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Mit dem Urknall bildete sich erstmals Materie. Es entstanden die ersten, positiv geladenen Teilchen und gleichzeitig auch ihr jeweiliges Spiegelbild, die negativ geladenen Antiteilchen. Treffen sie zusammen, zerstören sie sich gegenseitig. Mit anderen Worten: Bruchteile nach ihrer Entstehung vernichteten sich Materie und Antimaterie gleich wieder selbst. Der symmetrische Anfang des Universums hätte also gleich wieder zu seiner Selbstauslöschung führen müssen. Doch irgend etwas ging bei diesem Vorgang schief. Denn zweifelsohne gibt es ja Materie, gäbe es doch sonst weder das Universum noch die…mehr

Produktbeschreibung
Mit dem Urknall bildete sich erstmals Materie. Es entstanden die ersten, positiv geladenen Teilchen und gleichzeitig auch ihr jeweiliges Spiegelbild, die negativ geladenen Antiteilchen. Treffen sie zusammen, zerstören sie sich gegenseitig. Mit anderen Worten: Bruchteile nach ihrer Entstehung vernichteten sich Materie und Antimaterie gleich wieder selbst. Der symmetrische Anfang des Universums hätte also gleich wieder zu seiner Selbstauslöschung führen müssen. Doch irgend etwas ging bei diesem Vorgang schief. Denn zweifelsohne gibt es ja Materie, gäbe es doch sonst weder das Universum noch die so exakt aufeinander eingespielten Naturgesetze, geschweige denn den Menschen. Was aber hat dazu geführt, daß die Materie das Rennen gemacht hat? Und wo ist die ganze Antimaterie geblieben, wenn es doch zu jedem Materieteilchen das entsprechende Antiteilchen gibt? Woher rührt also die merkwürdige Asymmetrie in der kosmischen Ordnung, die unsere Existenz offenbar erst ermöglicht? Sollte die göttliche Schöpfung erst dank eines kleinen 'Fehlers', durch Luzifers Erbe, ihre Perfektion erhalten haben?
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2002

Wenn Licht von Finsternis sich scheidet
Weltsinn: Der Physiker Frank Close feiert die Asymmetrie / Von Ulf von Rauchhaupt

Wer immer sich den deutschen Untertitel dieses Buches ausgedacht hat - er dürfte jede Menge Verlagsprogramme mit populärwissenschaftlichen Neuerscheinungen gelesen haben, aber kaum das Buch selber. Denn Frank Close, theoretischer Elementarteilchenphysiker am Rutherford Appleton Laboratory im englischen Culham, erzählt hier mitnichten eine "physikalische Schöpfungsgeschichte". Mit kosmologischen Spekulationen Marke Stephen Hawking hat "Luzifers Vermächtnis" (dieser Teil des Titels entspricht dem des englischen Originals) nichts zu tun. Close verläßt mit keiner Zeile den Boden der bekannten physikalischen Theorien - und von den noch ungeprüften Theorien erwähnt er nur solche, die eine Mehrheit der Forscher derzeit in Erwägung zieht. Das klingt langweilig? Ist es aber nicht - nicht bei Frank Close.

Jedenfalls nicht in den ersten Teilen des Buches, in denen er seinem eigentlichen Thema nachspürt, dem "Sinn der Asymmetrie" (so auch der ursprüngliche Untertitel). Nun würde man von einem theoretischen Physiker ja eigentlich erwarten, daß er eher die Symmetrie feiert als die Asymmetrie. Sind es doch Symmetrien, welche die grundlegenden physikalischen Gesetze auszeichnen. Auch der Kosmos muß an seinem Anfang ein vollkommen symmetrisches Gebilde gewesen sein. Doch zum Glück für uns blieb es nicht dabei - weswegen, theologisch gesehen, Luzifer kaum eine glückliche Metapher für den nun folgenden Einbruch der Asymmetrie in die Welt abgibt. An irgendeinem Punkt, Momente nach dem Urknall, muß die kosmische Symmetrie zerbrochen sein. Die perfekte Einförmigkeit wich der primordialen Verschiedenheit, Energie schied sich von Materie, Materie von Antimaterie, Licht von Finsternis. So mancher Vorsokratiker hätte an dem heutigen physikalischen Weltbild seine helle Freude gehabt.

Bei Close ist die Kosmogonie aber nur ein Nebenaspekt. Statt beim Urknall beginnt er sein Buch mitten in der Welt der Menschen - und die ist überall asymmetrisch: Autos fahren hierzulande auf der rechten Straßenseite, Linkshänder tun sich mit handelsüblichen Scheren schwer, dafür schlägt das Herz bei den meisten Leuten links - physiologisch jedenfalls. Genüßlich widmet sich der Autor der Frage, warum Spiegel rechts und links, nicht aber oben und unten vertauschen - und erleuchtet alle, die bei ihrem letzten Australien-Aufenthalt Nächte im Hotelbadezimmer verbrachten, um herauszufinden, ob das Wasser südlich des Äquators wirklich andersherum durch den Abfluß wirbelt als nördlich davon. Schade nur, daß Close zu keinem dieser Kabinettstückchen Referenzen angibt. Doch davon abgesehen ist dieser erste Teil des Buches eine Glanzleistung.

Allerdings ist der "Sinn" dieser Asymmetrien für den Physiker Close in erster Linie didaktischer Natur. Sie sollen an neue Erkenntnisse heranführen, denen zufolge es eben doch Symmetrien sind, welche die Welt im Innersten zusammenhalten - nur eben auf raffinierte Weise "gebrochen" oder "versteckt". Zuvor jedoch, im zweiten Drittel des Buches, schickt Close seine Leser noch im Schnelldurchlauf durch die Geschichte der subatomaren Physik. Nun ist Historie nur bedingt zur Propädeutik geeignet - in vielen Lehrbüchern ging das schon schief. Nicht so bei Close. Durch seinen flotten und pointierten Stil bringt er es sogar fertig, auch physikhistorisch bereits vorinformierte Leser bei der Stange zu halten, indem er die Taten von Marie Curie, Wilhelm Conrad Röntgen oder Ernest Rutherford spannend zu kontextualisieren weiß.

Im eigentlich physikalischen dritten Teil dagegen fällt das Niveau leider deutlich ab. Zwar präsentiert Close auch hier einige wunderbare Beispiele dafür, daß sich auch moderne Physik und solche abgehoben klingenden Konzepte wie "spontane Symmetriebrechung" und "Higgs-Mechanismus" spannend und völlig allgemeinverständlich erklären lassen - doch nur, wo er sich dafür Zeit nimmt. Zu den wirklich aktuellen Themen, etwa der Supersymmetrie, fällt ihm enttäuschend wenig ein. Die paar Seiten, die Close dafür erübrigt, sind kaum dazu angetan, bei Laien Interesse für die Experimente des Large Hadron Collider (LHC) am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf zu wecken, wo man sich ab 2005 ja vor allem diesen Fragen widmen will. Statt dessen wird dem Leser eine Hymne auf die technischen Wunder des LHC zugemutet, die so dröge wie eine Pressemitteilung ist.

Auch der Umstand, daß die - im großen und ganzen solide - Übersetzung von Thomas Filk sich eben doch als Übersetzung liest und den Sprachwitz des englischen Originals nicht immer wiedergibt, dämpft das Vergnügen. An einigen wenigen Stellen - etwa wenn "ultimate" falsch mit "ultimativ" oder "generic" einfach mit "generisch" wiedergegeben wird - möchte man wieder in ein allgemeines Lamento darüber verfallen, wie wenig Spielraum die Verlage den Übersetzern populärwissenschaftlicher Prosa für die sprachliche Feinarbeit lassen.

Eine wirklich ernste Schwäche des Buches - bereits des Originals - ist seine Bebilderung. Zumal bei einem solchen Thema wie "Symmetrie und Asymmetrie" hätte der renommierte Verlag deutlich mehr in gute Infographik investieren müssen. Kleinformatige Schwarzweißbilder und einfarbige Strichzeichnungen, die aussehen, als hätte der Autor sie unter Zeitdruck auf dem Computer selbst zusammengebastelt - das ist wirklich ein bißchen wenig. Zweifellos leiden viele Sachbücher heute daran, daß die Verlage eher den Lektor einsparen als den Art-director. Doch auch gute Texte kommen nicht notwendig ohne vernünftige Illustration aus. Leider ist diese Asymmetrie auch öfter zu beobachten. Sinnvoll ist sie genausowenig.

Frank Close: "Luzifers Vermächtnis". Eine physikalische Schöpfungsgeschichte. Aus dem Englischen von Thomas Filk. Verlag C. H. Beck, München 2002. 273 S., 47 Abb., geb., 22,90 .

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Der Untertitel von der "physikalischen Schöpfungsgeschichte" führt, warnt Rezensent Ulf von Rauchhaupt, in die Irre: Es geht hier nicht um Spekulation, sondern nur um den sicheren Boden der "bekannten physikalischen Theorien". Das Thema freilich ist eher ungewöhnlich für einen Physiker, da es Close nicht um die - für alle physikalische Theoriebildung entscheidende - Symmetrie der Natur und ihrer Gesetze geht, sondern um das Gegenteil. Und die Asymmetrie findet Close im ersten Teil seines Buches, den der Rezensent "glänzend" findet, mitten in unserer Alltagswelt: bei Linkshändern oder beim Autoverkehr. Ebenfalls noch sehr lesenswert scheint Rauchhaupt das zweite Drittel, das einen Durchlauf durch die "Geschichte der subatomaren Physik" bietet, der "flott und pointiert" geschrieben ist. Problematisch dann leider das letzte Drittel, das sich mit aktuellen physikalischen Fragen auseinandersetzt: Hier ist Close, bedauert der Rezensent, "enttäuschend wenig" eingefallen. Darüber hinaus ist die lieblose Bebilderung des Bandes zu beklagen, die Übersetzung findet Rauchhaupt "im großen und ganzen solide", mehr aber nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH"