Der 'Lazarillo de Tormes' zählt zu den hochkanonisierten Werken der spanischen Literatur. In dieser Studie gelingt auf der Grundlage der enorm vielen Forschungsbeiträge ein neuer Zugriff, der die übliche literaturhistorische Fokussierung gezielt verschiebt. Sie wird neu orientiert, weg vom vermeintlich geschlossenen Werkganzen hin zur Produktivität der unterschiedlichen Ausgangsvarianten des Textes, der in vier Trägern aus dem Jahre 1554 überliefert worden ist, mit teilweise abweichendem Textstand. Mit Blick auf die direkten Fortsetzungen und einige epigonale Weiterbearbeitungen, die bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts erschienen, wird ein neues Erklärungsmuster zur Produktivität des 'Lazarillo'-Stoffes geboten, das die Diskussion um die 'Gattung' der Pikareske und deren Entwicklung mit neuen Thesen konfrontiert.