In ihrer Fotoserie Little Adults führt Anna Skladmann eindrucksvoll vor, wie Kinder privilegierter Familien im heutigen Russland leben, einem Land, dessen radikale Geschichte und soziale Hierarchie immer noch den alltag bestimmen. Hier existiert seit kurzem eine stetig wachsende Schicht von Neureichen, deren Kinder zu einer neuen Elite erzogen werden und sich benehmen wie kleine Erwachsene. Skladmanns Porträts machen die Spannung zwischen Natürlichkeit und stereotypem Erscheinungsbild in der Welt dieser Kinder deutlich. Ernst blicken die Kinder dem Betrachter entgegen, die oftmals absurde Opulenz ihrer Umgebung erscheint beinahe surreal.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Nicht ganz einfach zu interpretieren ist dieser Porträtband, meint Rezensent Andrian Kreye. Dargestellt sind die Kinder neureicher Russen, in selbstbewussten Posen und teuren Kleidern, wie wir erfahren. Augenfällig knüpfe die Fotografin Anna Skladmann an die Porträtmalerei des 19. Jahrhunderts an, schreibt Kreye, der außerdem die von Bill Kouwenhoven in einem beigefügten Essay angeregten Parallelen zwischen dem heutigen Russland und dem frühkapitalistischen Amerika einigermaßen nachvollziehen kann. Dennoch erkennt der Kritiker eine Reihe von Brüchen in Skladmanns Umsetzung der Thematik. Erstens sei die Glamourfotografie der Gegenwart im Gegensatz zur alten Porträtmalerei mit der Inszenierung von Sehnsüchten befasst - mit der Folge eines umgekehrten "Machtverhältnisses zwischen Porträtist und Subjekt". Zweitens würden eben nicht die Hauptakteure des russischen Kapitalismus abgebildet, sondern deren Sprösslinge - als Inkarnationen der von den Eltern gelebten Klischees. Erst in den stoisch gelassenen Gesichtsausdrücken der Porträtierten findet Kreye dann so etwas wie einen Schlüssel zu Skladmanns Fotos, die ihm schließlich zur "Allegorie auf die große, fremde Welt des unnahbaren Reichtums" werden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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