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Sara und Juan lernen sich zufällig kennen, als sie nur noch versuchen, ihrer Vergangenheit zu entfliehen. Und genau diese Gemeinsamkeit könnte der Ausgangspunkt für eine neue Liebesbeziehung sein.

Produktbeschreibung
Sara und Juan lernen sich zufällig kennen, als sie nur noch versuchen, ihrer Vergangenheit zu entfliehen. Und genau diese Gemeinsamkeit könnte der Ausgangspunkt für eine neue Liebesbeziehung sein.
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Autorenporträt
Almudena Grandes, geboren 1960, begann nach dem Studium zu schreiben. 1989 wurde sie mit ihrem Roman "Lul " über Nacht berühmt. Bisher in zwanzig Sprachen übersetzt, erreichte "Lul " eine Gesamtauflage von über einer Million Exemplaren und wurde erfolgreich verfilmt. Auch mit dem Roman "Malena" rückte Almudena Grandes 1996 an die Spitze der internationalen Bestsellerlisten. Sie zählt zu den großen spanischen Gegenwartsautorinnen und lebt in Madrid.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.08.2003

Was die Putzfrau bei Ostwind macht
Ist dieser Roman ein Schmachtfetzen oder ein gelungenes Experiment? Almudena Grandes porträtiert Spanien
Eine kleine, sehr feine Ferienanlage in der Bucht von Cádiz. Der Ostwind weht, als ein gut aussehender Mann mit seiner Familie das neue Haus bezieht. Sara Goméz, die zukünftige Nachbarin, selbst erst vor kurzem aus Madrid hier her gezogen, beobachtet den seltsamen Trupp vom Fenster aus: den ebenso attraktiv wie abweisend wirkenden Mann mit dem unsicher erscheinenden Mädchen, das vermutlich seine Tochter ist. Weit und breit ist keine Mutter zu sehen. Statt dessen taucht plötzlich ein zweiter Mann auf. Handelt es sich also um ein schwules Pärchen mit Kind? Aber nein, der Mann bewegt sich sehr mühsam. Er geht am Arm des anderen, weil er behindert ist.
In dieser Eröffnungsszene ist das Thema des Romans verborgen. „Die wechselnden Winde” ist ein Familienepos besonderer Art. Mit den stilistischen Mitteln des 19. Jahrhunderts erzählt die spanische Erfolgsautorin Almudena Grandes von einem Phänomen, das in unsere Gegenwart gehört: vom Auseinanderbrechen der Familie und deren Umgestaltung zu losem Flickwerk. Sechs Menschen führt sie zusammen: die dreiundfünzigjährige Sara Gómez, alleinstehend und kinderlos, den zweiundvierzigjährigen Unfallchirurgen Juan Olmedo mit seinem geistig behinderten Bruder Alfonso sowie der zehnjährigen Tamara.
Und dann ist da noch die dreißigjährige Maribel mit ihrem Sohn Andrés. Sie arbeitet als Putzfrau in beiden Häusern, dient zunächst als Botin zwischen den verschlossenen Madrilenen Juan und Sara, die aus unterschiedlichen Gründen die Brücken zu ihrem früheren Leben abgebrochen haben. Schließlich wird sie die Geliebte Juans.
Das alles ist nicht frei von Klischees und hat doch seinen Reiz. Denn was Almudena Grandes als Lebensgemeinschaft zusammenbastelt, ist selbst für Patchwork-Verhältnisse ungewöhnlich. In dieser seltsamen Familie, die „einander in fast allen denkbaren Richtungen adoptiert” hat, ist keiner nur Vater, nur Mutter, nur Onkel, Tante, Bruder, Sohn, Tochter oder Nichte. Statt dessen gibt es überall Väterliches, Mütterliches, Kindliches. Die Rollen werden als Funktionen gehandhabt und je nach Bedarf mit großer Selbstverständlichkeit im Wechsel ausgeübt.
Kleiner Buckel, großes Los
Bis zum offenen Ausgang des Romans - immer wartet man auf ein böses Ende -, weiss der Leser nicht wirklich, was er in Händen hält: einen Schmachtfetzen oder ein gelungenes Experiment? Der epische Atem dieser Autorin ist ausdauernd. Manchmal säuselt er allzu geschwätzig vor sich hin. Was als soziales Experiment glückt, wird durch den gigantischen Anspruch des Gesamtprojekts gefährdet. „Die wechselnden Winde” soll ein Gesellschaftsroman sein, der am Beispiel seiner sechs Hauptpersonen die Bruchlinien des gegenwärtigen Spanien in die Geschichte hinein nachzeichnet. Da steht nicht nur der Erfolgskult der Madrilenen gegen das Laissez-faire Andalusiens (wo man jedes Unglück, jedes Missgeschick auf den Ostwind schiebt und auf bessere Zeiten wartet), da haben die Figuren Biographien auf dem Buckel, unter deren exemplarischer Last sie fast zusammenbrechen.
So kommt Sara Gómez aus einer kinderreichen Arbeiterfamilie. Ihr Vater wurde als Sozialist unter Franco zum Tode verurteilt, dann aber zu lebenslanger (und schließlich verkürzter) Haft begnadigt, weil es der Mutter, die als Haushälterin bei einer einflußreichen Familie arbeitete, gelang, ihre Arbeitgeberin zur Intervention zu bewegen. Wie im Grimmschen Märchen fordert diese, eine Gegenleistung: das fünfte Kind der Familie Gómez, die angesichts ihrer elenden Lage den Handel auch noch als Wohltat verstehen muss. Sara Gómez wächst als Pflegetochter in einem prunkvollen Heim auf, ohne zu wissen, dass sie nach ihrem sechzehnten Geburtstag zu ihren leiblichen Eltern zurückkehren soll. Immerhin wird das Trauma der Deklassierung sie später einfühlsam machen in Hinsicht auf die Träume ihrer Putzfrau Maribel.
Am Beispiel Juans führt Almudena Grandes zwei Aufsteigerbiographien des demokratischen Spaniens vor. Juan und sein Bruder Dámian kommen ebenfalls aus einer einfachen Familie, der Vater war Bäcker. Während Juan den redlichen Weg beschreitet, die ganze Schulzeit über büffelt, um schließlich Medizin zu studieren, ist sein Bruder Dámian ein Draufgänger und Großsprecher. Er bekommt nicht nur die Mädchen und heiratet schließlich Juans große Liebe, sondern er macht auch eine dieser strahlenden Jungunternehmer-Karrieren. Dass das nicht gut gehen kann, ahnt man bei der dramatischen Anlage des Romans ziemlich rasch. Charo, die schöne Schwägerin Juans, mit der er zehn Jahre lang ein Verhältnis hatte, kommt im Auto eines anderen Geliebten ums Leben. Sieben Monate später stirbt sein Bruder an den Folgen eines Treppensturzes im Vollrausch.
Juan nimmt den behinderten Bruder Alfonso zu sich und ebenso Charos Tochter Tamara, die, wie sich erst gegen Ende des Romans herausstellen wird, auch seine Tochter ist (und nicht, wie wir lange glauben, seine Nichte). Und auch Maribel, die dritte Erwachsene der ungewöhnlichen Familie (der behinderte Alfonso steht eher auf Seiten der Kinder), bekommt Großes aufgeladen. Sie ist eine alleinerziehende Mutter, als junge Frau auf einen schönen Hallodri hereingefallen, der sich prompt wieder an sie heranmacht, nachdem sie durch einen Tombolagewinn zu Geld gekommen ist. Als sie auf seine Forderungen nicht eingeht, sticht er sie auf offener Straße nieder. Ohne Juans Rettung wäre sie verblutet.
„Die wechselnden Winde” ist ein Paradebeispiel für die Tücken und Chancen des Unterhaltungsromans. Einerseits gelingt hier etwas Außerordentliches, nämlich die Darstellung eines ungewöhnlichen Lebensexperiments mit überraschend menschlichem Antlitz, andererseits aber gerät die Figurenzeichnung in den Sog einer geschwätzigen Schreibweise. Die Tinte fließt und spritzt, bis der Kern kaum noch zu erkennen ist.
MEIKE FESSMANN
ALMUDENA GRANDES: Die wechselnden Winde. Roman. Aus dem Spanischen von Stefanie Gerhold, Sabine Giersberg und Petra Strien. Rowohlt Verlag, Hamburg 2003. 637 Seiten, 24,90 Euro.
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