Wenn sich eine 18-Jährige statt einer Weltreise eine Brustvergrößerung wünscht, scheint etwas falsch gelaufen zu sein mit der Emanzipation. Die britische Publizistin Natasha Walter hat viele junge Frauen nach ihrem Selbstverständnis befragt. Die Antworten sind erschreckend. Zwar glauben die meisten Frauen, sie hätten ihr Leben und ihre Sexualität selbstbestimmt im Griff, in Wirklichkeit aber reduzieren sie sich immer mehr auf ihr Äußeres und sehen allein ihre Attraktivität als Schlüssel zum persönlichen Erfolg. Auf dieses Lolita-Schema werden die Mädchen schon in frühen Jahren festgelegt. Es gibt fast nur noch rosa Spielzeug für kleine Mädchen, süße "Prinzessinnen" tragen Miniröcke, hochhackige Schuhe und Lippenstift. Junge intelligente Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten lassen sich in Casting Shows öffentlich demütigen. Natasha Walters kritische Bestandsaufnahme schockiert, rüttelt wach und macht eine Auseinandersetzung mit diesem wieder erstarkenden aggressiven Sexismus unabdingbar.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
100. Weltfrauentag und dann das: Der Sexismus ist zurück. Noch schlimmer als diese ernüchternde Nachricht findet Rezensentin Verena Mayer allerdings dies: Die Frauen finden's offenkundig klasse, zumindest in England, wo die Feministin Natasha Walter für ihr Buch in Spielwarenläden und bei Glamour-Model Castings recherchiert hat. Was mit rosa Püppchen beginnt, erkennt Mayer einigermaßen fassungslos, endet als willige Onanie-Vorlage für Männer. So also sieht die Freiheit aus. Da kann die Rezensentin bloß hoffen, dass die Shell-Jugendstudie nicht geschönt wurde. Derzufolge nämlich wollen die meisten Jugendlichen in Deutschland lieber Familie und stabile Beziehungen anstatt Karriere als "Living Doll". Allerdings kommt die Autorin mit noch einer Hiobsbotschaft: Sexismus ist überall, in der Wissenschaft etwa. Wo und wie Walter z. B. dem biologischen Determinismus auf die Spur kommt, findet Mayer so gekonnt wie schockierend. Was wäre die Autorin doch für ein prächtiges Rollenmodell, aber nein, die Sexpuppe muss es sein.
© Perlentaucher Medien GmbH
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