen Stunden über den Mechanikbüchern der Bibliothek gut: Sie erkennt die Falle und entgeht so dem Schicksal der anderen Mäuse. Hinschreiben muss Kuhlmann das nicht, eben weil er diese Wendung exzellent vorbereitet hat.
In diesem Miteinander von Bild und Text geht es weiter, und Kuhlmanns Geschichte, die angenehm klar und hin und wieder schön verrätselt ist, gewinnt durch diese erzählerische Entscheidung ungemein. Wir folgen der Maus, die sich zur Emigration nach Amerika entschließt und durch immer neue wachsame Katzen daran gehindert wird, ein Auswandererschiff zu besteigen. Wir sind dabei, wenn sie Alternativen erwägt und durch die Begegnung mit einer Schar Fledermäuse auf den Gedanken kommt, den Luftweg nach Amerika anzutreten. Und wir erleben Schritt für Schritt, wie aus der Ausgangsidee und vielen Begegnungen allmählich die Konstruktion eines dampfbetriebenen Flugzeugs erwächst, während allerlei dazu notwendige Gebrauchsgegenstände aus der Umgebung der Maus verschwinden.
Allerdings bleiben ihre Flugversuche nicht unbemerkt, und während sie ihr Vehikel für den langen Weg über den Ozean perfektioniert, stellen ihr Eulen nach. Eine Doppelseite zeigt die Vögel, wie sie starr, wachsam, unerbittlich und wahrscheinlich sehr hungrig auf den Schornsteinen der nach dem Vorbild von Hamburg entworfenen Hafenstadt sitzen. Sie scheinen immer zu ahnen, wo sich die Maus gerade aufhält, und kommen trotzdem immer zu spät, um sie an der Flucht zu hindern.
Am Ende entkommt sie mit ihrem Flugzeug gerade noch den ausgestreckten Krallen der Eulen, die sie im Kirchturm entdeckt haben. Und so ist die anschließende Überquerung des Ozeans zwar ein technisches Bravourstück, für das die Maus bei ihrer Ankunft in New York auch angemessen gefeiert wird, sie ist aber auch deutlich als aus der Not geboren markiert. Und wenn es heißt, dass die Maus in der Neuen Welt alle ihre Freunde wiedergetroffen habe, dann wird man das als einen Wunschtraum werten, den Auswanderer naturgemäß hegen und der, wenn die Migration nicht wie mitunter im 19. Jahrhundert dörferweise erfolgt, unerfüllt bleiben muss. Umso deutlicher wird aber, was die Maus in "Lindbergh" hinter sich gelassen hat, als ihr Flugzeug landet: die Mausefallen, die Katzen und die Eulen der Alten Welt. Damit gibt sie ein Beispiel - nicht zuletzt für einen kleinen Jungen, der sich eines Tages mit der "Spirit of St. Louis" auf den umgekehrten Weg machen wird.
TILMAN SPRECKELSEN
Torben Kuhlmann: "Lindbergh".
NordSüd Verlag, Zürich 2014. 96 S., geb., 17,95 [Euro]. Ab 6 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Die Hörfassung des Bilderbuchs von Torben Kuhlmann, ist keine akustische Zugabe, sondern ein eigenständiges Kunstwerk, das im raffiniert konstruierten Dialog von Zeichner, Autor und ihrem Geschöpf die Handlung vorantreibt." Jurybegründung für den BEO 2016