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Ein lebensmüder Mann geht einen Faustschen Pakt ein: er verkauft sich als lebende Kunstware und wird entmenschlicht. Doch eines Tages möchte er diesen Handel rückgängig machen und seine Seele zurückgewinnen...

Produktbeschreibung
Ein lebensmüder Mann geht einen Faustschen Pakt ein: er verkauft sich als lebende Kunstware und wird entmenschlicht. Doch eines Tages möchte er diesen Handel rückgängig machen und seine Seele zurückgewinnen...
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Autorenporträt
Eric-Emmanuel Schmitt, geb. im März 1960 in Sainte-Foy-Lès-Lyons, studierte Klavier in Lyon und Philosophie in Paris. Zunächst Lehrbeauftragter für Philosophie an den Universitäten Besançon und Chambéry, begann er Anfang der 90er Jahre als Autor für Theater, Film und Fernsehen zu arbeiten. Seine erste Prosapublikation in deutscher Sprache 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' begeisterte Hunderttausende von Leserinnen und Lesern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.06.2009

Der Gedankenspieler

Angestrengte Variation über Homunculus: Im neuen Roman von Eric-Emmanuel Schmitt geht ein Lebensmüder einen faustischen Pakt ein und wandelt sich zum Kunstwerk.

Dem Schriftsteller Eric-Emmanuel Schmitt muss in den frühen Jahren ein Virus ins literarische Programm geraten sein. Wahrscheinlich waren schon in seinem ersten Bestseller die Blumen des Korans genverändert. Obwohl er sich seither mit Vorliebe finsteren Sujets zuwendet, läuft die Sache am Ende immer auf ein Kindermärchen hinaus. Sein Hitler-Buch "Adolf H." manövrierte unlängst einen erfolgreichen Diktator und einen erfolgreichen Künstler aneinander vorbei in die harmlose Hypothese: Was wäre, wenn.

Der nun vorliegende neue Roman, bei weitem nicht sein bester, hat auch wieder mit Selbstverdoppelung zu tun. Er handelt von einem Lebensmüden, der sich in einem faustischen Pakt mit einem Künstler als Kunstwerk verdingt. Nur schimmert die Machart bei Schmitt immer deutlicher durch. Zuerst ist da die Idee. Die wird mit Nebeneinfällen aufbereitet und durchs Sprachprogramm eines flotten Erzählstils geschickt, ohne dass dadurch die geringste Episode verrutscht. Da ist wohl auch das Virus zu suchen. Für Science-Fiction und ähnliche Genres fehlt diesem Autor, der in seinen Büchern immer irgendeine gute Absicht verfolgt, die präzise Technik des Spannungsaufbaus. Für die Handlungsdichte eines ausgereiften Romans fehlen die Narben und Kerben, die die Arbeit der Sprache am Stoff hinterlässt. Schmitts Romane sind Gedankenspielromane und wären bequem auch als Digest zu lesen, wahlweise im Zweihundert-, Zwanzig- oder Zweiseitenformat.

Ein Mann, Tazio Firelli, steht am Anfang des neuen Buchs an der Steilküste von Palomba Sol. Er setzt gerade zu seinem vierten Selbstmordversuch an, als er von einem Unbekannten mit Elfenbeinstock, beringten Fingern und Edelsteinen in den Zähnen angesprochen wird. "Geben Sie mir vierundzwanzig Stunden!" - sagt der Unbekannte, ein weltweit erfolgreicher Kunstscharlatan namens Zeus-Peter Lama. In den vierundzwanzig Stunden kann er den Lebensmüden dann überreden, dass dieser die Restzeit seiner Existenz ihm für sein neues Kunstprojekt zur Verfügung stellt. "Unterschreib einfach mit Ich", empfiehlt der Künstler bei der Vertragsunterzeichnung.

Die Verwandlung eines Menschen zum Kunstwerk ist hier nicht Stoff, sondern Programm: ein Homunculus-Prozess in Umkehrversion, der in all seinen ziemlich voraussehbaren Episoden durchgespielt wird. Der junge Mann muss verschwinden und seine Leiche der Trauergemeinde vorgezeigt werden, damit das Kunstwerk glaubwürdig an seine Stelle treten kann und der Coup von Zeus-Peter Lama gelingt, der die Welt bis nach Tokio in Begeisterung versetzt. Die narrative Operation wirkt aber so mühsam wie die chirurgische, die Doktor Fichet, ein Gerichtsmediziner, im Auftrag des Künstlers Lama am Selbstmordkandidaten vornimmt. Wochenlanges Brennen im Leib, wacklige Statuenfüße, unkontrollierte Körperregungen machen diesem die Existenz als Statue zur Qual, ganz abgesehen davon, dass der Arzt vergaß, auch den letzten Keim menschlicher Empfindungen und Gefühle herauszuoperieren.

Das führt dazu, dass der Statuen-Mann mit dem klingenden Namen "Adam zwei" trotz strengster Überwachung - schließlich wird er auf dem Kunstmarkt schon in Millionenhöhe notiert - unten am Meeresstrand dem bescheidenen Maler Carlos Hannibal begegnet, der anders als Lama noch richtige Bilder malt. Dessen stille Tochter Fiona erkennt hinter dem wandelnden Kunstwerk sogleich den menschlichen Kern, und die entflammte Liebe führt dazu, dass das Objekt zum Subjekt zurückverwandelt wird. Hier spätestens setzt Schmitts süßliche Erzählwendung ein, denn hier sind wir wieder bei den echten Dingen. Zeus-Peter Lamas Villa oben am Berg ist längst verschwunden, der Name des Künstlers vergessen, wenn Tazio an der Seite Fionas und ihrer zehn Kinder unten über den Strand geht und zum ersten Mal das Gefühl hat, "wichtig zu sein, ja, auch ich".

Alle Selbstmordkandidaten haben nicht das Glück, diese Erkenntnis negativ aus der Begegnung mit einem Kunstscharlatan zu gewinnen. Auch dem Helden dieses Romans hätte der Umweg erspart bleiben können, wäre oben an der Steilküste von Palomba Sol statt Zeus-Peter Lama gleich Fiona neben ihn getreten. Doch dann wäre Schmitts großes Romanthema verlorengegangen. Auf das Unsichtbare und Unendliche komme es an - sagt der blinde, aber hellsichtige Maler Carlos Hannibal einmal zu Adam zwei: "Warum klar umrissene Dinge malen?" Wir geben die Frage an den Romanautor weiter, nicht aber an die Übersetzerin, die ihre nicht einfache Aufgabe mit Prägnanz und Sprachturbulenz bestens erfüllt hat.

JOSEPH HANIMANN

Eric-Emmanuel Schmitt: "Als ich ein Kunstwerk war". Roman. Aus dem Französischen von Inés Koebel. Ammann Verlag, Zürich, 2009. 235 S., geb., 19,95 Euro.

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