Loki Schmidt erzählt ihr facettenreiches Leben. Sie beschreibt ihren Weg aus einer Arbeiterfamilie bis zur Kanzlergattin an der Seite ihres Mannes Helmut, berichtet von ihrer Arbeit für die von ihr gegründete Stiftung Naturschutz Hamburg und für die Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen. Eine sympathische und beeindruckende Autobiografie.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2003Nicht immer leicht
HANNELORE SCHMIDT hatte eigentlich Naturforscherin werden wollen. Weil sich aber ein Studium der Biologie damals nicht finanzieren ließ, wurde sie Volks- und Realschullehrerin. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte sich das als günstige Fügung erweisen, war "Loki" - wie man sie schon als Kind nannte - doch so in der Lage, sich und ihren 1942 angetrauten Ehemann Helmut zu ernähren, der nach Krieg und Gefangenschaft erst einmal einen Beruf erlernen mußte. Das ist jetzt im Protokoll eines langen Gesprächs nachzulesen, das Hannelore Schmidt mit dem Hamburger Journalisten Dieter Buhl geführt hat und das in manchem an das Gespräch ihres Mannes mit Sandra Maischberger erinnert (F.A.Z. vom 17. April 2002). Naturgemäß geht es in "Lokis" Erinnerungen, denn um solche handelt es sich auch hier, allenfalls am Rande um Politik. Im Vordergrund stehen ihre Reisen und ihr Engagement für den Naturschutz, um den sich die Kanzlergattin schon bemühte, als "es einen Umweltminister oder die Partei der Grünen" noch gar nicht gab. Vor allem aber spricht sie, ähnlich wie zuvor ihr Mann, offen und nicht selten in bewegenden Worten über ihr langes Leben - die Kindheit und die Jugend, den Krieg und die Nachkriegszeit, die späten sportlichen und akademischen Ehren und die frühen Leiden: Sechs Fehlgeburten und ein nach wenigen Tagen verstorbener Junge haben sie geprägt. "Ich konnte nur daneben sitzen, ich konnte nichts machen - außer mal seine Stirn abzuwischen." Auch das "gehört zu meinem Leben dazu, man muß ganz schön schlucken". Natürlich ist auch von ihrem Mann die Rede, zwar eher am Rande, aber doch erhellend: "Also wenn Sie das nicht mitschreiben. . . . Er braucht eigentlich immer jemanden, der im Hintergrund die sozialen Verbindungen etwas enger knüpft." Das war auch in den langen Bonner Jahren so, und aus diesem Blickwinkel erfährt der Leser dann doch einiges über das nicht immer leichte Leben einer Minister- und Kanzlergattin im allgemeinen, der Ehefrau Helmut Schmidts im besonderen: "Mein Argument ist immer: Wenn ein Mann vierzehn, fünfzehn, sechzehn Stunden am Tag arbeitet, muß man ihm etwas abnehmen, sonst kann er das nicht leisten. . . . Außerdem halte ich von der gegenseitigen Erziehung in der Ehe gar nichts. Man hat schließlich jemanden geheiratet, weil er so ist, wie er ist." Ein wohltuend authentisches, ein ehrliches, ein sympathisches Buch. (Loki. Hannelore Schmidt erzählt aus ihrem Leben. Im Gespräch mit Dieter Buhl. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003. 368 Seiten, 21,90 [Euro].)
GREGOR SCHÖLLGEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
HANNELORE SCHMIDT hatte eigentlich Naturforscherin werden wollen. Weil sich aber ein Studium der Biologie damals nicht finanzieren ließ, wurde sie Volks- und Realschullehrerin. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte sich das als günstige Fügung erweisen, war "Loki" - wie man sie schon als Kind nannte - doch so in der Lage, sich und ihren 1942 angetrauten Ehemann Helmut zu ernähren, der nach Krieg und Gefangenschaft erst einmal einen Beruf erlernen mußte. Das ist jetzt im Protokoll eines langen Gesprächs nachzulesen, das Hannelore Schmidt mit dem Hamburger Journalisten Dieter Buhl geführt hat und das in manchem an das Gespräch ihres Mannes mit Sandra Maischberger erinnert (F.A.Z. vom 17. April 2002). Naturgemäß geht es in "Lokis" Erinnerungen, denn um solche handelt es sich auch hier, allenfalls am Rande um Politik. Im Vordergrund stehen ihre Reisen und ihr Engagement für den Naturschutz, um den sich die Kanzlergattin schon bemühte, als "es einen Umweltminister oder die Partei der Grünen" noch gar nicht gab. Vor allem aber spricht sie, ähnlich wie zuvor ihr Mann, offen und nicht selten in bewegenden Worten über ihr langes Leben - die Kindheit und die Jugend, den Krieg und die Nachkriegszeit, die späten sportlichen und akademischen Ehren und die frühen Leiden: Sechs Fehlgeburten und ein nach wenigen Tagen verstorbener Junge haben sie geprägt. "Ich konnte nur daneben sitzen, ich konnte nichts machen - außer mal seine Stirn abzuwischen." Auch das "gehört zu meinem Leben dazu, man muß ganz schön schlucken". Natürlich ist auch von ihrem Mann die Rede, zwar eher am Rande, aber doch erhellend: "Also wenn Sie das nicht mitschreiben. . . . Er braucht eigentlich immer jemanden, der im Hintergrund die sozialen Verbindungen etwas enger knüpft." Das war auch in den langen Bonner Jahren so, und aus diesem Blickwinkel erfährt der Leser dann doch einiges über das nicht immer leichte Leben einer Minister- und Kanzlergattin im allgemeinen, der Ehefrau Helmut Schmidts im besonderen: "Mein Argument ist immer: Wenn ein Mann vierzehn, fünfzehn, sechzehn Stunden am Tag arbeitet, muß man ihm etwas abnehmen, sonst kann er das nicht leisten. . . . Außerdem halte ich von der gegenseitigen Erziehung in der Ehe gar nichts. Man hat schließlich jemanden geheiratet, weil er so ist, wie er ist." Ein wohltuend authentisches, ein ehrliches, ein sympathisches Buch. (Loki. Hannelore Schmidt erzählt aus ihrem Leben. Im Gespräch mit Dieter Buhl. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003. 368 Seiten, 21,90 [Euro].)
GREGOR SCHÖLLGEN
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