Ludwig Landmann ist bis heute als Oberbürgermeister von Frankfurt am Main bekannt. Er zählte in den Jahren der Weimarer Republik neben seinem Kölner Amtskollegen Konrad Adenauer zu den bedeutendsten Kommunal-Politikern Deutschlands. Wilhelm von Sternburg zeichnet erstmals das Porträt eines großen, deutschen Politikers und Patrioten.
Hochgebildet, entscheidungsfreudig und mit visionärer Kraft entwickelte sich in seiner Amtszeit das Neue Frankfurt, das neben dem Bauhaus zu einem weltbekannten Zentrum der Avantgarde wurde. Landmann holte den Architekten Ernst May an den Main, am Städel lehrte Max Beckman und an der Oper spielte Paul Hindemith Bratsche.
Unter Landmanns Regie wurden die Grundsteine für die Frankfurter Messe und den Flughafen gelegt. Der Oberbürgermeister ließ die ersten Autobahn-Pläne in Deutschland entwickeln. Die neu entstehenden Frankfurter Siedlungen wurden viel bewunderte Zeugnisse des modernen sozialen Wohnungsbaus.
Der Jude und linksliberale Republikaner Landmann wurde 1933 von den Nationalsozialisten aus dem Amt gejagt und starb 1945 nach entbehrungsreichen Jahren im niederländischen Exil.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hochgebildet, entscheidungsfreudig und mit visionärer Kraft entwickelte sich in seiner Amtszeit das Neue Frankfurt, das neben dem Bauhaus zu einem weltbekannten Zentrum der Avantgarde wurde. Landmann holte den Architekten Ernst May an den Main, am Städel lehrte Max Beckman und an der Oper spielte Paul Hindemith Bratsche.
Unter Landmanns Regie wurden die Grundsteine für die Frankfurter Messe und den Flughafen gelegt. Der Oberbürgermeister ließ die ersten Autobahn-Pläne in Deutschland entwickeln. Die neu entstehenden Frankfurter Siedlungen wurden viel bewunderte Zeugnisse des modernen sozialen Wohnungsbaus.
Der Jude und linksliberale Republikaner Landmann wurde 1933 von den Nationalsozialisten aus dem Amt gejagt und starb 1945 nach entbehrungsreichen Jahren im niederländischen Exil.
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Wie hasenfüßig und kleinherzig kommt uns unsere heutige Politik vor, wenn wir mit von Sternburg Ludwig Landmann betrachten! Arno Widmann Frankfurter Rundschau 20191020
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.09.2019Der Pate des "Neuen Frankfurt"
Ein neu gestifteter Preis und eine Biographie erinnern an Ludwig Landmann, einen der bedeutendsten Oberbürgermeister Frankfurts
Ludwig Landmann? "Kenne ich nicht", heißt es oft. Manchen fällt die Ludwig-Landmann-Straße ein, aber dass der Namensgeber ein Frankfurter Oberbürgermeister gewesen ist, wissen auch sie nicht alle. Dabei war der Jurist aus Mannheim nicht irgendein Oberbürgermeister, sondern einer der großen der Mainmetropole und zu seiner Zeit sogar gemeinsam mit dem Kölner Stadtoberhaupt Konrad Adenauer der bekannteste in Deutschland.
Er hat die Geschicke Frankfurts während der Weimarer Republik gelenkt und in dieser Zeit die Stadt entscheidend modernisiert. Sein kühnstes Werk war wohl das "Neue Frankfurt", das nicht nur im Städtebau, sondern auch in der Ästhetik und auf anderen Feldern für einen Aufbruch in die Moderne steht, der dem des Bauhauses in Weimar nicht nachsteht. Landmann hat damals etwa Ernst May, der heute viel stärker im Bewusstsein der Frankfurter verankert ist als Landmann, erst die Möglichkeit eröffnet, in großem Stil Wohnungen in den heute als May-Siedlungen bekannten Arealen zu bauen.
Dieser Ludwig Landmann ist trotzdem bei vielen Frankfurtern in Vergessenheit geraten oder nur noch als ein Stadtoberhaupt unter vielen in Erinnerung. Das soll sich nun ändern. Die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums hat einen Ludwig-Landmann-Preis für Mut und Haltung ausgelobt, der mit 10 000 Euro dotiert ist und alle zwei Jahre vergeben werden soll. Zudem gewann sie den Publizisten Wilhelm von Sternburg dafür, eine Biographie Landmanns zu verfassen.
Die Freunde des Jüdischen Museums mit dem früheren Oberbürgermeister Andreas von Schoeler (SPD) an der Spitze haben einen guten Grund, sich für Landmann einzusetzen. Der war nämlich Jude - ein Umstand, der ihn nach der Machtübernahme der Nazis nicht nur sein Amt kostete, sondern auch sein Vermögen, seine Versorgungsbezüge und schließlich seine Heimat. Landmann ist als kranker und von seinen einstigen Mitstreitern verlassener Mann im holländischen Exil kurz vor Kriegsende gestorben. Immerhin blieb ihm die Deportation in ein Vernichtungslager erspart.
"Ein Porträt" nennt Sternburg seine Landmann-Biographie, die auf einer Studie des früheren Stadtarchivleiters Dieter Rebentisch aus dem Jahr 1975 aufbaut. Für einen Biographen stellt die Person Landmann nach den Worten Sternburgs, der am Montagabend im Sonnemann-Saal des Historischen Museums sein Buch vorstellte, einen "Albtraum" dar. Denn dieser introvertierte und eher menschenscheue Mann hat über sein privates Leben, seine Familie, seine Vorlieben, seine Leidenschaften kaum Nachricht hinterlassen. Sternburg musste sich weitgehend auf amtliche Dokumente stützen.
Trotzdem ist ihm die Biographie nicht blutleer geraten. Mit viel Intuition hat sich Sternburg in die Persönlichkeit Landmanns hineinversetzt und dessen Lebensstationen geschickt in die großen Linien der Zeit eingeordnet. Sein Buch ist für eine breite Öffentlichkeit gedacht, auf akademische Verquastheiten hat Sternburg verzichtet, er schreibt vielmehr nüchtern und flüssig - allerdings mit einer unverkennbaren Empathie für diesen gewiss nicht einfachen Charakter.
Landmann, der ein eingefleischter Liberaler süddeutschen Zuschnitts und großer Patriot war und in seiner Heimatstadt Mannheim in der Stadtverwaltung Karriere gemacht hatte, ist mitten im Ersten Weltkrieg als Wirtschaftsdezernent nach Frankfurt gekommen. Alles lag damals, 1917, darnieder: Die Bevölkerung hungerte, die Verwundeten von der Front mussten versorgt werden. Nach der Abdankung des Kaisers und der Ausrufung der Republik ging es chaotisch weiter: Revolution, Inflation, Kapp-Putsch, kommunistische Aufstände. Frankfurt wurde sogar einmal für kurze Zeit von den Franzosen besetzt.
Landmanns große Zeit begann 1924 mit seiner Wahl zum Oberbürgermeister. Ihm, dem Liberalen von der Deutschen Demokratischen Partei, gelang es, die wahlentscheidenden Stimmen der SPD im Römer zu gewinnen. Die Sozialdemokraten schätzten ihn, weil er trotz aller Bekenntnisse zu einer starken Privatwirtschaft auch gemeinwirtschaftliche Vorstellungen verfolgte und für eine starke Sozialpolitik stand.
Nicht alles ist Landmann als Stadtoberhaupt gelungen. Die Messe, deren Neugründung er nach dem Krieg gefördert hatte, musste 1929 wieder schließen. Der Kauf niederrheinischer Kohlefelder für den Aufbau einer leistungsfähigen Gasversorgung für Frankfurt erwies sich als Fehlschlag. Die Übernahme der Kur AG Bad Homburg entpuppte sich als glatte Fehlinvestition. Doch ohne Landmanns Innovationen etwa in der Verkehrspolitik besäße Frankfurt heute keinen Weltflughafen. Die Stadt wäre wohl auch kein Messestandort. Und ohne die Eingemeindung von Höchst und Fechenheim hätte Frankfurt nicht über jene mächtige Chemieindustrie verfügt, die Geld in die Steuerkassen brachte. Ohne Landmanns Industriepolitik gäbe es kaum das IG-Farben-Haus, heute Sitz der Goethe-Universität, die der Rathauschef ebenfalls sehr gefördert hat.
Im Historischen Museum hat Planungsdezernent Mike Josef (SPD) die These gewagt, dass ohne die von Landmann gelegten Grundlagen Frankfurt nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zur Dienstleistungsmetropole mit einer internationalen Messe und einer leistungsfähigen Finanzindustrie aufgestiegen wäre. Ein wenig neidisch schaute Josef auf das Wohnungsprogramm des "Neuen Frankfurt", in dem am laufenden Meter gebaut wurde: 12 000 Wohnungen in den sieben Jahren von 1925 bis 1932 in Praunheim, am Bornheimer Hang, in der Römerstadt und weiteren Siedlungen. Heute, so sinnierte der Planungsdezernent, dauere allein das Planungs- und Genehmigungsverfahren für neue Siedlungen fast so lange.
HANS RIEBSAMEN
Wilhelm von Sternburg: "Ludwig Landmann. Ein Porträt", S. Fischer Verlag, 15 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein neu gestifteter Preis und eine Biographie erinnern an Ludwig Landmann, einen der bedeutendsten Oberbürgermeister Frankfurts
Ludwig Landmann? "Kenne ich nicht", heißt es oft. Manchen fällt die Ludwig-Landmann-Straße ein, aber dass der Namensgeber ein Frankfurter Oberbürgermeister gewesen ist, wissen auch sie nicht alle. Dabei war der Jurist aus Mannheim nicht irgendein Oberbürgermeister, sondern einer der großen der Mainmetropole und zu seiner Zeit sogar gemeinsam mit dem Kölner Stadtoberhaupt Konrad Adenauer der bekannteste in Deutschland.
Er hat die Geschicke Frankfurts während der Weimarer Republik gelenkt und in dieser Zeit die Stadt entscheidend modernisiert. Sein kühnstes Werk war wohl das "Neue Frankfurt", das nicht nur im Städtebau, sondern auch in der Ästhetik und auf anderen Feldern für einen Aufbruch in die Moderne steht, der dem des Bauhauses in Weimar nicht nachsteht. Landmann hat damals etwa Ernst May, der heute viel stärker im Bewusstsein der Frankfurter verankert ist als Landmann, erst die Möglichkeit eröffnet, in großem Stil Wohnungen in den heute als May-Siedlungen bekannten Arealen zu bauen.
Dieser Ludwig Landmann ist trotzdem bei vielen Frankfurtern in Vergessenheit geraten oder nur noch als ein Stadtoberhaupt unter vielen in Erinnerung. Das soll sich nun ändern. Die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums hat einen Ludwig-Landmann-Preis für Mut und Haltung ausgelobt, der mit 10 000 Euro dotiert ist und alle zwei Jahre vergeben werden soll. Zudem gewann sie den Publizisten Wilhelm von Sternburg dafür, eine Biographie Landmanns zu verfassen.
Die Freunde des Jüdischen Museums mit dem früheren Oberbürgermeister Andreas von Schoeler (SPD) an der Spitze haben einen guten Grund, sich für Landmann einzusetzen. Der war nämlich Jude - ein Umstand, der ihn nach der Machtübernahme der Nazis nicht nur sein Amt kostete, sondern auch sein Vermögen, seine Versorgungsbezüge und schließlich seine Heimat. Landmann ist als kranker und von seinen einstigen Mitstreitern verlassener Mann im holländischen Exil kurz vor Kriegsende gestorben. Immerhin blieb ihm die Deportation in ein Vernichtungslager erspart.
"Ein Porträt" nennt Sternburg seine Landmann-Biographie, die auf einer Studie des früheren Stadtarchivleiters Dieter Rebentisch aus dem Jahr 1975 aufbaut. Für einen Biographen stellt die Person Landmann nach den Worten Sternburgs, der am Montagabend im Sonnemann-Saal des Historischen Museums sein Buch vorstellte, einen "Albtraum" dar. Denn dieser introvertierte und eher menschenscheue Mann hat über sein privates Leben, seine Familie, seine Vorlieben, seine Leidenschaften kaum Nachricht hinterlassen. Sternburg musste sich weitgehend auf amtliche Dokumente stützen.
Trotzdem ist ihm die Biographie nicht blutleer geraten. Mit viel Intuition hat sich Sternburg in die Persönlichkeit Landmanns hineinversetzt und dessen Lebensstationen geschickt in die großen Linien der Zeit eingeordnet. Sein Buch ist für eine breite Öffentlichkeit gedacht, auf akademische Verquastheiten hat Sternburg verzichtet, er schreibt vielmehr nüchtern und flüssig - allerdings mit einer unverkennbaren Empathie für diesen gewiss nicht einfachen Charakter.
Landmann, der ein eingefleischter Liberaler süddeutschen Zuschnitts und großer Patriot war und in seiner Heimatstadt Mannheim in der Stadtverwaltung Karriere gemacht hatte, ist mitten im Ersten Weltkrieg als Wirtschaftsdezernent nach Frankfurt gekommen. Alles lag damals, 1917, darnieder: Die Bevölkerung hungerte, die Verwundeten von der Front mussten versorgt werden. Nach der Abdankung des Kaisers und der Ausrufung der Republik ging es chaotisch weiter: Revolution, Inflation, Kapp-Putsch, kommunistische Aufstände. Frankfurt wurde sogar einmal für kurze Zeit von den Franzosen besetzt.
Landmanns große Zeit begann 1924 mit seiner Wahl zum Oberbürgermeister. Ihm, dem Liberalen von der Deutschen Demokratischen Partei, gelang es, die wahlentscheidenden Stimmen der SPD im Römer zu gewinnen. Die Sozialdemokraten schätzten ihn, weil er trotz aller Bekenntnisse zu einer starken Privatwirtschaft auch gemeinwirtschaftliche Vorstellungen verfolgte und für eine starke Sozialpolitik stand.
Nicht alles ist Landmann als Stadtoberhaupt gelungen. Die Messe, deren Neugründung er nach dem Krieg gefördert hatte, musste 1929 wieder schließen. Der Kauf niederrheinischer Kohlefelder für den Aufbau einer leistungsfähigen Gasversorgung für Frankfurt erwies sich als Fehlschlag. Die Übernahme der Kur AG Bad Homburg entpuppte sich als glatte Fehlinvestition. Doch ohne Landmanns Innovationen etwa in der Verkehrspolitik besäße Frankfurt heute keinen Weltflughafen. Die Stadt wäre wohl auch kein Messestandort. Und ohne die Eingemeindung von Höchst und Fechenheim hätte Frankfurt nicht über jene mächtige Chemieindustrie verfügt, die Geld in die Steuerkassen brachte. Ohne Landmanns Industriepolitik gäbe es kaum das IG-Farben-Haus, heute Sitz der Goethe-Universität, die der Rathauschef ebenfalls sehr gefördert hat.
Im Historischen Museum hat Planungsdezernent Mike Josef (SPD) die These gewagt, dass ohne die von Landmann gelegten Grundlagen Frankfurt nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zur Dienstleistungsmetropole mit einer internationalen Messe und einer leistungsfähigen Finanzindustrie aufgestiegen wäre. Ein wenig neidisch schaute Josef auf das Wohnungsprogramm des "Neuen Frankfurt", in dem am laufenden Meter gebaut wurde: 12 000 Wohnungen in den sieben Jahren von 1925 bis 1932 in Praunheim, am Bornheimer Hang, in der Römerstadt und weiteren Siedlungen. Heute, so sinnierte der Planungsdezernent, dauere allein das Planungs- und Genehmigungsverfahren für neue Siedlungen fast so lange.
HANS RIEBSAMEN
Wilhelm von Sternburg: "Ludwig Landmann. Ein Porträt", S. Fischer Verlag, 15 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main