Missa solemnis von Ludwig van Beethoven - eine fundierte Einführung für Auge und Ohr
Als sein gelungenstes Werk bezeichnete der berühmte Komponist Ludwig van Beethoven sein Vokalwerk "Missa solemnis", das er zwischen 1819 und 1823 anlässlich der Inthronisation Erzherzogs Rudolphs von Österreich zum Erzbischof von Olmütz komponierte. Nun liegt mit "Ludwig van Beethoven Missa solemnis" von Meinrad Walter, Hans-Joachim Hinrichsen und Jakob Johannes Koch erstmalig eine fundierte, facettenreiche Einführung in das beeindruckende Chorwerk vor:
- Eine Hommage zum großen Beethoven-Jubiläum 2020: sein Meisterwerk kulturhistorisch neu interpretiert
- Lesevergnügen par excellence: flüssig, reich bebildert, fundiert und kurzweilig führt dieses hochwertig ausgestattete Sachbuch in das große christliche Vokalwerk ein
- Buch mit CD: eine neue, erstklassige Aufnahme der Missa solemnis mit dem Kammerchor Stuttgart unter der Leitung von Frieder Bernius
- Auftakt zu einer neuen Reihe: mit diesem Buch startet die Deutsche Bibelgesellschaft gemeinsam mit dem Carus Verlag eine kompetente Einführungsreihe "Wort/Werk/Wirkung" zu großen geistlichen Vokalwerken
Ein Meisterwerk der musikalischen Bibelauslegung
"Von Herzen - Möge es wieder - zu Herzen gehn!" so betitelte Ludwig van Beethoven die Partitur der "Missa Solemnis". Gleich dreifach will er mit seinem berühmten Chorwerk die Zuhörer erreichen: musikalisch, emotional und religiös.
Wie sehr sein Werk im christlichem Gedankengut verankert ist, wie sehr Beethoven mit der Symbiose aus biblischem Wort und ausdrucksstarker Musik die Zuhörer berührt, zeigt dieses Buch facettenreich auf. Zugleich wird der großen Einfluss dieser Komposition auf die nachfolgenden Generationen an Künstlern, Mäzenen und Musikliebhabern deutlich.
Mit ihrem Sachbuch öffnen die namhaften Autoren Chorleitern und Chorsängern, Dirigenten, Musikern und Liebhabern derklassischen Musik eine neue Sichtweise und Interpretation auf dieses großartige Meisterwerk!
Als sein gelungenstes Werk bezeichnete der berühmte Komponist Ludwig van Beethoven sein Vokalwerk "Missa solemnis", das er zwischen 1819 und 1823 anlässlich der Inthronisation Erzherzogs Rudolphs von Österreich zum Erzbischof von Olmütz komponierte. Nun liegt mit "Ludwig van Beethoven Missa solemnis" von Meinrad Walter, Hans-Joachim Hinrichsen und Jakob Johannes Koch erstmalig eine fundierte, facettenreiche Einführung in das beeindruckende Chorwerk vor:
- Eine Hommage zum großen Beethoven-Jubiläum 2020: sein Meisterwerk kulturhistorisch neu interpretiert
- Lesevergnügen par excellence: flüssig, reich bebildert, fundiert und kurzweilig führt dieses hochwertig ausgestattete Sachbuch in das große christliche Vokalwerk ein
- Buch mit CD: eine neue, erstklassige Aufnahme der Missa solemnis mit dem Kammerchor Stuttgart unter der Leitung von Frieder Bernius
- Auftakt zu einer neuen Reihe: mit diesem Buch startet die Deutsche Bibelgesellschaft gemeinsam mit dem Carus Verlag eine kompetente Einführungsreihe "Wort/Werk/Wirkung" zu großen geistlichen Vokalwerken
Ein Meisterwerk der musikalischen Bibelauslegung
"Von Herzen - Möge es wieder - zu Herzen gehn!" so betitelte Ludwig van Beethoven die Partitur der "Missa Solemnis". Gleich dreifach will er mit seinem berühmten Chorwerk die Zuhörer erreichen: musikalisch, emotional und religiös.
Wie sehr sein Werk im christlichem Gedankengut verankert ist, wie sehr Beethoven mit der Symbiose aus biblischem Wort und ausdrucksstarker Musik die Zuhörer berührt, zeigt dieses Buch facettenreich auf. Zugleich wird der großen Einfluss dieser Komposition auf die nachfolgenden Generationen an Künstlern, Mäzenen und Musikliebhabern deutlich.
Mit ihrem Sachbuch öffnen die namhaften Autoren Chorleitern und Chorsängern, Dirigenten, Musikern und Liebhabern derklassischen Musik eine neue Sichtweise und Interpretation auf dieses großartige Meisterwerk!
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.01.2020Wie gut das Revolutionäre doch funktioniert
Nachdenken über Musik: Hans-Joachim Hinrichsen legt ein überaus anregendes Beethoven-Buch vor
Kein Mensch interessierte sich für Ludwig van Beethoven, hätte er nicht komponiert. Das klingt banal, ist es aber keineswegs. Und es lohnt, mit Blick auf das Beethoven-Jubiläum 2020, das Jahr seines 250. Geburtstags, sich gelegentlich an dieses wichtige Detail zu erinnern.
Dabei helfen kann ein neues Buch des emeritierten Züricher Musikwissenschaftlers Hans-Joachim Hinrichsen. Nicht nur weil es Beethovens Musik ins Zentrum stellt und sich damit angenehm von Komponisten-Büchern vieler Kollegen abhebt, die ausschweifend über dies und jenes, aber fast nichts über die Musik schreiben. Sondern auch weil es, noch bevor das Jubeljahr überhaupt angefangen hat, eine Entschlackungskur anbietet. Hinrichsen will auf das Wesentliche schauen, die Musik in ihrer Zeit und aus ihrer Zeit heraus verstehen. Klischees, Anekdoten und große Erzählungen interessieren ihn dabei herzlich wenig. Stattdessen fordert er vom Leser, über die Musik nachzudenken.
Das mag viel verlangt sein, denn Beethovens Musik ist sperrig und anspruchsvoll. Und Hinrichsens Zugang hat es überdies in sich, denn er wählt die Philosophie Immanuel Kants als Zugang zu Beethovens Komponieren. Sie dient ihm als roter Faden in den vier Hauptkapiteln, in denen der junge, gleichwohl schon moderne Beethoven in Wien anlangt, sich ästhetisch findet, seinem Zenit entgegenarbeitet und schließlich sein bedeutendes Spätwerk komponiert. Alle vier Etappen verbinden brillant formulierte musikalische Analysen - die wohl zum Besten gehören, was je analytisch über Beethoven geschrieben worden ist (und das will etwas heißen) - mit Auslotungen der kantischen Konzepte ästhetischer Vernunft, teilweise an Beethovens Exzerpten kantischer Philosophie entlang entwickelt, teilweise aus der Musik selbst gefolgert. Die Engführung mit Kants Philosophie kommt dem Analytiker Hinrichsen entgegen: Das eigene, von analytischer Vernunft geleitete Verstehen-Wollen des musikalischen Textes bis in die Tiefenschichten des Materials hinein hat so einen stabilen Rückhalt in einer Philosophie, die der Logik der Sache selbst die höchste Priorität zusprach. Hinrichsen versteht Beethovens Musik als ästhetisches Analogon zur kantischen Philosophie und beide als Projekte der beginnenden Moderne, Aktualitätspotential inklusive.
Das konsequent verfolgte Konzept ermöglicht eine Neujustierung so mancher Beethoven-Bilder. Mit der Perspektive auf die "logische Matrix des musikalischen Denkens", das Begreifen von Musik als "Rationalitätsform" und dem Komponieren als in musikalische Formen gelenkte "Denkform" gelingt in der Tat eine Konzentration auf das verblüffend Zweckmäßige - wie Hinrichsen es oft nennt - der revolutionären Techniken in vielen Werken. Eine Formkonvention, die als Matrix vernünftigen Komponierens über Generationen hinweg tradiert und für den Komponisten als Rückhalt funktionierte, wird damit ein zentrales Moment des modernen Beethoven.
Beeindruckend ist, wie sich der Blick auf die Fünfte und Sechste Sinfonie verfeinert, wenn sie als aufeinander bezogene musikalische Versinnlichungen von Freiheit und Natur im Sinne der kantischen Vernunftsideen verstanden werden und weniger als Kontrastpaar, in dem die Sechste naturgemäß verliert. So sei die Pastorale eben keine bloße Naturschilderung, kein expressiver Sehnsuchtsort, sondern vielmehr ein "wahres Spektrum von philosophischen Ansichten der Natur".
Andernorts kommen notorisch unterschätzte Stücke wie die Klaviersonate op. 54, die Achte Sinfonie oder auch das letzte Streichquartett op. 135 zu neuem Recht, wenn sie nach instruktiver Formanalyse ihrer Mehrdimensionalität als Dokumente eines "ständig erneuerten Glaubens an die rational begründbare Basis der kompositorischen Kreativität" dechiffriert werden. Auch die Neunte Sinfonie wird ausnahmsweise einmal nicht als schattenwerfender Koloss beschrieben, vor dem sich spätere Generationen von Komponisten angstschlotternd wegduckten, sondern als chorsinfonisches Schwesterwerk der "Missa Solemnis".
Manches weckt auch Widerspruch. Etwa die These, dass das "Geisterreich", das E.T.A. Hoffmann in Beethovens Fünfter erblickte, im Grunde auch nur ein "Ursprungsort der reinen praktischen Vernunft" sei. Ist auch unbestritten, dass Hoffmanns Ästhetik sich an Kant abarbeitete, so geht das frühromantische Vokabular von Hoffmanns Rezension über Kants Vernunftsgründe weit hinaus. Hier spielt etwas nicht mehr Fassliches hinein, etwas, was nicht mehr vernünftig analysiert werden kann. Der berühmte Text ist damit mindestens ebenso sehr ein faszinierendes Dokument romantischer Paradoxie, über etwas reden zu wollen, über das man eigentlich nicht reden kann.
Etwas aus der Zeit gefallen mutet die Kategorie des Spätstils an, die von Hinrichsen zwar kurz begrifflich hinterfragt, doch insgesamt argumentativ mitgeführt wird, um sich den späten Kompositionen zu nähern. Und freilich sind die Belege für Beethovens eigene Kant-Lektüren zu schmal, um darauf ein argumentatives Gebäude intentionalen Komponierens zu errichten. Hinrichsen weiß darum, und so versteht sich seine fulminante Interpretation als eine von vielen möglichen, dem ersten modernen Komponisten der Musikgeschichte zu huldigen. Denn wer Beethovens Modernität anerkennt, der setzt damit die Vorstellung eines exklusiven Zugangs beiseite.
Hinrichsen hat ein wichtiges Beethoven-Buch geschrieben, das ein exzellenter Begleiter durch das Jubiläumsjahr 2020 ist.
CHRISTIANE WIESENFELDT
Hans-Joachim Hinrichsen: "Ludwig van Beethoven". Musik für eine neue Zeit.
Bärenreiter/Metzler Verlag, Kassel 2019. 386 S., Abb., geb., 39,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nachdenken über Musik: Hans-Joachim Hinrichsen legt ein überaus anregendes Beethoven-Buch vor
Kein Mensch interessierte sich für Ludwig van Beethoven, hätte er nicht komponiert. Das klingt banal, ist es aber keineswegs. Und es lohnt, mit Blick auf das Beethoven-Jubiläum 2020, das Jahr seines 250. Geburtstags, sich gelegentlich an dieses wichtige Detail zu erinnern.
Dabei helfen kann ein neues Buch des emeritierten Züricher Musikwissenschaftlers Hans-Joachim Hinrichsen. Nicht nur weil es Beethovens Musik ins Zentrum stellt und sich damit angenehm von Komponisten-Büchern vieler Kollegen abhebt, die ausschweifend über dies und jenes, aber fast nichts über die Musik schreiben. Sondern auch weil es, noch bevor das Jubeljahr überhaupt angefangen hat, eine Entschlackungskur anbietet. Hinrichsen will auf das Wesentliche schauen, die Musik in ihrer Zeit und aus ihrer Zeit heraus verstehen. Klischees, Anekdoten und große Erzählungen interessieren ihn dabei herzlich wenig. Stattdessen fordert er vom Leser, über die Musik nachzudenken.
Das mag viel verlangt sein, denn Beethovens Musik ist sperrig und anspruchsvoll. Und Hinrichsens Zugang hat es überdies in sich, denn er wählt die Philosophie Immanuel Kants als Zugang zu Beethovens Komponieren. Sie dient ihm als roter Faden in den vier Hauptkapiteln, in denen der junge, gleichwohl schon moderne Beethoven in Wien anlangt, sich ästhetisch findet, seinem Zenit entgegenarbeitet und schließlich sein bedeutendes Spätwerk komponiert. Alle vier Etappen verbinden brillant formulierte musikalische Analysen - die wohl zum Besten gehören, was je analytisch über Beethoven geschrieben worden ist (und das will etwas heißen) - mit Auslotungen der kantischen Konzepte ästhetischer Vernunft, teilweise an Beethovens Exzerpten kantischer Philosophie entlang entwickelt, teilweise aus der Musik selbst gefolgert. Die Engführung mit Kants Philosophie kommt dem Analytiker Hinrichsen entgegen: Das eigene, von analytischer Vernunft geleitete Verstehen-Wollen des musikalischen Textes bis in die Tiefenschichten des Materials hinein hat so einen stabilen Rückhalt in einer Philosophie, die der Logik der Sache selbst die höchste Priorität zusprach. Hinrichsen versteht Beethovens Musik als ästhetisches Analogon zur kantischen Philosophie und beide als Projekte der beginnenden Moderne, Aktualitätspotential inklusive.
Das konsequent verfolgte Konzept ermöglicht eine Neujustierung so mancher Beethoven-Bilder. Mit der Perspektive auf die "logische Matrix des musikalischen Denkens", das Begreifen von Musik als "Rationalitätsform" und dem Komponieren als in musikalische Formen gelenkte "Denkform" gelingt in der Tat eine Konzentration auf das verblüffend Zweckmäßige - wie Hinrichsen es oft nennt - der revolutionären Techniken in vielen Werken. Eine Formkonvention, die als Matrix vernünftigen Komponierens über Generationen hinweg tradiert und für den Komponisten als Rückhalt funktionierte, wird damit ein zentrales Moment des modernen Beethoven.
Beeindruckend ist, wie sich der Blick auf die Fünfte und Sechste Sinfonie verfeinert, wenn sie als aufeinander bezogene musikalische Versinnlichungen von Freiheit und Natur im Sinne der kantischen Vernunftsideen verstanden werden und weniger als Kontrastpaar, in dem die Sechste naturgemäß verliert. So sei die Pastorale eben keine bloße Naturschilderung, kein expressiver Sehnsuchtsort, sondern vielmehr ein "wahres Spektrum von philosophischen Ansichten der Natur".
Andernorts kommen notorisch unterschätzte Stücke wie die Klaviersonate op. 54, die Achte Sinfonie oder auch das letzte Streichquartett op. 135 zu neuem Recht, wenn sie nach instruktiver Formanalyse ihrer Mehrdimensionalität als Dokumente eines "ständig erneuerten Glaubens an die rational begründbare Basis der kompositorischen Kreativität" dechiffriert werden. Auch die Neunte Sinfonie wird ausnahmsweise einmal nicht als schattenwerfender Koloss beschrieben, vor dem sich spätere Generationen von Komponisten angstschlotternd wegduckten, sondern als chorsinfonisches Schwesterwerk der "Missa Solemnis".
Manches weckt auch Widerspruch. Etwa die These, dass das "Geisterreich", das E.T.A. Hoffmann in Beethovens Fünfter erblickte, im Grunde auch nur ein "Ursprungsort der reinen praktischen Vernunft" sei. Ist auch unbestritten, dass Hoffmanns Ästhetik sich an Kant abarbeitete, so geht das frühromantische Vokabular von Hoffmanns Rezension über Kants Vernunftsgründe weit hinaus. Hier spielt etwas nicht mehr Fassliches hinein, etwas, was nicht mehr vernünftig analysiert werden kann. Der berühmte Text ist damit mindestens ebenso sehr ein faszinierendes Dokument romantischer Paradoxie, über etwas reden zu wollen, über das man eigentlich nicht reden kann.
Etwas aus der Zeit gefallen mutet die Kategorie des Spätstils an, die von Hinrichsen zwar kurz begrifflich hinterfragt, doch insgesamt argumentativ mitgeführt wird, um sich den späten Kompositionen zu nähern. Und freilich sind die Belege für Beethovens eigene Kant-Lektüren zu schmal, um darauf ein argumentatives Gebäude intentionalen Komponierens zu errichten. Hinrichsen weiß darum, und so versteht sich seine fulminante Interpretation als eine von vielen möglichen, dem ersten modernen Komponisten der Musikgeschichte zu huldigen. Denn wer Beethovens Modernität anerkennt, der setzt damit die Vorstellung eines exklusiven Zugangs beiseite.
Hinrichsen hat ein wichtiges Beethoven-Buch geschrieben, das ein exzellenter Begleiter durch das Jubiläumsjahr 2020 ist.
CHRISTIANE WIESENFELDT
Hans-Joachim Hinrichsen: "Ludwig van Beethoven". Musik für eine neue Zeit.
Bärenreiter/Metzler Verlag, Kassel 2019. 386 S., Abb., geb., 39,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main