A great supplemental text for the teaching of economics, this offers a clear perspective and a passion for a deeper understanding of the subject. Economics is not merely a game to be played by clever professionals, but a discipline that touches upon the most pressing practical issues at any historical juncture. Touching upon a variety of subjects - including market socialism, political economy, and economics education - it contains the wisdom of an expert in the field.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2012Mainstream oder Mainline?
Wie die Ökonomik wieder relevant werden kann
Die Anhänger der Austrian Economics werden von vielen Fachkollegen als methodisch rückständig und außerdem dogmatisch erstarrt angesehen. Dabei wird übersehen, dass sich in den Vereinigten Staaten über die letzten Jahrzehnte ein quicklebendiges Netzwerk aus Wissenschaftlern herausgebildet hat, welche das Forschungsprogramm der Österreichischen Schule auf verschiedensten Wegen weiterführen und es in der dortigen akademischen Welt zu einem beachtlichen Ansehen gebracht haben. Eine, wenn nicht gar die zentrale Figur dieser Renaissance ist Peter J. Boettke, Professor an der George Mason University in Fairfax, Virginia. Sein neustes Buch zeugt davon, dass er die Ökonomik für ein essentielles Fach hält, welches zwar aktuell wegen seiner methodischen Einseitigkeit und des oft fehlenden Realitätsbezugs die Gefahr der Irrelevanz läuft, welches aber einen jahrhundertelangen Kern besitzt, der - falls er wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zurückkehrt - eine Rettung der angeschlagenen Disziplin bringen kann.
Boettke ist nicht bereit, die reichhaltige Geschichte des ökonomischen Denkens im Allgemeinen und der Österreichischen Schule im Besonderen zu vernachlässigen. Im Gegenteil, "Living Economics" liest sich über längere Strecken wie eine faszinierende theoriegeschichtliche Analyse. Allerdings fällt zweierlei auf. Erstens werden bei weitem nicht nur "die üblichen Verdächtigen" behandelt, die man von einem "Austrian" erwarten würde. Die Personen, denen Boettke einzelne Kapitel widmet, sind breit gefächert und zeigen, welche vielfältigen Einflüsse auf seine Auffassung von Austrian Economics von Bedeutung sind, etwa aus dem Werk des Soziologen Peter Berger oder des interdisziplinären Grenzgängers Kenneth Boulding. Zweitens handelt es sich nicht um Hagiographien, sondern stets um kritische Auseinandersetzungen mit Denkern, die für das künftige Forschungsprogramm der Schule wichtige Impulse liefern können.
Der Band besteht aus über 20 Essays, von denen die meisten bereits erschienen sind. Allerdings ist es dem Autor gelungen, einen eindrucksvollen roten Faden zu spinnen, welcher dem Buch eine besondere Kohäsion gibt. Boettke versucht aufzuzeigen, dass zwei Zugänge zur Ökonomik herausgearbeitet werden können: "mainstream economics" sowie "mainline economics". Ihm geht es weniger darum, den Mainstream aus methodologischen oder epistemologischen Gründen zu kritisieren. Stattdessen setzt er sich zum Ziel, aus verschiedenen Denkern - von Thomas von Aquin bis James Buchanan - eine alternative Sicht auf soziale Phänomene zu synthetisieren, welche er mit dem Namen "mainline economics" belegt. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie den nach Besserung seiner Lebensumstände strebenden Menschen ohne heroische Annahmen modelliert, seine Interaktionen mit den Mitmenschen in den Mittelpunkt stellt und danach fragt, in welchem institutionellen Rahmen diese Handlungen zu einem Positivsummenspiel werden. Auch hier entspricht Boettke nicht dem gängigen Klischee, welches Austrians als Feinde des Staates darstellt. Durch das gesamte Buch zieht sich ein ordoliberales Plädoyer für die Notwendigkeit von Spielregeln, die allerdings nicht ausschließlich vom Staat kommen müssen, wie die Würdigung der Arbeit von Elinor und Vincent Ostrom zeigt.
Der Band ist leicht lesbar. Die meisten Essays sind so vielschichtig geschrieben, dass sowohl der ökonomisch gebildete Bürger als auch der Fachmann Anregungen erhalten können. Besonders richtet sich das Buch an ein spezielles "Kundensegment" der Ökonomik: an ihStudenten und Nachwuchswissenschaftler. Boettke will diese überzeugen, dass das Fach ein Faszinosum sein kann und dass auch und gerade Forschungsprogramme jenseits der gängigen Pfade vielversprechend sein können. Die Ökonomik darf nicht zu einer Monokultur werden. Sie hat immer von ihren Dissidenten profitiert, die nicht selten für Revolutionen gesorgt haben.
STEFAN KOLEV.
Der Verfasser ist Geschäftsführer des Wilhelm-Röpke-Instituts in Erfurt und Professor an der Westsächsischen Hochschule Zwickau.
Peter J. Boettke: Living Economics.
Independent Institute. Washington 2012. 456 Seiten. 26,95 Dollar
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie die Ökonomik wieder relevant werden kann
Die Anhänger der Austrian Economics werden von vielen Fachkollegen als methodisch rückständig und außerdem dogmatisch erstarrt angesehen. Dabei wird übersehen, dass sich in den Vereinigten Staaten über die letzten Jahrzehnte ein quicklebendiges Netzwerk aus Wissenschaftlern herausgebildet hat, welche das Forschungsprogramm der Österreichischen Schule auf verschiedensten Wegen weiterführen und es in der dortigen akademischen Welt zu einem beachtlichen Ansehen gebracht haben. Eine, wenn nicht gar die zentrale Figur dieser Renaissance ist Peter J. Boettke, Professor an der George Mason University in Fairfax, Virginia. Sein neustes Buch zeugt davon, dass er die Ökonomik für ein essentielles Fach hält, welches zwar aktuell wegen seiner methodischen Einseitigkeit und des oft fehlenden Realitätsbezugs die Gefahr der Irrelevanz läuft, welches aber einen jahrhundertelangen Kern besitzt, der - falls er wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zurückkehrt - eine Rettung der angeschlagenen Disziplin bringen kann.
Boettke ist nicht bereit, die reichhaltige Geschichte des ökonomischen Denkens im Allgemeinen und der Österreichischen Schule im Besonderen zu vernachlässigen. Im Gegenteil, "Living Economics" liest sich über längere Strecken wie eine faszinierende theoriegeschichtliche Analyse. Allerdings fällt zweierlei auf. Erstens werden bei weitem nicht nur "die üblichen Verdächtigen" behandelt, die man von einem "Austrian" erwarten würde. Die Personen, denen Boettke einzelne Kapitel widmet, sind breit gefächert und zeigen, welche vielfältigen Einflüsse auf seine Auffassung von Austrian Economics von Bedeutung sind, etwa aus dem Werk des Soziologen Peter Berger oder des interdisziplinären Grenzgängers Kenneth Boulding. Zweitens handelt es sich nicht um Hagiographien, sondern stets um kritische Auseinandersetzungen mit Denkern, die für das künftige Forschungsprogramm der Schule wichtige Impulse liefern können.
Der Band besteht aus über 20 Essays, von denen die meisten bereits erschienen sind. Allerdings ist es dem Autor gelungen, einen eindrucksvollen roten Faden zu spinnen, welcher dem Buch eine besondere Kohäsion gibt. Boettke versucht aufzuzeigen, dass zwei Zugänge zur Ökonomik herausgearbeitet werden können: "mainstream economics" sowie "mainline economics". Ihm geht es weniger darum, den Mainstream aus methodologischen oder epistemologischen Gründen zu kritisieren. Stattdessen setzt er sich zum Ziel, aus verschiedenen Denkern - von Thomas von Aquin bis James Buchanan - eine alternative Sicht auf soziale Phänomene zu synthetisieren, welche er mit dem Namen "mainline economics" belegt. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie den nach Besserung seiner Lebensumstände strebenden Menschen ohne heroische Annahmen modelliert, seine Interaktionen mit den Mitmenschen in den Mittelpunkt stellt und danach fragt, in welchem institutionellen Rahmen diese Handlungen zu einem Positivsummenspiel werden. Auch hier entspricht Boettke nicht dem gängigen Klischee, welches Austrians als Feinde des Staates darstellt. Durch das gesamte Buch zieht sich ein ordoliberales Plädoyer für die Notwendigkeit von Spielregeln, die allerdings nicht ausschließlich vom Staat kommen müssen, wie die Würdigung der Arbeit von Elinor und Vincent Ostrom zeigt.
Der Band ist leicht lesbar. Die meisten Essays sind so vielschichtig geschrieben, dass sowohl der ökonomisch gebildete Bürger als auch der Fachmann Anregungen erhalten können. Besonders richtet sich das Buch an ein spezielles "Kundensegment" der Ökonomik: an ihStudenten und Nachwuchswissenschaftler. Boettke will diese überzeugen, dass das Fach ein Faszinosum sein kann und dass auch und gerade Forschungsprogramme jenseits der gängigen Pfade vielversprechend sein können. Die Ökonomik darf nicht zu einer Monokultur werden. Sie hat immer von ihren Dissidenten profitiert, die nicht selten für Revolutionen gesorgt haben.
STEFAN KOLEV.
Der Verfasser ist Geschäftsführer des Wilhelm-Röpke-Instituts in Erfurt und Professor an der Westsächsischen Hochschule Zwickau.
Peter J. Boettke: Living Economics.
Independent Institute. Washington 2012. 456 Seiten. 26,95 Dollar
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main