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Seit jeher beschäftigt sich Hartmut Lange mit der Krise, einer der herausgehobenen Erscheinungen unserer Gegenwart. Sein Werk kann exemplarisch in Bezug auf aktuelle Krisendiskurse gelesen und so neu verstanden werden. Anders als bisherige Studien weist Literatur der Krise nach, wie Extremsituationen philosophischer, psychologischer und politischer Natur dieses beeindruckende Werk von Beginn an strukturieren, nicht erst seit seiner ersten, stark beachteten Novelle Die Selbstverbrennung, sondern bereits in »Marski«, jenem Theaterstück, das erst in der BRD zur Uraufführung gelangen konnte, nach…mehr

Produktbeschreibung
Seit jeher beschäftigt sich Hartmut Lange mit der Krise, einer der herausgehobenen Erscheinungen unserer Gegenwart. Sein Werk kann exemplarisch in Bezug auf aktuelle Krisendiskurse gelesen und so neu verstanden werden. Anders als bisherige Studien weist Literatur der Krise nach, wie Extremsituationen philosophischer, psychologischer und politischer Natur dieses beeindruckende Werk von Beginn an strukturieren, nicht erst seit seiner ersten, stark beachteten Novelle Die Selbstverbrennung, sondern bereits in »Marski«, jenem Theaterstück, das erst in der BRD zur Uraufführung gelangen konnte, nach der Flucht Langes aus der DDR im Jahr 1965. Im deutschsprachigen Raum gilt Lange als Meister der Novellistik. Die »Wald steinsonate« (1984) ist eine erschütternde Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. »Die Bildungsreise« (2000) verkörpert mustergültig die strenge Novellentheorie. »Das Haus in der Dorotheenstraße« (2013) gehört inzwischen zum Abiturkanon. Mit »Literatur der Krise« erscheint nun die erste Studie, die nicht nur die Novellen, sondern sämtliche Prosaarbeiten Langes untersucht - so auch das Kinderbuch »Rätselgeschichten« (1973), seine Begleittexte zu den Theaterstücken und die Kolumnen für Die Welt. Zum ersten Mal werden die Novellen vollständig einzeln analysiert. Berücksichtigt sind dabei die essentiellen Diskurse: Psychoanalyse, antike Mythen, mittelalterliche Literatur, Bildende Kunst sowie Philosophie, vor allem Blaise Pascal, Kierkegaard, Schopenhauer, Nietzsche, Heidegger und Odo Marquard. »Literatur erweist sich in der Rezeption, und es ist wunderbar, wie Jan Drees es versteht, meine Texte aufzuschlüsseln und dadurch dem Leser nahezubringen. Hier berühren sich, und auf tröstliche Weise, Kunst und Wissenschaft.« (Hartmut Lange) »Literatur der Krise« umfaßt zudem mit der 150-seitigen Bibliographie alle bekannten Sekundärtexte, alle Rezensionen und Fachartikel sowie das Gesamtwerk Hartmut Langes.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Gustav Seibt bewundert die Selbstlosigkeit und das "genaue Hinsehen", mit dem sich Jan Drees in seinem Handbuch der Novellen von Hartmut Lange annehme. Denn in seinen Kommentaren zu jeder einzelnen seit 1982 erschienenen Novelle (außer der allerjüngsten, so Seibt) liefere der Deutschlandfunk-Literaturredakteur erst einmal "nur" alle nötigen Hintergrundinformationen, also den "Sachgehalt" der Erzählungen, wie Seibt es mit Walter Benjamin nennt - im Falle einer Novelle über einen Besucher der Villa Albani in Rom etwa deren Entstehungsgeschichte im 18. Jahrhundert, verdeutlicht Seibt. Dieser Sachgehalt sei aber, wieder im Sinne Benjamins, untrennbar verbunden mit dem "Wahrheitsgehalt" der Geschichten - und so leiste Drees eine wertvolle Grundlagenarbeit zum tieferen Verständnis von Hartmut Langes Werk, lobt der Kritiker, dem sich so der verborgene "Rätselcharakter" vieler Novellen erst offenbart.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.11.2022

Rätselhafte
Vorgänge
Jan Drees’ Handbuch zum
Novellenwerk Hartmut Langes
Das Novellen-Werk des 1937 geborenen Hartmut Lange steht als Solitär in der Literatur der Gegenwart. Seit 1982 sind bis heute annähernd siebzig manchmal nur ein Dutzend Seiten zählende, gelegentlich auch zehnmal so umfangreiche Texte erschienen, deren Duktus sich in diesen vierzig Jahren kaum zu verändern schien. Ihre kühle, zeitlos anmutende Sprache zeigt oft erst bei genauem Hinhören ihren Rätselcharakter, so wenn eine Wegbeschreibung, die sich auf einem Stadtplan nachprüfen lässt, selbst zu einem syntaktischen Labyrinth gerät: „... und wenn man die Strecke von der Via Adda bis zur Via Salaria hinter sich gelassen, wenn man, indem man nach links abbiegt, den Torbogen, der in den Park führt, erreicht hat, dann sieht man...!. Hier macht schon die Sperrigkeit, fast Unschönheit der Wiederholungen (wenn man/wenn man/indem man) die Eckigkeit der Route fühlbar.
Es geht um den Weg zur Villa Albani in Rom. Die Novelle „In der Villa Albani“ folgt einem offensichtlich gebildeten Besucher namens Herbert Guttendorfer bei einem Besuch in der nur mit individueller Erlaubnis betretbaren Villa. Dabei spielen sich zunehmend rätselhafte Vorgänge ab, bei denen am Ende sogar die Möglichkeit aufscheint, sie würde gerade ausgeräumt. Oder handelt es sich um eine imaginierte Wiederholung einer früheren Räumung der von Johann Joachim Winckelmann im 18. Jahrhundert eingericheten Sammlung? Diese wurde nämlich angeblich 1870, nach der dort abgeschlossenen Kapitulation der päpstlichen Truppen mit den italienischen Eroberern Roms, von den Franzosen geplündert. Oder ist auch das nur eine Fehlinformation jenes Guttendorfer? Je genauer man nachsieht, desto ungreifbarer wird das durchaus deutlich beschriebene Geschehen. Genaues Nachsehen: Das leistet ein Handbuch, das Jan Drees, Literaturredakteur beim Deutschlandfunk, zu Langes Novellen vorgelegt hat. Kern der auch bibliographisch umfassenden Studie sind Einzelkommentare zu allen bisher erschienenen Erzähltexten Langes (mit Ausnahme des jüngsten Bandes „Am Osloer Fjord oder der Fremde“). Die Kommentare resümieren knapp die Handlungen und stellen das Hintergrundwissen bereit, auf das dabei angespielt wird.
Der Kommentar zur „Villa Albani“ berichtet also von ihrer Entstehung im 18. Jahrhundert, von den ersten Kunstwerkentnahmen durch Napoleon. Er stellt das bereit, was Walter Benjamin als „Sachgehalt“ definierte, im Gegensatz zum „Wahrheitsgehalt“: „Die Kritik sucht den Wahrheitsgehalt eines Kunstwerks, der Kommentar seinen Sachgehalt. Das Verhältnis der beiden bestimmt jenes Grundgesetz des Schrifttums, demzufolge der Wahrheitsgehalt eines Werkes, je bedeutender es ist, desto unscheinbarer und inniger an seinen Sachgehalt gebunden ist.“ Diese Unterscheidung bewährt sich in der bewundernswert selbstlosen Arbeit von Drees. Nachdem jede Anspielung entziffert ist, beginnt das Nachdenken über das Geheimnis von Langes Novellen erst richtig.
GUSTAV SEIBT
Die Kritik sucht den
Wahrheitsgehalt eines Werks,
der Kommentar den Sachgehalt
Jan Drees: Literatur der Krise. Das Novellen-Werk von Hartmut Lange. Arco Verlag, Wuppertal 2022.
393 Seiten, 38 Euro.
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