Durch die Untersuchung des kaum bekannten Lukácsschen Werkes Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins offenbart sich ein völlig neuer Autor, als jener der früheren Schriften, allen voran Geschichte und Klassenbewußtsein. Es treten sowohl eine wesentlich verschiedene Philosophie als auch ein ent-manichäischer, vielfältiger historischer Materialismus zu Tage. Lukács‘ Zur Ontologie des gesellschaftlichen Seins, das sein letztes und wichtigstes, jedoch zugleich unbekanntestes Werk darstellt, enthüllt das Vermögen beziehungsweise die Möglichkeit zur Umwälzung der mystischen früh-Lukácsschen und der mechanischen Marxistischen Lehren. Dadurch werden neue Wege eröffnet, um Gesellschaftskritik in ihren Dogmen zu erschüttern, besonders die des früheren, berühmten Lukács selbst. Die Auseinandersetzung mit dem späten Lukács ist deswegen nicht nur höchst aktuell, um den Ungarischen Philosophen aus dem Schlummer seines berühmten vulgären Materialismus zu wecken, sondern auch um den Marxismus selbst umzuformulieren und auf die Füße zu stellen. Das korrekte Begreifen des kausal-teleologischen Verhältnisses der Ontologie des Gesellschaftlichen Seins verbannt die Kategorie des mystischen Proletariers und daher ebenso jedes binäre Verständnis des Klassenkampfes. Dadurch gewinnt die Kategorie des Klassenkampfs eine neue Qualität, indem die vielfältige Dynamik des gesellschaftlichen Seins im Zentrum der Debatte immanent steht. Weder irgendeine Form eines Schicksals noch irgendeine selbstbewegende Form der Emanzipation und umso weniger eine vollkommene bewusste Setzung können das Prinzip des gesellschaftlichen Wandels darstellen. Im Gegenteil: Das aktive menschliche Handeln muss sich immer durch die Konfrontation mit dem Reellen umwandeln und an die wirklich menschlichen und natürlichen Bedingungen erneuert anpassen, um so einen kritischen Weg zu einer emanzipierten ethischen Praxis zu ermöglichen.