Geschichte einmal anders: in einzelnen Kapiteln erfahren Kinder, wie ihre Altersgenossen in römischer Zeit gelebt haben. Sie begleiten Linus und seinen Freund Felix beispielsweise durch die Stadt, beim Einkauf auf dem Markt oder dem Besuch in den Thermen. Die Erzählungen spielen in Mogontiacum, dem römischen Mainz, und basieren auf den dort in den letzten Jahren neugewonnenen archäologischen Erkenntnissen. Gleichzeitig beschreiben sie ganz allgemein den römischen Alltag, so dass sich die Geschichten auf viele andere Städte und Siedlungen jener Zeit - gemeint ist das frühe 2. Jh. n. Chr. - übertragen lassen. Das Buch vermittelt fundierte archäologische Grundkenntnisse in leicht verständlicher Weise. Fotos von Originalobjekten und Zeichnungen von Lebensbildern veranschaulichen die Texte. Knappe sachliche Erklärungen stehen in kleinen Infoblöcken und geben älteren Kindern und interessierten Junggebliebenen ergänzende Informationen.
Linus ist ein aufgeweckter Kerl. Der neunjährige Kelte lebt in Mogontiacum, der Hauptstadt der römischen Provinz Obergermanien. Seine Familie bewohnt eines der einfachen Holzhäuser, wie sie im frühen 2. Jahrhundert am Rand jener Stadt zu finden waren, die heute Mainz heißt. Auf den ausgiebigen Entdeckungstouren, die Linus mit seinem römischen Freund Felix unternimmt, lernt er die Welt um sich herum kennen.
Im Buch "Linus aus Mogontiacum" versucht die Wiesbadener Archäologin Margot Klee, Geschichte anders darzustellen als in Lehrbüchern üblich. Schulkinder, Jugendliche und jung gebliebene Erwachsene sollen die Abenteuer der Jungen miterleben und dabei erfahren, wie die Römer gelebt haben. Schauplatz ist das heutige Mainz, doch die Ausführungen zum römischen Alltag, zur antiken Technik, Kultur und Gesellschaft lassen sich auch auf andere Städte und Siedlungen jener Zeit übertragen.
Wenn die Leser ähnlich wißbegierig sind wie der kleine Linus, können sie einiges aus der Lektüre mitnehmen. Die Kapitel, die jeweils als abgeschlossene Geschichte erzählt werden, führen etwa zur Brücke über den Rhenus, zur Baustelle des Statthalter-Palastes, zum Ehrenbogen im heutigen Mainz-Kastel, ins Handwerkerviertel oder auf den Markt. Ein besonderer Tag für Linus ist der 14. September, der Todestag des Drusus. Die zu Ehren des Feldherrn begangenen Feierlichkeiten gleichen einem Volksfest, das sich rund um das Theater und das Drususdenkmal abspielt. Bei der Aufführung einer griechischen Tragödie wird dem Jungen etwas langweilig. Begeisterung weckt dafür die Parade, bei der Soldaten Angriffsformationen wie die berühmte "Schildkröte" zeigen.
Die Stärken des Buchs liegen in der ansprechenden Aufmachung und im engen Bezug zur archäologischen Forschung. Abbildungen zeigen römische Fundstücke und Bauten, die heute in Museen oder im Stadtbild zu sehen sind. Bunte Zeichnungen aus der Feder von Lydia Schuchmann tragen dazu bei, daß die Antike lebendig wird. Für die älteren Leser sind kurze Anmerkungen gedacht, die den Erzählungen vorangestellt sind und etwas weiter in die Thematik einführen. So ist im Kapitel über einen Thermenbesuch zu erfahren, wie wichtig das Badewesen für die Römer war. Tacitus, so die Ausführung, soll gesagt haben, daß die Eroberung der Provinz Britannien mehr dem dort eingeführten luxuriösen Lebensstil als den Feldzügen zu verdanken sei.
MATTHIAS TRAUTSCH
"Linus aus Mogontiacum" von Margot Klee, 122 Seiten mit 21 farbigen Zeichnungen, 49 Farb- und 4 Schwarzweißabbildungen, Verlag Philip von Zabern, Mainz 2005, kostet 19,90 Euro.
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