Je bunter und ferner ein Land ist, um so weniger nimmt man es unter dem Dunstschleier seiner Folklore wahr. Mariachi-Guantanamera-Sombrero-Tortilla-Guacamole-Mexiko hat es da besonders schwer. Wieviel Stil und Eleganz hinter der mexikanischen Fassade steckt, zeigt dieser Bildband, und zwar im Wortsinn: Er blickt in einundzwanzig Privathäuser, die über das ganze Land verstreut und jedes für sich etwas Besonderes sind. Das gilt für das minimalistische Zuhause des Architekten Luis Barragán ebenso wie für das Barockrefuguim eines reichen Maispflanzers, den gongoresk-chaotischen Palast einer greisen amerikanischen Kunstsammlerin wie den spartanischen Charme luxuriös hergerichteter Maya-Hütten auf Yucatán. Fast nie sieht man Menschen, allenfalls ein paar dekorativ ins Bild drapierte Tiere, weil allein die Häuser die Stars sind. Und kein einziges Mal schaut man auf einen Schnappschuß, sondern immer auf eine Inneneinrichtungsinszenierung, bei der man den Eindruck hat, es sei gründlich aufgeräumt worden, bevor die Fotografen ans Werk gingen. Die Interieurs wirken daher wie Stilleben, manchmal wie konstruktivistische Gemälde, die Gärten mit ihren Bougainvilleas wie kunstvolle Zähmungen der Natur, und bei den Terrassen mit ihren Swimmingpools unter Jacarandas, deren Wasser fließend in die Weite des Ozeans überzugleiten scheint, wird man ganz melancholisch vor Neid. Denn man weiß, daß hier Menschen leben, die alles haben, also viel mehr als nur Geld. - Unsere Abbildung zeigt die Villa Sol de Oriente in Careyes.
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"Living in Mexico" von Barbara und René Stoeltie. Taschen Verlag, Köln 2004. 200 Seiten, zahlreiche Farbfotografien, Texte in Deutsch, Englisch und Französisch. Gebunden, 19,99 Euro. ISBN 3-8228-2890-4.
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