Als Hegel, mit dessen logischem Großunternehmen man Luhmanns Soziologie ja häufig verglichen hat, nach der absoluten Metapher für Philosophie suchte, kam er auf die Eule der Minerva, die erst in der hereinbrechenden Dämmerung ihren Flug beginnt. Und viele haben das so verstanden, als müssten wir erst auf die Weltphilosophie warten, um die Weltgesellschaft beschreiben zu können. Niklas Luhmann hat Hegels Metapher jedoch ganz anders verstanden: Philosophie, wenn es denn überhaupt noch eine geben sollte, steht nicht am Anfang, sondern am Ende der wissenschaftlichen Theoriebildung. Der letzte Satz der allgemeinen Theorie sozialer Systeme lautet deshalb: 'Wir können jetzt der Eule Mut zusprechen, nicht länger im Winkel zu schluchzen, sondern ihren Nachtflug zu beginnen. Wir haben Geräte, um ihn zu überwachen, und wir wissen, dass es um Erkundung der modernen Gesellschaft geht.'Dieser Band versammelt fünf gleichermaßen scharfsinnige wie scharfsichtige Erkundungen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Warum bloß ist Luhmann für uns so attraktiv? Diese Frage lässt sich laut Jens-Christian Rabe ganz gut mit diesem Band mit Luhmann-Aufsätzen von Norbert Bolz, Peter Fuchs, Peter Sloterdijk und anderen beantworten. Es geht um die Anwendbarkeit von Luhmanns Mitteln und Begriffen, die Rabe am besten in den Worten des Luhmann-Schülers Dirk Baecker beschrieben findet: Als Taktik, der Kritik (hier an Bürokratie und Management) recht zu geben, ohne den Kritikern recht geben zu müssen. Wenn das nicht ein Leckerbissen ist für uns kritische Zeitgenossen, meint Rabe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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