Interesse über die eigenen Fachgrenzen hinaus hat die Literaturwissenschaft immer dann hervorrufen können, wenn sie sich nicht auf die Beantwortung rein philologischer Fragen beschränkt, sondern Aussagen über Menschen getroffen hat. Im Verlauf der Fachgeschichte geschah dies meist unter Bezugnahme auf den Autor. In der vorliegenden Arbeit hingegen wird dafür plädiert, die Leser in den Blick zu nehmen. Ihre Lektüren können Aufschluss geben über verbreitete Vorstellungen und Bedürfnisse. Um diese zu eruieren, werden unter Rückgriff auf kognitionspsychologische Modelle Methoden entworfen, deren Ergebnisse empirisch überprüfbar sind und bei denen dennoch der Textinterpretation eine zentrale Rolle zukommt. Erprobt werden diese Methoden anhand der Rezeption von Texten Helmut Kraussers, eines der vielseitigsten deutschen Gegenwartsautoren.