Die Literaturwissenschaft, denken wir, dient der Kultur des Lesens und Schreibens, einem traditionellen und vielleicht immer schmaler werdenden Ausschnitt unserer Kultur. Um solch einer Aufgabe, wie wichtig oder unwichtig sie auch sein mag, ernsthaft nachzukommen, muss die Literaturwissenschaft als kulturelle Praxis verstanden und betrieben werden. Sie trägt also ein doppeltes Gesicht. Indem sie Texte, Aussagen und Zeichen untersucht, beschäftigt sie sich mit sprachlichen Handlungen und schriftlichen Leistungen. In dieser Hinsicht, so könnte man sagen, ist sie Denkmalspflege: sie kümmert sich um Werke. Insofern ihre Ergebnisse festgehalten und mitgeteilt werden, führt die Literaturwissenschaft sprachliche Handlungen aus und bringt schriftliche Leistungen hervor. In dieser Hinsicht, könnte man sagen, ist sie Redekunst: sie kümmert sich um den richtigen Ausdruck. Ihre beiden Pole gehören unvermeidlich zusammen. Um etwas Vernünftiges zu tun, muss die Literatur wissenschaft sich als reflektierende Disziplin auf ihr eigenes Tun fortlaufend besinnen. Sie ist eine reflektierende Disziplin.