'Heartbreak, wistfulness, cracking dialogue . . . This is Tóibín at his best' - The Times
'A masterful novel full of longing and regret . . . Intensely moving and yet full of restraint' - Douglas Stuart, author of Shuggie Bain
OPRAH'S BOOK CLUB PICK
AS HEARD ON BBC RADIO 4
Long Island is Colm Tóibín's masterpiece: an exquisite, exhilarating novel that asks whether it is possible to truly return to the past and renew the great love that seemed gone forever. The sequel to Colm Tóibín's prize-winning, bestselling novel Brooklyn.
A man with an Irish accent knocks on Eilis Fiorello's door on Long Island and in that moment everything changes. Eilis and Tony have built a secure, happy life here since leaving Brooklyn - perhaps a little stifled by the in-laws so close, but twenty years married and with two children looking towards a good future.
And yet this stranger will reveal something that will make Eilis question the life she has created. For the first time in years she suddenly feels very far from home and the revelation will see her turn towards Ireland once again. Back to her mother. Back to the town and the people she had chosen to leave behind. Did she make the wrong choice marrying Tony all those years ago? Is it too late now to take a different path?
_Long Island was an instant Sunday Times bestseller w/c 27/5/24
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
'A masterful novel full of longing and regret . . . Intensely moving and yet full of restraint' - Douglas Stuart, author of Shuggie Bain
OPRAH'S BOOK CLUB PICK
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Long Island is Colm Tóibín's masterpiece: an exquisite, exhilarating novel that asks whether it is possible to truly return to the past and renew the great love that seemed gone forever. The sequel to Colm Tóibín's prize-winning, bestselling novel Brooklyn.
A man with an Irish accent knocks on Eilis Fiorello's door on Long Island and in that moment everything changes. Eilis and Tony have built a secure, happy life here since leaving Brooklyn - perhaps a little stifled by the in-laws so close, but twenty years married and with two children looking towards a good future.
And yet this stranger will reveal something that will make Eilis question the life she has created. For the first time in years she suddenly feels very far from home and the revelation will see her turn towards Ireland once again. Back to her mother. Back to the town and the people she had chosen to leave behind. Did she make the wrong choice marrying Tony all those years ago? Is it too late now to take a different path?
_Long Island was an instant Sunday Times bestseller w/c 27/5/24
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.06.2024Die zweite Liebe
Das Auswanderungsdrama „Brooklyn“ ist wahrscheinlich der berühmteste Roman
des irischen Schriftstellers Colm Tóibín. Jetzt hat er eine späte Fortsetzung geschrieben.
VON MARIE SCHMIDT
Als sie nach zwanzig Jahren aus Amerika zurückkommt ins Städtchen Enniscorthy in Südirland, kauft sie ihrer Mutter einen Kühlschrank, einen Herd und eine Waschmaschine. Riesenhaft wirken die Geräte in deren kleiner Küche. Wer soll den Strom dafür zahlen, fragt die Mutter, und auf einmal versteht Eilis Lacey, dass sie gar kein Bedürfnis nach einem Kühlschrank hat: „So hatte sie häufig Anlass loszuziehen, um Lebensmittel einzukaufen, wovon sie einiges bei Hayes in der Court Street bekam und anderes in Miss Connors Laden gegenüber, oder ein Stück weiter bei Martin Doyle, dem Schlachter, oder bei Billy Kervick am Market Square.“
So viel Kleinstadtleben gibt es nicht, dort, wo von Irland aus gesehen die weite Welt ist. In der Sackgasse in Lindenhurst, Long Island, wo die Auswanderin Eilis als irische Außenseiterin inmitten der italienischen Großfamilie lebt, in die sie eingeheiratet hat: „Es ist keine Stadt, ja nicht mal ein Dorf wie die Dörfer bei uns.“ Mit dieser Anekdote misst Colm Tóibín, der aus eben jenem Enniscorthy stammende Weltautor, die Distanz, die Fremdheit aus, die in den Siebzigerjahren noch zwischen Irland und den USA liegt.
„Long Island“ heißt seine Fortsetzung des früheren Romans „Brooklyn“ von 2009, seines wahrscheinlich populärsten Buches, spätestens seit es ideal verfilmt worden ist mit einem Drehbuch von Nick Hornby. Vollkommen zu passen schien vor allem das Gesicht der Schauspielerin Saoirse Ronan zur Figur Eilis Lacey, ihre porzellankühle Berührbarkeit und die Tapferkeit, mit der sie alleine aufbricht aus der Arbeitslosigkeit im Irland der Fünfziger.
Wie Tóibín die Überfahrt auf dem Schiff schilderte von Liverpool nach Ellis Island, dem Immigranten-Drehkreuz, dessen Name in dem der Hauptfigur immer widerzuhallen scheint, oder ein Weihnachten unter den alten Iren, die in Amerika „die Tunnel und die Brücken und die Highways gebaut“ haben und über die Jahre jede Verbindung zu ihrem Land verloren haben, das waren mustergültige Szenen der Auswanderung in die Vereinigten Staaten.
Zurück kommt Eilis Lacey nun mit dem Flugzeug und dann nimmt Tóibín die Geschichte, die in „Brooklyn“ liegen geblieben ist, unversehens wieder auf. Es war eine doppelte Liebesgeschichte: In Amerika liebte Eilis den jungen italienischen Klempner Tony und hat ihn heimlich geheiratet. Nach dem Tod ihrer Schwester fuhr sie noch einmal für wenige Wochen nach Irland, bekam dort deren Job und traf einen Freund ihrer besten Freundin Nancy, der sie heiraten wollte, Jim Farrell. Auf einmal schienen beide Leben möglich. Und erst auf den allerletzten Seiten von „Brooklyn“ ließ Tóibín seine Heldin sich entscheiden. Ohne viel Argumentieren und Hadern schlicht ihrer Wege gehen, wie es die Art seiner wortkargen Irinnen ist. Für eine Liebe, die einen lebenslang nicht loslässt, gerade weil sie nicht gelebt worden ist, gibt es auf Englisch einen eigenen, unübersetzbaren Ausdruck: „The one who got away“. Der oder die eine, die einem entgangen ist. Mit dem Beiklang, dass diese Person die Richtige fürs Leben hätte sein müssen. Eine falsche Abzweigung, eine Trägheit des Herzens, eine fade Intervention des Zufalls, und das eigentliche Leben ist für immer verpasst. Wirklich, ganz sicher für immer? Colm Tóibín versucht in „Long Island“ das Schicksal erzählerisch zu erweichen. Dazu löst er die Perspektive von Eilis, der er in „Brooklyn“ einzig folgte. Das genügte auch, denn die Geheimnisse, die Distanzen, die alle Sehnsüchte zurücklegen mussten, waren allein ihre. Nur sie wusste, dass sie als verheiratete Frau nach Irland zurückgekommen war und mit einer verpassten Gelegenheit wieder nach Amerika fuhr.
Was Jim Farrell, den sie da verließ, seitdem erlebt hat, erfahren wir jetzt aber auch aus der Mitsicht der Erzählstimme. Und wissen deshalb, dass Eilis wirklich „the one who got away“ für ihn war. Dass er es erst verwunden hat, als er ihrer inzwischen verwitweten Freundin Nancy näher gekommen ist. Diese beiden sind jetzt heimlich verlobt, eine sachliche Romanze: „Kein Erröten, kein Lächeln oder verwunderter Blick.“ Aber eine Romanze eben doch.
Und auch Nancys Perspektive kennt der Erzähler. Der sozialen Sicherheit ihrer Ehe verlustig gegangen, die Kinder erwachsen, wirkt sie beinahe eingeschüchtert von der Möglichkeit, auf ein neues Leben hoffen zu dürfen. Als es in Gefahr gerät, verteidigt sie sich umso löwenhafter. Nancy ist die Parallelfigur zu Nora Webster aus Tóibíns gleichnamigem Roman von 2014, die ebenfalls in Enniscorty lebt und als Randfigur in „Long Island“ und „Brooklyn“ auftritt. Eine Reihe von leise quälenden Kondolenzbesuchen der Frauen aller drei Romane verbindet die Bücher elegant miteinander.
Diesmal also knotet Tóibín Eilis, Jim und Nancy immer enger zusammen zu einem Liebesdreieck, von dem zunächst keiner ahnt, weil Gefühle verschwiegen werden, Zusammenleben ritualisiert ist in der Welt von Enniscorty. Nur der Erzähler und die Leser wissen von dem Konflikt, der sich da aufbaut. Diese überlegene Perspektive, dieser Wissensvorsprung wirkt schon fast ungewohnt im zeitgenössischen Erzählen, das so häufig autobiografisch, erfahrungsnah angelegt ist.
Lesend beginnt man die Verletzungen und Enttäuschungen vorwegzunehmen, die in der Figurenkonstellation angelegt sind und sich ins Muster früherer Kränkungen fügen werden. Zu Hause in Long Island stand vor Eilis’ Tür auf einmal ein Fremder, der mitteilte, ihr Mann Tony habe mit seiner Frau ein Kind gezeugt. Und dessen Großfamilie, besonders die Schwiegermutter Francesca, will das Kuckucksei aufnehmen. Eilis ist vor diesem Verrat geflohen, nach Hause, wo sie zuvor Jahrzehnte nicht war. Jetzt könnte ihr, auch wenn so etwas unter den schicksalsergebenen Leuten von Enniscorthy nicht ausgesprochen würde, die frühe Entscheidung für Amerika und gegen Jim Farrell erst richtig falsch vorkommen. Und sie besieht sich das Leben, das ihr entgangen ist.
Als Erweiterung des Enniscorthy-Komplexes ist „Long Island“ ein Gewinn, aber es ist womöglich nicht Colm Tóibíns gefühlsstärkster Roman. Ein wenig ungeduldig in den früheren Plot gezurrt, mit routinierter Neugier durchgezogen wirkt die Erzählung. Und den Schutzumschlag der deutschen Ausgabe muss man schnell weglegen, vor allem wenn man Saoirse Ronans unterdrücktes Lächeln in der „Brooklyn“-Verfilmung mochte. Warum eine unbekannte Frau auf dem Cover von „Long Island“ Zahnpasta-weiße Zähne zeigt, die deutlich zu jung für die handelnden Frauen im Buch ist, weiß der Himmel oder vielleicht der Vertrieb des Hanser-Verlags.
Dass es vom Leben schon gezeichnete Menschen mittleren Alters sind, deren Entscheidungen noch einmal völlig offen und formbar vor ihnen liegen, erwärmt doch eigentlich erst für diesen Roman. Und wie die Sehnsucht darin immer wieder den Rückweg antritt. „Wenn eines Morgens in deiner Autowerkstatt auf Long Island das Telefon klingelte, und ich wär’s, und ich wäre in New York, oder sogar noch näher, und ich wäre gekommen, um dich zu sehen, was würdest du tun?“, ist die Schicksalsfrage dieses Buches. Die Antwort schwebt wahrscheinlich auf halbem Wege zwischen der alten und neuen Welt, irgendwo über Spitzbergen.
Eine falsche Abzweigung
und das wahre Leben ist
für immer verpasst
Heute schon fast
ungewohnt: ein
allwissender Erzähler
Die Wahrheit liegt auf
halbem Wege zwischen
alter und neuer Welt
Genau das richtige Gesicht für die Verfilmung von Tóibíns Roman „Brooklyn“: Darin verließ Eilis Lacey, gespielt von Saoirse Ronan, das südirische Enniscorthy. In der Fortsetzung kehrt sie jetzt zurück.
Foto: Imago images
Colm Tóibín:
Long Island.
Roman. Aus dem
Englischen von Giovanni und Ditte Bandini.
Carl Hanser Verlag,
München 2024.
320 Seiten, 26 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Das Auswanderungsdrama „Brooklyn“ ist wahrscheinlich der berühmteste Roman
des irischen Schriftstellers Colm Tóibín. Jetzt hat er eine späte Fortsetzung geschrieben.
VON MARIE SCHMIDT
Als sie nach zwanzig Jahren aus Amerika zurückkommt ins Städtchen Enniscorthy in Südirland, kauft sie ihrer Mutter einen Kühlschrank, einen Herd und eine Waschmaschine. Riesenhaft wirken die Geräte in deren kleiner Küche. Wer soll den Strom dafür zahlen, fragt die Mutter, und auf einmal versteht Eilis Lacey, dass sie gar kein Bedürfnis nach einem Kühlschrank hat: „So hatte sie häufig Anlass loszuziehen, um Lebensmittel einzukaufen, wovon sie einiges bei Hayes in der Court Street bekam und anderes in Miss Connors Laden gegenüber, oder ein Stück weiter bei Martin Doyle, dem Schlachter, oder bei Billy Kervick am Market Square.“
So viel Kleinstadtleben gibt es nicht, dort, wo von Irland aus gesehen die weite Welt ist. In der Sackgasse in Lindenhurst, Long Island, wo die Auswanderin Eilis als irische Außenseiterin inmitten der italienischen Großfamilie lebt, in die sie eingeheiratet hat: „Es ist keine Stadt, ja nicht mal ein Dorf wie die Dörfer bei uns.“ Mit dieser Anekdote misst Colm Tóibín, der aus eben jenem Enniscorthy stammende Weltautor, die Distanz, die Fremdheit aus, die in den Siebzigerjahren noch zwischen Irland und den USA liegt.
„Long Island“ heißt seine Fortsetzung des früheren Romans „Brooklyn“ von 2009, seines wahrscheinlich populärsten Buches, spätestens seit es ideal verfilmt worden ist mit einem Drehbuch von Nick Hornby. Vollkommen zu passen schien vor allem das Gesicht der Schauspielerin Saoirse Ronan zur Figur Eilis Lacey, ihre porzellankühle Berührbarkeit und die Tapferkeit, mit der sie alleine aufbricht aus der Arbeitslosigkeit im Irland der Fünfziger.
Wie Tóibín die Überfahrt auf dem Schiff schilderte von Liverpool nach Ellis Island, dem Immigranten-Drehkreuz, dessen Name in dem der Hauptfigur immer widerzuhallen scheint, oder ein Weihnachten unter den alten Iren, die in Amerika „die Tunnel und die Brücken und die Highways gebaut“ haben und über die Jahre jede Verbindung zu ihrem Land verloren haben, das waren mustergültige Szenen der Auswanderung in die Vereinigten Staaten.
Zurück kommt Eilis Lacey nun mit dem Flugzeug und dann nimmt Tóibín die Geschichte, die in „Brooklyn“ liegen geblieben ist, unversehens wieder auf. Es war eine doppelte Liebesgeschichte: In Amerika liebte Eilis den jungen italienischen Klempner Tony und hat ihn heimlich geheiratet. Nach dem Tod ihrer Schwester fuhr sie noch einmal für wenige Wochen nach Irland, bekam dort deren Job und traf einen Freund ihrer besten Freundin Nancy, der sie heiraten wollte, Jim Farrell. Auf einmal schienen beide Leben möglich. Und erst auf den allerletzten Seiten von „Brooklyn“ ließ Tóibín seine Heldin sich entscheiden. Ohne viel Argumentieren und Hadern schlicht ihrer Wege gehen, wie es die Art seiner wortkargen Irinnen ist. Für eine Liebe, die einen lebenslang nicht loslässt, gerade weil sie nicht gelebt worden ist, gibt es auf Englisch einen eigenen, unübersetzbaren Ausdruck: „The one who got away“. Der oder die eine, die einem entgangen ist. Mit dem Beiklang, dass diese Person die Richtige fürs Leben hätte sein müssen. Eine falsche Abzweigung, eine Trägheit des Herzens, eine fade Intervention des Zufalls, und das eigentliche Leben ist für immer verpasst. Wirklich, ganz sicher für immer? Colm Tóibín versucht in „Long Island“ das Schicksal erzählerisch zu erweichen. Dazu löst er die Perspektive von Eilis, der er in „Brooklyn“ einzig folgte. Das genügte auch, denn die Geheimnisse, die Distanzen, die alle Sehnsüchte zurücklegen mussten, waren allein ihre. Nur sie wusste, dass sie als verheiratete Frau nach Irland zurückgekommen war und mit einer verpassten Gelegenheit wieder nach Amerika fuhr.
Was Jim Farrell, den sie da verließ, seitdem erlebt hat, erfahren wir jetzt aber auch aus der Mitsicht der Erzählstimme. Und wissen deshalb, dass Eilis wirklich „the one who got away“ für ihn war. Dass er es erst verwunden hat, als er ihrer inzwischen verwitweten Freundin Nancy näher gekommen ist. Diese beiden sind jetzt heimlich verlobt, eine sachliche Romanze: „Kein Erröten, kein Lächeln oder verwunderter Blick.“ Aber eine Romanze eben doch.
Und auch Nancys Perspektive kennt der Erzähler. Der sozialen Sicherheit ihrer Ehe verlustig gegangen, die Kinder erwachsen, wirkt sie beinahe eingeschüchtert von der Möglichkeit, auf ein neues Leben hoffen zu dürfen. Als es in Gefahr gerät, verteidigt sie sich umso löwenhafter. Nancy ist die Parallelfigur zu Nora Webster aus Tóibíns gleichnamigem Roman von 2014, die ebenfalls in Enniscorty lebt und als Randfigur in „Long Island“ und „Brooklyn“ auftritt. Eine Reihe von leise quälenden Kondolenzbesuchen der Frauen aller drei Romane verbindet die Bücher elegant miteinander.
Diesmal also knotet Tóibín Eilis, Jim und Nancy immer enger zusammen zu einem Liebesdreieck, von dem zunächst keiner ahnt, weil Gefühle verschwiegen werden, Zusammenleben ritualisiert ist in der Welt von Enniscorty. Nur der Erzähler und die Leser wissen von dem Konflikt, der sich da aufbaut. Diese überlegene Perspektive, dieser Wissensvorsprung wirkt schon fast ungewohnt im zeitgenössischen Erzählen, das so häufig autobiografisch, erfahrungsnah angelegt ist.
Lesend beginnt man die Verletzungen und Enttäuschungen vorwegzunehmen, die in der Figurenkonstellation angelegt sind und sich ins Muster früherer Kränkungen fügen werden. Zu Hause in Long Island stand vor Eilis’ Tür auf einmal ein Fremder, der mitteilte, ihr Mann Tony habe mit seiner Frau ein Kind gezeugt. Und dessen Großfamilie, besonders die Schwiegermutter Francesca, will das Kuckucksei aufnehmen. Eilis ist vor diesem Verrat geflohen, nach Hause, wo sie zuvor Jahrzehnte nicht war. Jetzt könnte ihr, auch wenn so etwas unter den schicksalsergebenen Leuten von Enniscorthy nicht ausgesprochen würde, die frühe Entscheidung für Amerika und gegen Jim Farrell erst richtig falsch vorkommen. Und sie besieht sich das Leben, das ihr entgangen ist.
Als Erweiterung des Enniscorthy-Komplexes ist „Long Island“ ein Gewinn, aber es ist womöglich nicht Colm Tóibíns gefühlsstärkster Roman. Ein wenig ungeduldig in den früheren Plot gezurrt, mit routinierter Neugier durchgezogen wirkt die Erzählung. Und den Schutzumschlag der deutschen Ausgabe muss man schnell weglegen, vor allem wenn man Saoirse Ronans unterdrücktes Lächeln in der „Brooklyn“-Verfilmung mochte. Warum eine unbekannte Frau auf dem Cover von „Long Island“ Zahnpasta-weiße Zähne zeigt, die deutlich zu jung für die handelnden Frauen im Buch ist, weiß der Himmel oder vielleicht der Vertrieb des Hanser-Verlags.
Dass es vom Leben schon gezeichnete Menschen mittleren Alters sind, deren Entscheidungen noch einmal völlig offen und formbar vor ihnen liegen, erwärmt doch eigentlich erst für diesen Roman. Und wie die Sehnsucht darin immer wieder den Rückweg antritt. „Wenn eines Morgens in deiner Autowerkstatt auf Long Island das Telefon klingelte, und ich wär’s, und ich wäre in New York, oder sogar noch näher, und ich wäre gekommen, um dich zu sehen, was würdest du tun?“, ist die Schicksalsfrage dieses Buches. Die Antwort schwebt wahrscheinlich auf halbem Wege zwischen der alten und neuen Welt, irgendwo über Spitzbergen.
Eine falsche Abzweigung
und das wahre Leben ist
für immer verpasst
Heute schon fast
ungewohnt: ein
allwissender Erzähler
Die Wahrheit liegt auf
halbem Wege zwischen
alter und neuer Welt
Genau das richtige Gesicht für die Verfilmung von Tóibíns Roman „Brooklyn“: Darin verließ Eilis Lacey, gespielt von Saoirse Ronan, das südirische Enniscorthy. In der Fortsetzung kehrt sie jetzt zurück.
Foto: Imago images
Colm Tóibín:
Long Island.
Roman. Aus dem
Englischen von Giovanni und Ditte Bandini.
Carl Hanser Verlag,
München 2024.
320 Seiten, 26 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Long Island is the best new novel I've read in years - and it's as persuasive an argument in defence of the unique capability of the novel form as you could ever hope to find Megan Nolan Telegraph