Nachdem Bettina Belitz schon viel Fantasy geschrieben hat, sowohl für Jugendliche als auch für junge Erwachsene, gibt es hier mal wieder einen Roman von ihr, der sich einzig und allein mit der Realität beschäftigt, ohne Nachtmahre oder Schutzengel weit und breit. Darüber habe ich mich von vornherein
sehr gefreut, denn ich weiß, dass gerade das Frau Belitz sehr gut kann.
Ihr Schreibstil ist mal…mehrNachdem Bettina Belitz schon viel Fantasy geschrieben hat, sowohl für Jugendliche als auch für junge Erwachsene, gibt es hier mal wieder einen Roman von ihr, der sich einzig und allein mit der Realität beschäftigt, ohne Nachtmahre oder Schutzengel weit und breit. Darüber habe ich mich von vornherein sehr gefreut, denn ich weiß, dass gerade das Frau Belitz sehr gut kann.
Ihr Schreibstil ist mal wieder ein Genuss: Klar, geradeheraus, und trotzdem manchmal poetisch angehaucht, beschreibt sie uns die Geschehnisse rund um die ehemalige Band "Linna singt" und wie sie versuchen, sich wieder zusammenzuraufen. Bettina Belitz hat einfach ein Talent wie keine andere, die Dinge beim Namen zu nennen, und da dieses Buch auch für ein erwachsenes Publikum gedacht ist, werden hier noch mehr Dinge beim Namen genannt als sonst. Ein paar wenige erotische Szenen beschreibt sie erfrischend nüchtern und ohne den verklärten Blick einer Romantikerin, sondern eher aus den Augen einer Praktikerin. Auch ansonsten lässt sie uns an Linnas Gedanken, aus deren Sicht die Geschichte geschrieben ist, uneingeschränkt teilhaben, und diese Detailtreue rechne ich ihr hoch an, das war sicher nicht immer so leicht. Denn mit Linna hat sie wahrlich keinen einfachen Charakter entworfen: Falk beschreibt sie im Buch als undurchschaubar, mal heiß, dann wieder kalt, und genau so kommt sie auch von Anfang bei mir an. Nach außen hin gibt sie die toughe Zicke, aber in ihr sieht es ganz anders aus, denn sie wird von einigen Dämonen ihrer Vergangenheit verfolgt, die sie alle schlecht verarbeitet hat. So viele Facetten wie bei Linna findet man wirklich selten in Charakteren.
Trotzdem habe ich in der ganzen Zeit nie verstanden, warum genau die anderen es von Anfang an auf Linna abgesehen haben. In der Zeit auf der Hütte passieren einige merkwürdige Sachen, ab und zu mutet die Geschichte fast wie ein Thriller an, denn es werden auch einige Psychospielchen gespielt, die einem Angst einjagen können. Doch alle verdächtigen sofort Linna; im Prinzip hat sie anfangs überhaupt keine Freunde dort, obwohl Bettina Belitz oft Rückblenden einbaut, in der Linna über die Anfänge der Band berichtet, und über die Freundschaft zu den anderen. Wie kann es sein, dass, nur weil Linna damals die Band auflöste, auf einmal plötzlich alle auf ihr herumhacken und sie teilweise schon richtig angreifen? Mir wurde das bis zum Schluss nicht ganz klar, obwohl natürlich einige Geschehnisse aufgeklärt werden. Ich muss ehrlich sein: Ich fand es zwischendurch doch etwas überzogen, was dort abging. Ich persönlich hätte in solch einer Situation meinen angeblichen Freunden einfach den Rücken gekehrt und wäre wieder gefahren (und das ging durchaus, falls da jetzt jemand etwas einwerfen möchte - ich möchte allerdings nicht spoilern). Aber nein, Linna erträgt alles stoisch, lässt jede Anschuldigung über sich ergehen, zieht sich dann in ihr Zimmer zurück und denkt endlos lange darüber nach, kommt aber lange zu keinem Schluss. Das zog sich doch etwas.
Die Auflösung zum Schluss, wer denn nun für den Psychoterror verantwortlich ist, ist dann sehr einleuchtend und erklärt so manches, allerdings hatte ich etwas in der Art schon etwas länger vermutet, und war nicht den offensichtlichen Weg gegangen, den Falk und Linna in ihren Anschuldigungen gehen. Für mich war es einfach augenscheinlich, den Charakter zu verdächtigen, der für die anderen überhaupt nicht auf dem Schirm stand. Naja, so ist das wohl manchmal bei solchen thrillerartigen Geschichten.
Insgesamt bin ich also mal wieder unentschlossen: Auf der Pro-Seite stehen wieder die unglaublichen Schreibkünste von Bettina Belitz, und ihr Auge fürs Detail, auf der Contra-Seite, dass ich die Geschehnisse nicht immer ganz glaubwürdig fand und etwas langatmig. Empfehlenswert ist das Buch aber auf jeden Fall für Leser, die große Musik-Liebhaber sind, denn eins kommt als Botschaft sehr deutlich an: Musik ist etwas Besonderes, etwas Magisches, mit heilenden Kräften.