Eine große Persönlichkeit, ein facettenreiches Leben. Loki Schmidts Geschichte spannt einen weiten Bogen: von der Herkunft aus einfachen Verhältnissen bis zu der Zeit als Kanzlergattin, von den vielen Reisen in die Ferne bis hin zum Eintreten für den Naturschutz. Eine sympathische und beeindruckende Autobiografie.
Bereitschaft zum Lernen und die Liebe zur Natur prägen Hannelore - "Loki" - Schmidts Werdegang. Er führte sie aus einer Arbeiterfamilie an der Seite ihres Mannes Helmut in die Sphären der hohen Politik, und aus Hamburg-Hammerbrook bis nach Nordborneo, zu den Galapagos-Inseln und anderen exotischen Zielen.
Mit der ihr eigenen Natürlichkeit erzählt Loki Schmidt aus einem Leben voller Kontraste. Sie schildert die Mühen einer jungen Lehrerin und die Nöte der Mutter eines todkranken Kindes in den Wirren des Krieges ebenso eindringlich wie die Herausforderungen, die an die Frau eines Bundeskanzlers gestellt wurden. Loki Schmidts Freude am Abenteuer teilt sich anschaulich mitnn sie ihre meist beschwerlichen Expeditionen in die Ferne Revue passieren lässt. Und die anerkannte Botanikerin erzählt unnachahmlich davon, wie Mut, Ausdauer und Entdeckerlust Erfüllung bringen können. Mit der von ihr gegründeten "Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen" verlieh sie ihrem lebenslangen Eintreten für die natürliche Umwelt Nachhaltigkeit. Bis heute ist dieses Engagement ungebrochen und brachte ihr Respekt und zahlreiche Auszeichnungen ein.
Bereitschaft zum Lernen und die Liebe zur Natur prägen Hannelore - "Loki" - Schmidts Werdegang. Er führte sie aus einer Arbeiterfamilie an der Seite ihres Mannes Helmut in die Sphären der hohen Politik, und aus Hamburg-Hammerbrook bis nach Nordborneo, zu den Galapagos-Inseln und anderen exotischen Zielen.
Mit der ihr eigenen Natürlichkeit erzählt Loki Schmidt aus einem Leben voller Kontraste. Sie schildert die Mühen einer jungen Lehrerin und die Nöte der Mutter eines todkranken Kindes in den Wirren des Krieges ebenso eindringlich wie die Herausforderungen, die an die Frau eines Bundeskanzlers gestellt wurden. Loki Schmidts Freude am Abenteuer teilt sich anschaulich mitnn sie ihre meist beschwerlichen Expeditionen in die Ferne Revue passieren lässt. Und die anerkannte Botanikerin erzählt unnachahmlich davon, wie Mut, Ausdauer und Entdeckerlust Erfüllung bringen können. Mit der von ihr gegründeten "Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen" verlieh sie ihrem lebenslangen Eintreten für die natürliche Umwelt Nachhaltigkeit. Bis heute ist dieses Engagement ungebrochen und brachte ihr Respekt und zahlreiche Auszeichnungen ein.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Claus Heinrich Meyer hat sich grausam amüsiert bei Loki Schmidts diktierten Erinnerungen. Für den Rezensenten ist hier gar ein Buch neuen Typs geboren worden: "Unzucht mit Abhängigen in ihrer lustigsten Form." Der Abhängige ist der ZEIT-Reporter Dieter Buhl, der abkommandiert wurde, wie der Rezensent vermutet, um sich von der Frau des Herausgebers ihr Leben erzählen zu lassen. Das Gespräch der Beiden ist in diesem Buch abgedruckt worden, und Meyer sieht darin einen "einzigartigen Dialog", ein "2-Personenstück für eine muntere Kanzlergattin und ihren persönlichen Einwerfer, Satz-Ergänzer, Verständnis-Fragesteller - das Ganze von Biolek'schem Format". Und als wäre es nicht genug, zitiert Meyer auch noch genüsslich die besten - oder lachhaftesten - Stellen, wenn Buhl mal bewundernd, mal schaudernd fragt oder sich auf "Intimfährte" wähnt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.12.2003Skat, Pflanzen, Helmut
Loki Schmidt hat ihre Erinnerungen diktiert
LOKI SCHMIDT (mit Dieter Buhl): Loki. Hoffmann & Campe, Hamburg 2003. 368 Seiten, 21,90 Euro.
Im Falle dieses Buches scheint es unvermeidlich, an einige Grundzüge der Schriftstellerei zu erinnern. Wie kommen unsere Bücher zustande? Wie entsteht „Inhalt” zwischen zwei Buchdeckeln? Vor Zeiten wäre lediglich eine Antwort möglich gewesen: Man zog sich zurück, schrieb, was man erdacht hatte, mit der Hand auf oder vertraute sich klappernden Schreibmaschinen an. Ein mühevoller, letztlich qualitätsstiftender Zyklus. Wer solche Isolationsfolter nicht aushält, nimmt Zuflucht zum Diktat „in die Maschine”. Zuletzt kam das Schreibenlassen in Mode: Man heuert professionelle Kräfte an, welche aus Tonbändern und Terminkalendern gemäß den Wünschen des Kunden die Lebenserinnerungen basteln. Eine weitere moderne Möglichkeit, Bücher zu zeugen, bietet das protokollierte Gespräch, welches am Ende lediglich „abgeschrieben” zu werden braucht. Doch davon später mehr.
An dieser Stelle der Einführung begegnen wir einem relativen Bestseller: Hannelore – sprich: Loki – Schmidt „er-zählt aus ihrem Leben”. Dreihundert-achtundsechzig Seiten lang. Loki ist vierundachtzig mittlerweile, verehelicht seit einundsechzig Jahren mit Helmut Schmidt, ehedem „legendärer” Bundeskanzler, großer Polemiker, bedeutender Rhetor. Heute Herausgeber der ZEIT. Loki Schmidt ist ein fabelhaft eigenständiger Mensch, ein angenehmer Typus hanseatisch-preußischen Zuschnitts, welcher sich nicht übermäßig wichtig nimmt: pflichtbewusst, hilfsbereit, unsentimental, beherzt, nicht zimperlich, als junges Mädchen ein „wüster Schläger” (Eigenlob). Und wenn die Umstände wieder mal nicht so waren: Weder Krieg noch Autoritäten noch giftige Schlangen noch ihr Helmut haben Loki das Fürchten gelehrt. Außerdem: Sie ist eine sehr gute Skatspielerin.
Hannelore Schmidt, aus kleinen Hamburger Verhältnissen stammend, war Lehrerin und entdeckte früh ihre stille Leidenschaft, die Naturbeobachtung, insbesondere die Welt der Pflanzen. 1973 wurde Loki Schmidt „Kanzlergattin”, wie sie sich, hoffentlich ironisch, selbst apostrophiert. Dieses Privilegium ideell und immateriell nutzend, gründete sie eine Stiftung zum Schutz bedrohter Pflanzen. Zwischendurch sieht man sie in ihrem Nebenberuf als protokoll-relevante Person an der Seite ihres Helmut neben Präsident Ford, Kaiser Hirohito, König Juan Carlos. Etcetera.
Ein starkes Stück Leben, würde der Talkmaster sagen. Bestimmt mitteilenswert, aber wie? Loki Schmidt, wie erwähnt, ist vierundachtzig, nicht die Geduldigste, selbst schreiben bei solcher Fülle verbietet sich, die Zeit verrinnt fürchterlich. Das Sinnen der Schmidts mag oft hin und her gegangen sein, bis ihnen die Erleuchtung kam: Wir haben da doch diesen anständigen jungen Mann im Geschäft. . . So kam es wohl, dass der ZEIT-Redakteur Dieter Buhl ins Schmidt’sche Reihenhaus bestellt wurde und Loki, Frau seines Herausgebers, Mal um Mal fürs Buch interviewen durfte. Dieses Spiel ist wörtlich gedruckt worden, ein einzigartiger Dialog, nein, ein 2-Personenstück für eine muntere Kanzlergattin und ihren persönlichen Einwerfer, Satz-Ergänzer, Verständnis-Fragesteller – das Ganze von Biolek'schem Format.
Das funktioniert dann so: In Lokis elterlicher Wohnung war’s ziemlich voll. Dazu Buhl: „Gab es in der Enge keine Friktionen?” Buhl an anderer Stelle über Loki: „Ein solches Gedächtnis ist beneidenswert. Auf welche Proben wurde Ihr Gerechtigkeitssinn denn im Arbeitsdienst gestellt?” Loki erzählt: „Dann habe ich mich hingesetzt und das (Fischer-)Netz geflickt.” Buhl (bewundernd): „Zum Staunen aller.” Loki: „Immerhin war ich ja noch Kanzlergattin.” Loki an Buhl: „Also wenn Sie das nicht mitschreiben – Sie kennen Helmut ja auch ganz gut. . ..”
Loki über die Kinderlandverschickung: „. . . merkte ich, dass meine Mädchen sich pausenlos kratzten. Sie hatten alle Läuse. Ich hatte noch nie im Leben eine Laus gesehen.” Buhl (schaudernd): „Auch das noch.” Buhl, einen Vorfall aus der Kinderlandverschickung kommentierend: „Alles im Leben ist relativ.” Buhl über den März 1945: „Die verworrenste Zeit seit dem 30-jährigen Krieg.” Buhl auf der Intimfährte: „Wer hat denn, die Frage stellt sich automatisch, im Hause Schmidt die Hosen an?” Buhl über ein Damenprogramm der Kanzlergattin: „Das Gute liegt oft so nah.”
Die Frage stellt sich automatisch, wie ein Leser solche Spielchen über 368 Seiten aushält, gut gewillt einerseits, den Erzählungen Lokis zu folgen – anderseits und insgeheim atemlos auf Buhls nächste Streiche wartend. Ein Buch neuen Typs ist geboren: Unzucht mit Abhängigen in ihrer lustigsten Form.
CLAUS HEINRICH MEYER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Loki Schmidt hat ihre Erinnerungen diktiert
LOKI SCHMIDT (mit Dieter Buhl): Loki. Hoffmann & Campe, Hamburg 2003. 368 Seiten, 21,90 Euro.
Im Falle dieses Buches scheint es unvermeidlich, an einige Grundzüge der Schriftstellerei zu erinnern. Wie kommen unsere Bücher zustande? Wie entsteht „Inhalt” zwischen zwei Buchdeckeln? Vor Zeiten wäre lediglich eine Antwort möglich gewesen: Man zog sich zurück, schrieb, was man erdacht hatte, mit der Hand auf oder vertraute sich klappernden Schreibmaschinen an. Ein mühevoller, letztlich qualitätsstiftender Zyklus. Wer solche Isolationsfolter nicht aushält, nimmt Zuflucht zum Diktat „in die Maschine”. Zuletzt kam das Schreibenlassen in Mode: Man heuert professionelle Kräfte an, welche aus Tonbändern und Terminkalendern gemäß den Wünschen des Kunden die Lebenserinnerungen basteln. Eine weitere moderne Möglichkeit, Bücher zu zeugen, bietet das protokollierte Gespräch, welches am Ende lediglich „abgeschrieben” zu werden braucht. Doch davon später mehr.
An dieser Stelle der Einführung begegnen wir einem relativen Bestseller: Hannelore – sprich: Loki – Schmidt „er-zählt aus ihrem Leben”. Dreihundert-achtundsechzig Seiten lang. Loki ist vierundachtzig mittlerweile, verehelicht seit einundsechzig Jahren mit Helmut Schmidt, ehedem „legendärer” Bundeskanzler, großer Polemiker, bedeutender Rhetor. Heute Herausgeber der ZEIT. Loki Schmidt ist ein fabelhaft eigenständiger Mensch, ein angenehmer Typus hanseatisch-preußischen Zuschnitts, welcher sich nicht übermäßig wichtig nimmt: pflichtbewusst, hilfsbereit, unsentimental, beherzt, nicht zimperlich, als junges Mädchen ein „wüster Schläger” (Eigenlob). Und wenn die Umstände wieder mal nicht so waren: Weder Krieg noch Autoritäten noch giftige Schlangen noch ihr Helmut haben Loki das Fürchten gelehrt. Außerdem: Sie ist eine sehr gute Skatspielerin.
Hannelore Schmidt, aus kleinen Hamburger Verhältnissen stammend, war Lehrerin und entdeckte früh ihre stille Leidenschaft, die Naturbeobachtung, insbesondere die Welt der Pflanzen. 1973 wurde Loki Schmidt „Kanzlergattin”, wie sie sich, hoffentlich ironisch, selbst apostrophiert. Dieses Privilegium ideell und immateriell nutzend, gründete sie eine Stiftung zum Schutz bedrohter Pflanzen. Zwischendurch sieht man sie in ihrem Nebenberuf als protokoll-relevante Person an der Seite ihres Helmut neben Präsident Ford, Kaiser Hirohito, König Juan Carlos. Etcetera.
Ein starkes Stück Leben, würde der Talkmaster sagen. Bestimmt mitteilenswert, aber wie? Loki Schmidt, wie erwähnt, ist vierundachtzig, nicht die Geduldigste, selbst schreiben bei solcher Fülle verbietet sich, die Zeit verrinnt fürchterlich. Das Sinnen der Schmidts mag oft hin und her gegangen sein, bis ihnen die Erleuchtung kam: Wir haben da doch diesen anständigen jungen Mann im Geschäft. . . So kam es wohl, dass der ZEIT-Redakteur Dieter Buhl ins Schmidt’sche Reihenhaus bestellt wurde und Loki, Frau seines Herausgebers, Mal um Mal fürs Buch interviewen durfte. Dieses Spiel ist wörtlich gedruckt worden, ein einzigartiger Dialog, nein, ein 2-Personenstück für eine muntere Kanzlergattin und ihren persönlichen Einwerfer, Satz-Ergänzer, Verständnis-Fragesteller – das Ganze von Biolek'schem Format.
Das funktioniert dann so: In Lokis elterlicher Wohnung war’s ziemlich voll. Dazu Buhl: „Gab es in der Enge keine Friktionen?” Buhl an anderer Stelle über Loki: „Ein solches Gedächtnis ist beneidenswert. Auf welche Proben wurde Ihr Gerechtigkeitssinn denn im Arbeitsdienst gestellt?” Loki erzählt: „Dann habe ich mich hingesetzt und das (Fischer-)Netz geflickt.” Buhl (bewundernd): „Zum Staunen aller.” Loki: „Immerhin war ich ja noch Kanzlergattin.” Loki an Buhl: „Also wenn Sie das nicht mitschreiben – Sie kennen Helmut ja auch ganz gut. . ..”
Loki über die Kinderlandverschickung: „. . . merkte ich, dass meine Mädchen sich pausenlos kratzten. Sie hatten alle Läuse. Ich hatte noch nie im Leben eine Laus gesehen.” Buhl (schaudernd): „Auch das noch.” Buhl, einen Vorfall aus der Kinderlandverschickung kommentierend: „Alles im Leben ist relativ.” Buhl über den März 1945: „Die verworrenste Zeit seit dem 30-jährigen Krieg.” Buhl auf der Intimfährte: „Wer hat denn, die Frage stellt sich automatisch, im Hause Schmidt die Hosen an?” Buhl über ein Damenprogramm der Kanzlergattin: „Das Gute liegt oft so nah.”
Die Frage stellt sich automatisch, wie ein Leser solche Spielchen über 368 Seiten aushält, gut gewillt einerseits, den Erzählungen Lokis zu folgen – anderseits und insgeheim atemlos auf Buhls nächste Streiche wartend. Ein Buch neuen Typs ist geboren: Unzucht mit Abhängigen in ihrer lustigsten Form.
CLAUS HEINRICH MEYER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2003Nicht immer leicht
HANNELORE SCHMIDT hatte eigentlich Naturforscherin werden wollen. Weil sich aber ein Studium der Biologie damals nicht finanzieren ließ, wurde sie Volks- und Realschullehrerin. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte sich das als günstige Fügung erweisen, war "Loki" - wie man sie schon als Kind nannte - doch so in der Lage, sich und ihren 1942 angetrauten Ehemann Helmut zu ernähren, der nach Krieg und Gefangenschaft erst einmal einen Beruf erlernen mußte. Das ist jetzt im Protokoll eines langen Gesprächs nachzulesen, das Hannelore Schmidt mit dem Hamburger Journalisten Dieter Buhl geführt hat und das in manchem an das Gespräch ihres Mannes mit Sandra Maischberger erinnert (F.A.Z. vom 17. April 2002). Naturgemäß geht es in "Lokis" Erinnerungen, denn um solche handelt es sich auch hier, allenfalls am Rande um Politik. Im Vordergrund stehen ihre Reisen und ihr Engagement für den Naturschutz, um den sich die Kanzlergattin schon bemühte, als "es einen Umweltminister oder die Partei der Grünen" noch gar nicht gab. Vor allem aber spricht sie, ähnlich wie zuvor ihr Mann, offen und nicht selten in bewegenden Worten über ihr langes Leben - die Kindheit und die Jugend, den Krieg und die Nachkriegszeit, die späten sportlichen und akademischen Ehren und die frühen Leiden: Sechs Fehlgeburten und ein nach wenigen Tagen verstorbener Junge haben sie geprägt. "Ich konnte nur daneben sitzen, ich konnte nichts machen - außer mal seine Stirn abzuwischen." Auch das "gehört zu meinem Leben dazu, man muß ganz schön schlucken". Natürlich ist auch von ihrem Mann die Rede, zwar eher am Rande, aber doch erhellend: "Also wenn Sie das nicht mitschreiben. . . . Er braucht eigentlich immer jemanden, der im Hintergrund die sozialen Verbindungen etwas enger knüpft." Das war auch in den langen Bonner Jahren so, und aus diesem Blickwinkel erfährt der Leser dann doch einiges über das nicht immer leichte Leben einer Minister- und Kanzlergattin im allgemeinen, der Ehefrau Helmut Schmidts im besonderen: "Mein Argument ist immer: Wenn ein Mann vierzehn, fünfzehn, sechzehn Stunden am Tag arbeitet, muß man ihm etwas abnehmen, sonst kann er das nicht leisten. . . . Außerdem halte ich von der gegenseitigen Erziehung in der Ehe gar nichts. Man hat schließlich jemanden geheiratet, weil er so ist, wie er ist." Ein wohltuend authentisches, ein ehrliches, ein sympathisches Buch. (Loki. Hannelore Schmidt erzählt aus ihrem Leben. Im Gespräch mit Dieter Buhl. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003. 368 Seiten, 21,90 [Euro].)
GREGOR SCHÖLLGEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
HANNELORE SCHMIDT hatte eigentlich Naturforscherin werden wollen. Weil sich aber ein Studium der Biologie damals nicht finanzieren ließ, wurde sie Volks- und Realschullehrerin. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte sich das als günstige Fügung erweisen, war "Loki" - wie man sie schon als Kind nannte - doch so in der Lage, sich und ihren 1942 angetrauten Ehemann Helmut zu ernähren, der nach Krieg und Gefangenschaft erst einmal einen Beruf erlernen mußte. Das ist jetzt im Protokoll eines langen Gesprächs nachzulesen, das Hannelore Schmidt mit dem Hamburger Journalisten Dieter Buhl geführt hat und das in manchem an das Gespräch ihres Mannes mit Sandra Maischberger erinnert (F.A.Z. vom 17. April 2002). Naturgemäß geht es in "Lokis" Erinnerungen, denn um solche handelt es sich auch hier, allenfalls am Rande um Politik. Im Vordergrund stehen ihre Reisen und ihr Engagement für den Naturschutz, um den sich die Kanzlergattin schon bemühte, als "es einen Umweltminister oder die Partei der Grünen" noch gar nicht gab. Vor allem aber spricht sie, ähnlich wie zuvor ihr Mann, offen und nicht selten in bewegenden Worten über ihr langes Leben - die Kindheit und die Jugend, den Krieg und die Nachkriegszeit, die späten sportlichen und akademischen Ehren und die frühen Leiden: Sechs Fehlgeburten und ein nach wenigen Tagen verstorbener Junge haben sie geprägt. "Ich konnte nur daneben sitzen, ich konnte nichts machen - außer mal seine Stirn abzuwischen." Auch das "gehört zu meinem Leben dazu, man muß ganz schön schlucken". Natürlich ist auch von ihrem Mann die Rede, zwar eher am Rande, aber doch erhellend: "Also wenn Sie das nicht mitschreiben. . . . Er braucht eigentlich immer jemanden, der im Hintergrund die sozialen Verbindungen etwas enger knüpft." Das war auch in den langen Bonner Jahren so, und aus diesem Blickwinkel erfährt der Leser dann doch einiges über das nicht immer leichte Leben einer Minister- und Kanzlergattin im allgemeinen, der Ehefrau Helmut Schmidts im besonderen: "Mein Argument ist immer: Wenn ein Mann vierzehn, fünfzehn, sechzehn Stunden am Tag arbeitet, muß man ihm etwas abnehmen, sonst kann er das nicht leisten. . . . Außerdem halte ich von der gegenseitigen Erziehung in der Ehe gar nichts. Man hat schließlich jemanden geheiratet, weil er so ist, wie er ist." Ein wohltuend authentisches, ein ehrliches, ein sympathisches Buch. (Loki. Hannelore Schmidt erzählt aus ihrem Leben. Im Gespräch mit Dieter Buhl. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003. 368 Seiten, 21,90 [Euro].)
GREGOR SCHÖLLGEN
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