Die eine ist als Schriftstellerin bekannt geworden, die mit ihrem Libretto zu Gottfried von Einems Mysterienoper „Jesu Hochzeit“ einen handfesten Theaterskandal heraufbeschwor und sich seit den 1990er Jahren unaufhörlich mit dem Tod und den großen Fragen des Lebens auseinandersetzt; die andere ist als eine der interessantesten und vielseitigsten Malerinnen der österreichischen Gegenwartskunst bis heute präsent und in ein künstlerisches Netzwerk verwoben, das von Friederike Mayröcker und Renald Deppe bis hin zu Bodo Hell reicht. Die Rede ist von Lotte Ingrisch und Linde Waber. Dass die beiden aber nicht nur ihr diesjähriger runder Geburtstag verbindet, ist den allerwenigsten bekannt. Angefangen von ihrer Wohnadresse Gaußplatz 11 in Wien – wo sie zu unterschiedlichen Zeiten residierten – über ihre Vorliebe zur Natur und dem Waldviertel, eint diese beiden großen Frauen die Liebe zur Kunst, aber vor allem ihre gemeinsame Geschichte. Die Schriftstellerin Lotte Ingrisch und die bildende Künstlerin Linde Waber sind mehr als Freundinnen, sie sind Schwestern. Der vorliegende Band versammelt alte und möglicherweise in Vergessenheit geratene Erzählungen und Texte, Libretti und Theaterstücke von Lotte Ingrisch, inklusive Auszüge aus zwei Kriminalromanen. In Dialog dazu treten kraftvolle Zeichnungen und Holzschnitte von Linde Waber, die in ihrer Wohnung am Gaußplatz in Wien oder in ihrem Haus und Garten in Zwettl entstanden sind. Können die Texte von Ingrisch als Fragen an ihre Leserschaft, an das Jenseits oder an ihren verstorbenen Mann, Gottfried von Einem, gelesen werden, so geben Linde Wabers Bilder, die in ihrer Einzigartigkeit und Wandelbarkeit auf die gemeinsam erlebte Vergangenheit zurückblicken, Antworten darauf.