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Livia Drusilla (58 v. Chr. bis 29 n. Chr.) war 52 Jahre mit dem ersten römischen Kaiser Augustus verheiratet. Nach seinem Tod stand sie als Mutter des Kaisers Tiberius 15 Jahre im Zentrum der Macht. An ihrer Person vollzog sich die Rollendefinition der Herrscherfrau. Das war eine brisante politische Frage, denn faktisch konstituierte sich der römische Prinzipat als Monarchie, theoretisch beharrten seine Architekten auf der wiedererstandenen Bürgerrepublik. In dieser prekären Situation war kein Platz für die Existenz einer"Kaiserin", was den dynastisch-monarchischen Charakter des Systems…mehr

Produktbeschreibung
Livia Drusilla (58 v. Chr. bis 29 n. Chr.) war 52 Jahre mit dem ersten römischen Kaiser Augustus verheiratet. Nach seinem Tod stand sie als Mutter des Kaisers Tiberius 15 Jahre im Zentrum der Macht. An ihrer Person vollzog sich die Rollendefinition der Herrscherfrau. Das war eine brisante politische Frage, denn faktisch konstituierte sich der römische Prinzipat als Monarchie, theoretisch beharrten seine Architekten auf der wiedererstandenen Bürgerrepublik. In dieser prekären Situation war kein Platz für die Existenz einer"Kaiserin", was den dynastisch-monarchischen Charakter des Systems offengelegt hätte. Dennoch erwuchsen der Frau des Kaisers besondere Aufgaben aus ihrer Nähe zum Herrscher, als Mutter künftiger Prinzen.

Diese erste moderne Biografie Livias schildert den turbulenten Epochenwechsel von der Republik zur Monarchie aus der Perspektive dieser ungewöhnlichen Frau. Dabei wird die politische Rolle Livias ausgeleuchtet und zugleich die soziale Position einer Mutter und Ehefrau der römischen Aristokratie in all ihren kulturgeschichtlichen Facetten nachgezeichnet.
Autorenporträt
Christiane Kunst lehrt seit 1995 Alte Geschichte an der Universität Potsdam. Sie hat zahlreiche Veröffentlichungen zur Kulturgeschichte der Antike vorgelegt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.03.2008

Ein Odysseus in Frauenkleidern
Sie war die mächtigste Frau der römischen Geschichte: Christiane Kunsts neue Biographie der Kaiserin Livia
Livia Drusilla, von der eine neue Biographie von Christiane Kunst handelt, kann als eine der bedeutendsten Frauen der römischen Geschichte gelten, jedenfalls dürfte sie die mächtigste gewesen sein. Geboren im Jahre 58 v. Chr., war sie mehr als fünfzig Jahre lang Ehefrau des Octavian und späteren Kaisers Augustus, der im antiken Rom den schwierigen Übergang von der Republik zur Monarchie bewerkstelligte. Als Livia Augusta und Mutter des zweiten Kaisers Tiberius – ihr Sohn aus einer früheren Ehe – übte sie bis zu ihrem Tode 29 n. Chr. dominanten politischen Einfluss aus. Die folgenden Kaiser Caligula und Claudius hatten zuvor zeitweise in ihrem Haus gelebt. Noch Galba und Otho – Kaiser, die nach dem Tod Neros im Jahre 68 n. Chr. kurz regierten – verdankten ihren Aufstieg aus relativ einfachen Verhältnissen in machtvolle senatorische Positionen der Gunst und Förderung dieser Frau.
Jede Untat traute man ihr zu
Livias Wirken ist in den uns überlieferten Quellen gleichwohl nur indirekt greifbar. Sie stammte – anders als Augustus selbst – aus vornehmstem römischem Adel und hielt sich äußerlich strikt an die für römische Frauen vorgegebenen Rollenmuster. Sie beschränkte ihr Handlungsfeld auf das Haus – aber dieses Haus war das Haus des Kaisers, und als solches gewann es in jener Zeit eine ganz neuartige höfische Monopolstellung, deren außergewöhnliche Chancen und Notwendigkeiten sie offensichtlich klar erkannte und umzusetzen in der Lage war.
Blickt man auf die Kaiserin, so kann man den Eindruck bekommen, dass die Entstehung des Prinzipats, wie die merkwürdige Form der römischen Monarchie von Augustus selbst genannt wurde, mit einer Art Arbeitsteilung einherging: Hier der neue Alleinherrscher, der sich als solcher in der städtischen Öffentlichkeit und in den politischen Institutionen nur indirekt zu erkennen gab, der seine senatorischen Standesgenossen wie gleiche behandelte, obwohl sie dies längst nicht mehr waren, und der bekanntlich als sein Hauptverdienst angab, die alte Republik wiederhergestellt zu haben; dort Livia mit dem kaiserlichen Hof als neu entstandenem Machtzentrum, wo man die Beziehungen zu allen wichtigen Aristokraten pflegte und gleichzeitig loyale „neue Leute” förderte, wo man in großem Stile begehrte Güter – Ehre, Ämter, Macht und Geld – verteilte und wo durch solch patronale Aktivitäten die Herrschaft gesichert wurde.
Der Erfolg, den Livia hier hatte, wird deutlich an den Berichten über ihre letzten Lebensjahrzehnte. Zur morgendlichen salutatio bei der alten Kaiserin, einem ritualisierten Morgenempfang, der Anhängerschaft und Wunsch nach Förderung gleichzeitig symbolisierte, erschienen, wie berichtet wird, regelmäßig der Senat und viele aus dem Volk. Nach dem Tod des Augustus erbte sie ein Drittel des riesigen kaiserlichen Vermögens und erhielt den Ehrennamen Augusta. In den Städten des Reiches, vor allem im Osten, wurde sie als Göttin kultisch verehrt.
Ihr machtvolles, aber unauffälliges Wirken im Hintergrund hatte allerdings noch eine weitere Folge: Die antiken Geschichtsschreiber, deren Detailkenntnis der höfischen Ereignisgeschichte meist ähnlich schlecht gewesen sein dürfte wie die der modernen, trauen ihr praktisch alles zu: Der Tod des Marcellus, des Neffen des Augustus, der zur Nachfolge vorgesehen war; die Verbannung der Iulia, der Tochter des Augustus aus einer früheren Ehe, wegen Ehebruchs; ja selbst der Tod des Augustus und manch weitere dynastische Ereignisse oder Tragödien – stets soll Livia die Drahtzieherin gewesen sein, die mit Gift, Intrigen oder beidem nachhalf und dabei nur das eine Ziel verfolgte, ihrem leiblichen Sohn Tiberius das Kaisertum zu sichern. Auch moderne Autoren, meist außerhalb der Fachwissenschaft, haben dies aufgenommen und die Kaiserin zu einer bösartigen Intrigantin stilisiert, von der aus sich die Geschichte der julisch-claudischen Kaiserfamilie als chronique scandaleuse schreiben ließ.
Nun ist es sehr schwierig, von Dingen, die nicht vorgefallen sind, zu beweisen, dass sie nicht vorgefallen sind. Als Aufgabe der neueren Forschung muss daher gelten, hier – wie bei den römischen Kaisern, über die ebenfalls vielfach denunziatorische Berichte überliefert sind – über den Umweg struktureller Analysen ein allgemeines Wissen über die Handlungsbedingungen der Akteure zu erarbeiten, um dann erst in einem zweiten Schritt nach der Plausibilität des in den Quellen Berichteten zu fragen.
Die neue, von Christiane Kunst verfasste Biographie dokumentiert anschaulich die Schwierigkeiten, das Leben der Kaiserin Livia zu beschreiben. Das Problem, dass die Ereignisse vieler Lebensjahre unbekannt sind, versucht die Biographin dadurch auszugleichen, dass in vielen Unterkapiteln Hintergrundinformationen zusammengetragen werden: zum Beispiel zur Erziehung junger Mädchen im antiken Rom, zur Stellung der Ehefrau, zu Sexualität und zur Geburt von Kindern, zur Entstehung des Prinzipats oder zur schwierigen Nachfolgeregelung. Die teilweise sehr ausführlichen Exkurse tragen manchmal neuere Forschungsergebnisse, vielfach aber nur konventionelles Handbuchwissen zusammen. Sie stehen überdies weitgehend isoliert für sich und überlassen es meist dem Leser, den Bezug zu Livia herzustellen.
Leider werden trotz des reißerischen Untertitels des Buches die besonderen Kommunikations- und Interaktionsbedingungen des kaiserlichen Hofes – und damit das entscheidende neue Handlungsfeld der Kaiserin – übergangen. Wichtige strukturelle Gegebenheiten, von den Wohnbedingungen der Kaiserfamilie auf dem Palatin bis hin zur ungewollten Politisierung der verwandtschaftlichen Beziehungen mit dem Kaiser, werden nur en passant oder gar nicht behandelt, ihr Erkenntniswert bei der Verknüpfung der Einzelinformationen über die Kaiserin wird nicht genutzt.
Geschlecht und doppelter Boden
Wohl auch deshalb bleibt das Bild, das von Livia entsteht, letztlich unschlüssig. Einerseits versucht die Autorin, mittels traditioneller Quellenkritik Hintergründe der feindlichen antiken Überlieferungen zu ermitteln, andererseits traut sie der Kaiserin den Mord am letzten Augustusenkel Agrippa zu und will nicht einmal ausschließen, dass Livia beim Tod des Augustus nachgeholfen hat. Einerseits erörtert sie die stereotypen römischen Geschlechterrollen, die eine machtvolle Kaiserin per se suspekt gemacht hätten, andererseits zitiert sie zustimmend das Urteil des Caligula, seine Urgroßmutter sei ein „Odysseus in Frauenkleidern” gewesen. Das Handeln der ersten römischen Kaiserin dürfte sich erst erschließen, wenn man die komplexen doppelbödigen aristokratischen Kommunikationsbedingungen, die sie offensichtlich bestens beherrschte, zum Thema macht. Man könnte auch sagen: Livia hat sich dieser materialreichen und in vielen Passagen auch informativen Biographie erfolgreich entzogen. ALOYS WINTERLING
CHRISTIANE KUNST: Livia. Macht und Intrigen am Hof des Augustus. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2008. 340 Seiten, 24,50 Euro.
Livia – Ehefrau des Augustus, Mutter des Kaisers Tiberius und höfische Kommunikationsexpertin Foto: AKG
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Hans-Albrecht Koch preist die Biografie, die Christiane Kunst nun von Livia Drusilla, der Frau des Kaisers Augustus, vorgelegt hat, als echten Gewinn. Seit Theodor Mommsen sehe man Livia, die "kalte Schönheit", in einem günstigen Licht, die Potsdamer Althistorikerin stelle dem nun eine sehr "differenzierte" Lebensbeschreibung gegenüber, so der Rezensent angetan. Besonders scheint es ihn zu befriedigen, dass Kunst der Kriminaltheorie, die Rolf Hochhuth in einer "durchaus nicht fiktional gemeinten" Erzählung über die intriganten Bemühungen der Kaiserin, den Sohn aus erster Ehe als Nachfolger des Augustus auf den Thron zu bringen, fundierte Argumente entgegenstellt. Dem interessanten Umstand, dass es Livia nach Augustus' Tod gelang, sich als Mutter des neuen Kaisers eine wichtige ideologische Rolle im Staat zu erhalten, werde in der Biografie ebenfalls viel Aufmerksamkeit geschenkt, stellt Koch eingenommen fest. Ein gelungenes Porträt einer klugen, zupackenden Frau, deren vorrangige Eigenschaft wohl die Unberechenbarkeit war, lobt ein sehr zufriedener Rezensent.

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