Produktdetails
- Verlag: Scalo
- 2nd ed.
- Seitenzahl: 126
- Englisch
- Abmessung: 245mm
- Gewicht: 828g
- ISBN-13: 9783908247678
- ISBN-10: 3908247675
- Artikelnr.: 11408663
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.07.2003Ein Land in einem Stück Stoff: Robert Frank in London und Wales
Sein Gang macht einen Menschen unverwechselbar - eine Erkenntnis, die sich inzwischen sogar die Geheimdienste zunutze machen wollen. Der amerikanische Fotograf Robert Frank beobachtet Leute auf der Straße, elegant gekleidete Männer, die sich von der Kamera abzuwenden, wegzugehen scheinen - und fängt anhand ihrer Bewegung ein Land in Melancholie ein. Zwischen 1949 und 1953 kehrte Frank wiederholt aus New York in seine europäische Heimat zurück. Die Aufnahmen, die bei Streifzügen durch London und Wales entstanden, zeigen ein Land, dessen Bewohner nur widerwillig mit der Gegenwart Schritt zu halten scheinen. An Bushaltestellen und im Park, bei Kundgebungen und ins Gespräch vertieft, zeigt Frank Londoner, die immer einen Halt suchen: Da umarmt einer im Hyde Park einen Baum, ein anderer schleppt seinen Kontrabaß die Stufen aus der U-Bahn hoch, ein dritter klammert sich an seinen Spazierstock. Vor allem die Banker faszinierten Frank, wie sie in ihren langen Mänteln, Zylinder oder Melone auf dem Haupt, Regenschirm in der Hand, durch die stillen, nebligen Straßen der Londoner City hasten, nicht nach rechts oder links schauend, wo das Elend der Kohlelieferanten ihnen ins Gesicht springen müßte. Während die abgerissenen Arbeiter im walisischen Kohlebergwerk von Careau im Ruß und Dreck Zufriedenheit und Lebensfreude ausstrahlen, wirken die Gentlemen mit ihren chauffeurgesteuerten Bentleys steif wie Ladestöcke. Teilnahmslos gleiten sie durch den Nebel, gepanzert durch den Stoff ihrer Anzüge. Der poetische Realismus, den sein britisches Projekt auszeichnet, sollte Robert Frank wenige Jahre später mit seiner Dokumentation "The Americans" berühmt machen. (Robert Frank: "London/Wales". Mit einer Einführung von Philip Brookman. Scalo Verlag, Zürich 2003. 128 S., 90 Abb., geb., 47,50 [Euro].)
fvl
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sein Gang macht einen Menschen unverwechselbar - eine Erkenntnis, die sich inzwischen sogar die Geheimdienste zunutze machen wollen. Der amerikanische Fotograf Robert Frank beobachtet Leute auf der Straße, elegant gekleidete Männer, die sich von der Kamera abzuwenden, wegzugehen scheinen - und fängt anhand ihrer Bewegung ein Land in Melancholie ein. Zwischen 1949 und 1953 kehrte Frank wiederholt aus New York in seine europäische Heimat zurück. Die Aufnahmen, die bei Streifzügen durch London und Wales entstanden, zeigen ein Land, dessen Bewohner nur widerwillig mit der Gegenwart Schritt zu halten scheinen. An Bushaltestellen und im Park, bei Kundgebungen und ins Gespräch vertieft, zeigt Frank Londoner, die immer einen Halt suchen: Da umarmt einer im Hyde Park einen Baum, ein anderer schleppt seinen Kontrabaß die Stufen aus der U-Bahn hoch, ein dritter klammert sich an seinen Spazierstock. Vor allem die Banker faszinierten Frank, wie sie in ihren langen Mänteln, Zylinder oder Melone auf dem Haupt, Regenschirm in der Hand, durch die stillen, nebligen Straßen der Londoner City hasten, nicht nach rechts oder links schauend, wo das Elend der Kohlelieferanten ihnen ins Gesicht springen müßte. Während die abgerissenen Arbeiter im walisischen Kohlebergwerk von Careau im Ruß und Dreck Zufriedenheit und Lebensfreude ausstrahlen, wirken die Gentlemen mit ihren chauffeurgesteuerten Bentleys steif wie Ladestöcke. Teilnahmslos gleiten sie durch den Nebel, gepanzert durch den Stoff ihrer Anzüge. Der poetische Realismus, den sein britisches Projekt auszeichnet, sollte Robert Frank wenige Jahre später mit seiner Dokumentation "The Americans" berühmt machen. (Robert Frank: "London/Wales". Mit einer Einführung von Philip Brookman. Scalo Verlag, Zürich 2003. 128 S., 90 Abb., geb., 47,50 [Euro].)
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2003Behutsam trägt der Cellist sein schweres Instrument aus dem U-Bahnschacht hinauf in die Londoner Nacht. Die Pendler sind längst daheim, niemand wird ihm nun noch Kleingeld in den Hut werfen. Die City und die Arbeit unter Tage: Das Bild schlägt eine Brücke zwischen den Bankern der Londoner City und den waliser Bergarbeitern, die Robert Frank Anfang der fünfziger Jahre fotografierte. Entstanden sind Fotos, mit denen er versucht, zu zeigen, was im Verborgenen liegt. Ob bei Banker oder Bergarbeiter. (Robert Frank: London/Wales. Scalo, Zürich 2003. 126 Seiten, 47,50 Euro.)
anme
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Robert Franks englische Fotografien, die Philip Brookman nun unter dem Titel "London/Wales" herausgegeben hat, signalisieren für Rezensent Ulf Erdmann Ziegler einen "Abschied von Europa". Wie Ziegler berichtet, folgt der Band der ebenso "simplen" wie "schlüssigen" Idee, dass Frank im Londoner Börsendistrikt "die Reichen" und im walisischen Careau "die Armen" fotografierte. "Betörend" an der Kombination der Motive findet Ziegler, "dass es in London nie ganz Tag wird, während Wales atmosphärisch untertage bleibt". Frank, erklärt Ziegler, wollte weg von der "eleganten und eloquenten" Fotografie seiner Zeitgenossen. Seine walisischen Fotografien vom März 1953 markieren Ziegler zufolge seinen Abschied von Europa. Kurz darauf ging Frank nach Amerika, wo er mit seinen Fotografien ein eindringliches Bild der "Amerikaner" geschaffen hat. Damit dokumentiert "London/Wales" Franks letzten Versuch in einer Bildästhetik, so Ziegler, "die sich entweder zur Vignette schließt oder zur Anekdote hin öffnet".
© Perlentaucher Medien GmbH
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