Große Zeitungen gaben ihr den Namen "Reporterin Löwenherz": Antonia Rados harrte während des ganzen Irak-Krieges in Bagdad aus und berichtete täglich für RTL und n-tv.
Wie sieht das Leben einer Reporterin im Kriegsgebiet aus, wie geht sie mit den Gefahren und der Angst um? In ihrem Tagebuch hat Antonia Rados all das aufgeschreiben, was im Fernsehen nicht zu sehen war: ihre persönlichen Erfahrungen und Empfindungen, den Alltag einer Kreigsberichterstatterin im Bombenhagel. Daneben gewähren ihre Aufzeichnungen aufschlussreiche Einblicke in die irakischen Verhältnisse und die Schrecken des Krieges.
Tag und Nacht berichtete Antonia Rados für die Sender RTL und n-tv aus Bagdad, um den deutschen Zuschauern aktuelle Informationen zum Krieg im Irak zu liefern. Jetzt veröffentlicht die Top-Journalistin ihre Erinnerungen an diese Zeit, ihr Kriegstagebuch Live aus Bagdad erscheint Mitte Juli als Originalausgabe im Heyne Taschenbuch.
Antonia Rados zeigt darin eindrucksvoll und anschaulich, wie das Leben einer Reporterin im Kriegsgebiet aussieht, die nur mit irakischen Aufpassern ausgehen darf; die im Hotel abgehört und mit Kameras überwacht wird; die ständig darum kämpfen muss, ihre Ausrüstung zu behalten und an Informationen zu gelangen; die ständig der Angst ausgesetzt ist, den Krieg vielleicht nicht zu überleben - und die dennoch jeden Abend die Menschen zu Hause über die aktuellen Geschehnisse auf den neuesten Stand bringen soll.
In ihrem Tagebuch hat Antonia Rados all das aufgeschrieben, was im Fernsehen nicht zu sehen war: ihre persönlichen Erfahrungen und Empfindungen, ihren Alltag im Bombenhagel. Daneben gewähren ihre Aufzeichnungen tiefgründige Einblicke in die irakischen Verhältnisse. Sie dokumentieren, unter welchen Umständen die Zivilbevölkerung vor und während des Krieges lebte, wie sich der Zerfall der Diktatur auswirkt, welche Hoffnungen die Menschen im Irak haben, und wie die Chancen für einen friedlichen Neuaufbau des Landes stehen.
Wie sieht das Leben einer Reporterin im Kriegsgebiet aus, wie geht sie mit den Gefahren und der Angst um? In ihrem Tagebuch hat Antonia Rados all das aufgeschreiben, was im Fernsehen nicht zu sehen war: ihre persönlichen Erfahrungen und Empfindungen, den Alltag einer Kreigsberichterstatterin im Bombenhagel. Daneben gewähren ihre Aufzeichnungen aufschlussreiche Einblicke in die irakischen Verhältnisse und die Schrecken des Krieges.
Tag und Nacht berichtete Antonia Rados für die Sender RTL und n-tv aus Bagdad, um den deutschen Zuschauern aktuelle Informationen zum Krieg im Irak zu liefern. Jetzt veröffentlicht die Top-Journalistin ihre Erinnerungen an diese Zeit, ihr Kriegstagebuch Live aus Bagdad erscheint Mitte Juli als Originalausgabe im Heyne Taschenbuch.
Antonia Rados zeigt darin eindrucksvoll und anschaulich, wie das Leben einer Reporterin im Kriegsgebiet aussieht, die nur mit irakischen Aufpassern ausgehen darf; die im Hotel abgehört und mit Kameras überwacht wird; die ständig darum kämpfen muss, ihre Ausrüstung zu behalten und an Informationen zu gelangen; die ständig der Angst ausgesetzt ist, den Krieg vielleicht nicht zu überleben - und die dennoch jeden Abend die Menschen zu Hause über die aktuellen Geschehnisse auf den neuesten Stand bringen soll.
In ihrem Tagebuch hat Antonia Rados all das aufgeschrieben, was im Fernsehen nicht zu sehen war: ihre persönlichen Erfahrungen und Empfindungen, ihren Alltag im Bombenhagel. Daneben gewähren ihre Aufzeichnungen tiefgründige Einblicke in die irakischen Verhältnisse. Sie dokumentieren, unter welchen Umständen die Zivilbevölkerung vor und während des Krieges lebte, wie sich der Zerfall der Diktatur auswirkt, welche Hoffnungen die Menschen im Irak haben, und wie die Chancen für einen friedlichen Neuaufbau des Landes stehen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.09.2003Wie man sich bettet, so lügt man
Deutsche Kriegsreporter wollen den Büchermarkt erobern: Gegen "embedded journalists"
Christoph Maria Fröhder: Ein Bild vom Krieg. Meine Tage in Bagdad. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003. 176 Seiten, 14,90 [Euro].
Gerhard Kromschröder: Bilder aus Bagdad. Mein Tagebuch. Europa Verlag, Hamburg 2003. 160 Seiten, 19,90 [Euro].
Stephan Kloss: Mein Bagdad-Tagebuch. Als Kriegsreporter im Brennpunkt Irak. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2003. 175 Seiten, 12 [Euro].
Antonia Rados: Live aus Bagdad. Das Tagebuch einer Kriegsreporterin. Heyne Verlag, München 2003. 255 Seiten, 12 [Euro].
Nach dem zweiten Golfkrieg von 1991 forderte Klaus Bresser als Konsequenz aus der Kriegsberichterstattung die "Wiederentdeckung der Langsamkeit". Die Korrespondenten hätten ihre Meldungen selten überprüfen oder gar reflektieren können: "Für den Fernsehjournalismus tut sich eine Wahrheitsfalle auf, deren wir uns bewußt sein müssen." Sein Kollege Ulrich Kienzle war nicht minder alarmiert: "Noch nie haben so viele Fernsehjournalisten so lange so wenig zu sagen gehabt." Das war eine nüchterne Betrachtung der Wirklichkeit, genützt hat sie jedoch nichts: Im Jahr 2003 gab es während des dritten Golfkriegs noch mehr TV-Journalisten, die noch länger noch weniger zu sagen hatten.
1991 hatte CNN-Star Peter Arnett das Monopol über die aktuelle Berichterstattung aus Bagdad. Diesmal aber waren alle internationalen Sender präsent: Die Iraker hatten dazugelernt - je mehr Öffentlichkeit, desto besser. Präsident Bush hingegen wollte die "CNN-Situation" von damals verhindern. Es entstand die neue Spezies der embedded journalists, auf seiten der alliierten Truppen eingebettete Reporter, die einer ebenso scharfen Zensur unterlagen wie ihre Kollegen in der irakischen Hauptstadt. In rasendem Tempo überfluteten die Kriegsbilder die TV-Kanäle, Tag und Nacht flimmernde Einstellungen von der Front, Aufsager vor Bombardierungshintergrund, Kommentierungen bis zur Erschöpfung. Und von Reflexion keine Spur? Kaum war der Krieg zu Ende, schlugen die Bagdad-Tagebücher deutscher Kriegsreporter auf den Büchermarkt auf: Endlich waren auch hierzulande Kriegsreporter zu feiern. Arnett wurde unterdessen von seinem Sender gefeuert: Er hatte die amerikanischen Kriegspläne für gescheitert erklärt - gegenüber dem irakischen Staatsfernsehen. So ändern sich die Zeiten.
Der freie Korrespondent Christoph Maria Fröhder und der ehemalige Nahost-Korrespondent Gerhard Kromschröder haben diese Veränderungen zum Hauptthema ihrer Bücher gemacht. Fröhder schildert den oft profanen Kriegsalltag eines Reporters eindrücklich und mit guten Kenntnissen des Iraks. Er erklärt, wie schwierig es ist, sich bei Zensur und unter ständiger Beobachtung eines irakischen "Aufpassers" der Wahrheit zu nähern, stets im Spannungsfeld zwischen den Kriegsparteien: "Die Briten und Amerikaner brauchten Bilder von einem sauberen Krieg, der keine Zivilisten trifft. Sie benötigten aktuelle Belege, daß Saddam Hussein teuflisch war und die Iraker deshalb die Befreiung herbeisehnten. Das Regime in Bagdad brauchte Berichte, die genau das Gegenteil belegten: Der Krieg mußte schmutzig sein, die Verluste unter der Zivilbevölkerung möglichst hoch."
Fröhder beklagt, daß Kriegsreporter nur noch selten tatsächlich am Ort recherchieren; daß der Moderatorentypus zu obsiegen scheint, der das Pressezentrum kaum verläßt und von einem Krieg berichtet, über dessen Ereignisse er per Fax aus der Heimatredaktion erfährt. Sich selbst sieht Fröhder nicht als Kriegs-, sondern als Krisenreporter, weil er sich die Konflikte nach politischen Gesichtspunkten und nicht nach dem Abenteuerwert aussuche. Der "Einzelkämpfer" berichtet auch vom Konkurrenzkampf unter den Kollegen und überlegt, ob das Fernsehen für kritische oder gar investigative Berichterstattung noch das richtige Medium sei: "Ich habe diese Frage nie wirklich beantwortet, vielleicht aus Sorge, den Boden unter den Füßen zu verlieren."
Kromschröder, während des zweiten Golfkriegs Korrespondent in Bagdad, erlebt den dritten vor dem Bildschirm in seiner Hamburger Wohnung. Sein Tagebuch aus der Sicht des Fernsehzuschauers ist ein Bildband mit Fotos von beiden Kriegen. Der Autor stellt den Hamburger Alltag dem des Krieges gegenüber. Es hat Unterhaltungswert zu erfahren, welche Markenprodukte Kromschröder beim Einkauf bevorzugt, wann er Frühjahrsblümchen auf seinem Balkon zu pflanzen beabsichtigt und welche Anti-Kriegs-Demo die Hansestadt gerade belebt. Das macht den Bildersturm erträglicher, dem der frühere Kriegsreporter sich geradezu suchtartig vor dem Fernseher aussetzt und den er für den Leser kommentiert: "Hollywood goes Bagdad." Als Journalist der alten Schule beklagt auch er den medialen "Kultur- und Werteverfall", die Absurditäten. Er staunt, daß die eingebetteten Reporter sich einer tödlichen Gefahr aussetzen, obwohl sie in der Heimredaktion journalistisch sehr viel mehr ausrichten könnten. "Der Moralist sagt jetzt knallhart: Die Presse, die vierte Gewalt, verkommt unter einer solchen staatlichen Kontrolle zur fünften Kolonne des Militärs. Oder: Jetzt können wir uns verabschieden von den hohen journalistischen Tugenden: Unabhängigkeit, Unbestechlichkeit, Objektivität. Und der Kalauer sagt: Wie man sich bettet, so lügt man."
Fragen journalistischer Ethik beschäftigen den jüngeren Stephan Kloss weniger. Bevor Fröhder ihn in Bagdad ablöste, berichtete er für die ARD und den MDR und erntete Hohn wegen vermeintlicher Unprofessionalität. In seinem Buch, das er als Online-Tagebuch für den MDR schrieb, macht er jedenfalls eine weitaus bessere Figur als vor der Kamera. Kloss' Berichte unterscheiden sich von denen seiner Kollegen, indem er politisch eindeutiger Stellung bezieht und gar so weit geht, die Bush-Administration der Kriegsverbrechen zu bezichtigen. Er erinnert daran, daß die Alliierten den Irak auch zwischen 1991 und 2003 regelmäßig bombardierten und die illegal errichtete Flugverbotszone kontrollierten. Kloss bekennt sich zu seinen Gefühlen und Ängsten. Vor allem die verletzten Kinder in den irakischen Krankenhäusern machten ihm zu schaffen, und nachdem zwei seiner Kollegen im Hotel von einem amerikanischen Panzer erschossen worden waren, "weinte er bitterlich". Reporter sollten politisch und emotional "neutral" bleiben, und so könnte man Kloss abermals als unprofessionell bezeichnen. Man kann ihm aber zugestehen, daß seine Aufzeichnungen menschlich ansprechen und bei der jüngeren Lesergeneration gut ankommen dürften.
Gefühle zeigt Antonia Rados dagegen selten. Gerade als Frau kann man sich das in diesem harten Geschäft vermutlich nicht leisten. 77 Tage verbrachte die mutige Klagenfurterin für einen Privatsender in Bagdad und wurde für ihre journalistischen Leistungen mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet. Ihr Buch verdient allerdings keine Auszeichnung: Rados selbst stellte an anderer Stelle klar, daß es nicht "das ultimative Buch über den Irak" sei. Über das Land am Tigris erfährt der Leser nämlich wenig; Rados greift zwar einige Themen auf, enttäuscht dann aber durch blitzschnelle Schnitte zum nächsten Ereignis. Im Zentrum ihrer Berichte stehen die Begebenheiten im Hotel, in dem sich die meisten Journalisten während des Krieges niedergelassen hatten, und ihr unerträglicher Aufpasser vom irakischen Geheimdienst, der ihr auf Schritt und Tritt folgte. Auch sie wagt kritische Anmerkungen zur Vorgehensweise der amerikanischen Armee und zeigt ihre Verachtung für Saddam Husseins Regime. Dennoch ist ihre Haltung eigentümlich vage. Ihre Alltagserlebnisse sind spannend zu lesen, ihre politischen Informationen aber bleiben oberflächlich. Sie sagt, sie fühle sich miserabel, wenn sie von Hotelangestellten nach den neuesten Nachrichten gefragt wird: "Ich weiß nicht so richtig, was antworten, denn außer Gerüchten habe ich nicht viel zu bieten, aber davon jede Menge."
ALEXANDRA SENFFT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Deutsche Kriegsreporter wollen den Büchermarkt erobern: Gegen "embedded journalists"
Christoph Maria Fröhder: Ein Bild vom Krieg. Meine Tage in Bagdad. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003. 176 Seiten, 14,90 [Euro].
Gerhard Kromschröder: Bilder aus Bagdad. Mein Tagebuch. Europa Verlag, Hamburg 2003. 160 Seiten, 19,90 [Euro].
Stephan Kloss: Mein Bagdad-Tagebuch. Als Kriegsreporter im Brennpunkt Irak. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2003. 175 Seiten, 12 [Euro].
Antonia Rados: Live aus Bagdad. Das Tagebuch einer Kriegsreporterin. Heyne Verlag, München 2003. 255 Seiten, 12 [Euro].
Nach dem zweiten Golfkrieg von 1991 forderte Klaus Bresser als Konsequenz aus der Kriegsberichterstattung die "Wiederentdeckung der Langsamkeit". Die Korrespondenten hätten ihre Meldungen selten überprüfen oder gar reflektieren können: "Für den Fernsehjournalismus tut sich eine Wahrheitsfalle auf, deren wir uns bewußt sein müssen." Sein Kollege Ulrich Kienzle war nicht minder alarmiert: "Noch nie haben so viele Fernsehjournalisten so lange so wenig zu sagen gehabt." Das war eine nüchterne Betrachtung der Wirklichkeit, genützt hat sie jedoch nichts: Im Jahr 2003 gab es während des dritten Golfkriegs noch mehr TV-Journalisten, die noch länger noch weniger zu sagen hatten.
1991 hatte CNN-Star Peter Arnett das Monopol über die aktuelle Berichterstattung aus Bagdad. Diesmal aber waren alle internationalen Sender präsent: Die Iraker hatten dazugelernt - je mehr Öffentlichkeit, desto besser. Präsident Bush hingegen wollte die "CNN-Situation" von damals verhindern. Es entstand die neue Spezies der embedded journalists, auf seiten der alliierten Truppen eingebettete Reporter, die einer ebenso scharfen Zensur unterlagen wie ihre Kollegen in der irakischen Hauptstadt. In rasendem Tempo überfluteten die Kriegsbilder die TV-Kanäle, Tag und Nacht flimmernde Einstellungen von der Front, Aufsager vor Bombardierungshintergrund, Kommentierungen bis zur Erschöpfung. Und von Reflexion keine Spur? Kaum war der Krieg zu Ende, schlugen die Bagdad-Tagebücher deutscher Kriegsreporter auf den Büchermarkt auf: Endlich waren auch hierzulande Kriegsreporter zu feiern. Arnett wurde unterdessen von seinem Sender gefeuert: Er hatte die amerikanischen Kriegspläne für gescheitert erklärt - gegenüber dem irakischen Staatsfernsehen. So ändern sich die Zeiten.
Der freie Korrespondent Christoph Maria Fröhder und der ehemalige Nahost-Korrespondent Gerhard Kromschröder haben diese Veränderungen zum Hauptthema ihrer Bücher gemacht. Fröhder schildert den oft profanen Kriegsalltag eines Reporters eindrücklich und mit guten Kenntnissen des Iraks. Er erklärt, wie schwierig es ist, sich bei Zensur und unter ständiger Beobachtung eines irakischen "Aufpassers" der Wahrheit zu nähern, stets im Spannungsfeld zwischen den Kriegsparteien: "Die Briten und Amerikaner brauchten Bilder von einem sauberen Krieg, der keine Zivilisten trifft. Sie benötigten aktuelle Belege, daß Saddam Hussein teuflisch war und die Iraker deshalb die Befreiung herbeisehnten. Das Regime in Bagdad brauchte Berichte, die genau das Gegenteil belegten: Der Krieg mußte schmutzig sein, die Verluste unter der Zivilbevölkerung möglichst hoch."
Fröhder beklagt, daß Kriegsreporter nur noch selten tatsächlich am Ort recherchieren; daß der Moderatorentypus zu obsiegen scheint, der das Pressezentrum kaum verläßt und von einem Krieg berichtet, über dessen Ereignisse er per Fax aus der Heimatredaktion erfährt. Sich selbst sieht Fröhder nicht als Kriegs-, sondern als Krisenreporter, weil er sich die Konflikte nach politischen Gesichtspunkten und nicht nach dem Abenteuerwert aussuche. Der "Einzelkämpfer" berichtet auch vom Konkurrenzkampf unter den Kollegen und überlegt, ob das Fernsehen für kritische oder gar investigative Berichterstattung noch das richtige Medium sei: "Ich habe diese Frage nie wirklich beantwortet, vielleicht aus Sorge, den Boden unter den Füßen zu verlieren."
Kromschröder, während des zweiten Golfkriegs Korrespondent in Bagdad, erlebt den dritten vor dem Bildschirm in seiner Hamburger Wohnung. Sein Tagebuch aus der Sicht des Fernsehzuschauers ist ein Bildband mit Fotos von beiden Kriegen. Der Autor stellt den Hamburger Alltag dem des Krieges gegenüber. Es hat Unterhaltungswert zu erfahren, welche Markenprodukte Kromschröder beim Einkauf bevorzugt, wann er Frühjahrsblümchen auf seinem Balkon zu pflanzen beabsichtigt und welche Anti-Kriegs-Demo die Hansestadt gerade belebt. Das macht den Bildersturm erträglicher, dem der frühere Kriegsreporter sich geradezu suchtartig vor dem Fernseher aussetzt und den er für den Leser kommentiert: "Hollywood goes Bagdad." Als Journalist der alten Schule beklagt auch er den medialen "Kultur- und Werteverfall", die Absurditäten. Er staunt, daß die eingebetteten Reporter sich einer tödlichen Gefahr aussetzen, obwohl sie in der Heimredaktion journalistisch sehr viel mehr ausrichten könnten. "Der Moralist sagt jetzt knallhart: Die Presse, die vierte Gewalt, verkommt unter einer solchen staatlichen Kontrolle zur fünften Kolonne des Militärs. Oder: Jetzt können wir uns verabschieden von den hohen journalistischen Tugenden: Unabhängigkeit, Unbestechlichkeit, Objektivität. Und der Kalauer sagt: Wie man sich bettet, so lügt man."
Fragen journalistischer Ethik beschäftigen den jüngeren Stephan Kloss weniger. Bevor Fröhder ihn in Bagdad ablöste, berichtete er für die ARD und den MDR und erntete Hohn wegen vermeintlicher Unprofessionalität. In seinem Buch, das er als Online-Tagebuch für den MDR schrieb, macht er jedenfalls eine weitaus bessere Figur als vor der Kamera. Kloss' Berichte unterscheiden sich von denen seiner Kollegen, indem er politisch eindeutiger Stellung bezieht und gar so weit geht, die Bush-Administration der Kriegsverbrechen zu bezichtigen. Er erinnert daran, daß die Alliierten den Irak auch zwischen 1991 und 2003 regelmäßig bombardierten und die illegal errichtete Flugverbotszone kontrollierten. Kloss bekennt sich zu seinen Gefühlen und Ängsten. Vor allem die verletzten Kinder in den irakischen Krankenhäusern machten ihm zu schaffen, und nachdem zwei seiner Kollegen im Hotel von einem amerikanischen Panzer erschossen worden waren, "weinte er bitterlich". Reporter sollten politisch und emotional "neutral" bleiben, und so könnte man Kloss abermals als unprofessionell bezeichnen. Man kann ihm aber zugestehen, daß seine Aufzeichnungen menschlich ansprechen und bei der jüngeren Lesergeneration gut ankommen dürften.
Gefühle zeigt Antonia Rados dagegen selten. Gerade als Frau kann man sich das in diesem harten Geschäft vermutlich nicht leisten. 77 Tage verbrachte die mutige Klagenfurterin für einen Privatsender in Bagdad und wurde für ihre journalistischen Leistungen mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet. Ihr Buch verdient allerdings keine Auszeichnung: Rados selbst stellte an anderer Stelle klar, daß es nicht "das ultimative Buch über den Irak" sei. Über das Land am Tigris erfährt der Leser nämlich wenig; Rados greift zwar einige Themen auf, enttäuscht dann aber durch blitzschnelle Schnitte zum nächsten Ereignis. Im Zentrum ihrer Berichte stehen die Begebenheiten im Hotel, in dem sich die meisten Journalisten während des Krieges niedergelassen hatten, und ihr unerträglicher Aufpasser vom irakischen Geheimdienst, der ihr auf Schritt und Tritt folgte. Auch sie wagt kritische Anmerkungen zur Vorgehensweise der amerikanischen Armee und zeigt ihre Verachtung für Saddam Husseins Regime. Dennoch ist ihre Haltung eigentümlich vage. Ihre Alltagserlebnisse sind spannend zu lesen, ihre politischen Informationen aber bleiben oberflächlich. Sie sagt, sie fühle sich miserabel, wenn sie von Hotelangestellten nach den neuesten Nachrichten gefragt wird: "Ich weiß nicht so richtig, was antworten, denn außer Gerüchten habe ich nicht viel zu bieten, aber davon jede Menge."
ALEXANDRA SENFFT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In Alexandra Senffts Sammelbesprechung von verschiedenen Golfkriegs-Berichten deutscher Fernsehjournalisten kommt das Buch von Antonia Rados am schlechtesten weg. Senfft findet, dass es im Gegensatz zu ihrer Fernseh-Berichterstattung, für die sie den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis erhalten hat, "keine Auszeichnung verdient" hat. Die Rezensentin ist enttäuscht, dass statt eingehenden Informationen immer nur "oberflächlich" über die politische Situation im Irak berichtet wird und sie bescheinigt der Autorin zwar durchaus kritische Stellungnahmen zu den Ereignissen, findet aber dennoch ihren Standpunkt "eigentümlich vage". Immerhin lobt Senfft die Schilderungen aus dem Alltag der Kriegsberichterstattung als "spannend", auch wenn man über den Irak insgesamt nicht viel erfährt, wie sie moniert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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