Studienarbeit aus dem Jahr 2022 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Sprache: Deutsch, Abstract: In der Arbeit soll untersucht werden, inwiefern eine literarische Darstellung der Shoah möglich sein kann und wodurch es Primo Levi (1919 ¿ 1987) in "Ist das ein Mensch?" ("Se questo è un uomo?") gelingt, das Un(be)greifbare aufzulösen und greifbar(er) zu machen. Dazu sollen im ersten Teil einige Schwierigkeiten dargelegt werden, vor die Autor*innen und Zeitzeug*innen, aber auch Shoah-Forschende bei der Erschließung dieses weiten Feldes aus Unsagbarkeit und Unvergleichbarkeit gestellt wurden und werden. Um sich dem Zivilisationsbruch mental und analytisch annähern zu können, bedarf es begrifflicher Werkzeuge und Formen der Darstellbarkeit. Eben jene können jedoch nur ausformuliert werden, wenn ein grundlegendes Verständnis dieses singulären Ereignisses vorherrscht. Hier setzt das Dilemma an: wie kann etwas Unvorstellbares, nie Dagewesenes greifbar gemacht werden, ohne es zu banalisieren? An Greifbarkeit gewinnt die Beschäftigung mit der Shoah über Literarisierung ¿ Zeitzeug*innenberiche liefern eine Form des Umgangs mit Unsagbarkeit und Sinnverschiebung. Durch die Behandlung eines kontingenzauflösenden Ereignisses ist es kaum verwunderlich, dass sie sich durch eine gewisse Hybridität auszeichnen, dass Faktum und Fiktion verschwimmen. Hierzu soll Aristoteles Analyse des Verhältnisses von Dichtung und Geschichtsschreibung, besonders hinsichtlich seiner Binnendifferenzierungen konsultiert werden, um anschließend die neuere Shoah-Forschung und mit ihr James E. Young zur adäquaten Ausdeutung von histoire und discours zu befragen. Eine Ästhetisierung ergibt sich naturgemäß aus der literarischen Verarbeitung des Erlebten ¿ um Unbegreifliches begreifen zu können, muss auf bestehende Wissensformen zurückgegriffen werden. Über Hannah Arendts Beobachtungen zur Rezeption der Zeitzeug*innenberichte ¿ dem Medium der Erschließung dieses Zivilisationsbruchs ¿ soll sich den Möglichkeiten der angemessenen Verarbeitung angenähert werden. Um den sinnlosen Genozid an mindestens sechs Millionen Jüd*innen nicht mit Sinn aufzuladen, mussten adäquate Formen der Darstellbarkeit gefunden werden. Besonders Levis Zeitdokument ist vom würdevollen, angemessenen Andenken an die stimmlosen Toten gekennzeichnet. Giorgio Agamben greift in seiner Analyse zur Zeug*innenschaft von Auschwitz Levis Begriff der "Lücke" des Zeugnisses auf ¿ das Verständnis der Lücke wird zentral für die Erschließung von Mensch sein.
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