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Psychisch kranke Söhne sind nicht nur Söhne ihrer Mütter. Sie sind vor allem auch als Söhne ihrer Väter zu verstehen. Dennoch wissen wir wenig über die Väter. Wenn über sie nachgedacht wird, ist dies meist mit der Klage um ihre Abwesenheit verbunden. Es ist - nach Ansicht von Marga Kreckel - eine beachtliche "Kulturleistung", die Väter durch wissenschaftliche Nichtbeachtung und den Hinweis auf ihre häufige Abwesenheit fast vollkommen zu ignorieren, sobald es um die Klärung pathogener Entwicklungen bei ihren Söhnen geht. Aber in der Kultur des Vaterrechts scheint der Vater ein Tabu zu sein. Die…mehr

Produktbeschreibung
Psychisch kranke Söhne sind nicht nur Söhne ihrer Mütter. Sie sind vor allem auch als Söhne ihrer Väter zu verstehen. Dennoch wissen wir wenig über die Väter. Wenn über sie nachgedacht wird, ist dies meist mit der Klage um ihre Abwesenheit verbunden. Es ist - nach Ansicht von Marga Kreckel - eine beachtliche "Kulturleistung", die Väter durch wissenschaftliche Nichtbeachtung und den Hinweis auf ihre häufige Abwesenheit fast vollkommen zu ignorieren, sobald es um die Klärung pathogener Entwicklungen bei ihren Söhnen geht. Aber in der Kultur des Vaterrechts scheint der Vater ein Tabu zu sein. Die Autorin hat im Verlauf ihrer langjährigen Erfahrung als Psychotherapeutin reichhaltiges Material über das Verhältnis psychisch erkrankter Söhne zu ihren Vätern gesammelt, das in diesem Buch anschaulich dargestellt und analysiert wird. In zahlreichen Fallbeispielen wird der tiefgreifende, oft entwicklungshemmende Einfluß der Väter auf ihre Söhne sichtbar gemacht. Nicht umsonst ist von der "Macht der Väter" und der "Krankheit der Söhne" die Rede. Neben diesem Schwerpunkt wird zudem auf die konfliktträchtige Phase der Adoleszenz und auf die psychotherapeutische Behandlung schizophrener Patienten ausführlich eingegangen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.1997

Unter der Fuchtel
Wie Väter ihre Söhne in die Schizophrenie treiben

Mütter und ihre engen Beziehungen zu ihren Kindern sind in den letzten Jahrzehnten gründlich untersucht worden. Väter tauchen dagegen in der Fachliteratur nur als Randfigur auf. Daß sie abwesend seien und wenig beteiligt an der Erziehung ihrer Kinder, wird vielfach beklagt. Trotzdem haben sie meistens "das letzte Wort". Sie setzen Maßstäbe, die insbesondere für Söhne oft schwer zu akzeptieren sind. Die "neuen Väter" bemühen sich zwar um eine flexible Teilung von Aufgaben und Pflichten innerhalb der Familie, wollen auch eher Freund als Autorität ihrer Kinder sein - das alte Idealbild vom Mann haben sie trotzdem nur wenig verändert.

In der Literatur gibt es zahlreiche Beispiele für Konflikte zwischen Vater und Sohn, an denen die Heranwachsenden zu zerbrechen drohen. Die Briefe von Hermann Hesse oder Franz Kafka an ihre Väter sind bewegende Zeugnisse solcher Zerreißproben. Wenn es dem Sohn nicht gelingt, sich vom Vater zu lösen und ein neues Verhältnis voller Vertrauen aufzubauen, entladen sich die Spannungen nicht selten in schizophrenen Zuständen. Problematische Kindheitsgeschichten gehen in Krankheitsgeschichten über.

Marga Kreckel war fast zehn Jahre lang Leiterin einer psychiatrischen Tagesklinik in Nürnberg. Sie hat dort das Konzept einer psychotherapeutischen Behandlung für Patienten mit schizophrenen Psychosen entwickelt. Grundlage ihres Buches mit dem provozierenden Titel "Macht der Väter - Krankheit der Söhne" sind die Therapieverläufe von mehr als hundert meist jüngeren Männern. Nach ihren Erfahrungen ist Schizophrenie kein unabänderliches Schicksal. Sie ist überzeugt davon, daß der Betroffene lernen kann, mit seiner Krankheit umzugehen, wenn er sich, unterstützt von einem Therapeuten, mit seiner krankmachenden Vergangenheit - und das heißt meistens auch mit dem distanzierten und übermächtigen Vater - auseinandersetzt.

Abraham und seine Söhne, Laios und Ödipus, aber auch noch Sigmund Freud und sein Vater Jakob sind zum Teil erschreckende Beispiele für problembeladene Bindungen, in denen die Söhne auch dann noch die Schwächeren sind, wenn sie ihre Väter durchschauen und schonen wollen. Daß die verschwiegene Vergangenheit der Väter eine unerträgliche Belastung für die Söhne sein kann, hat Ende der sechziger Jahre die Studentenrevolte gezeigt. Damals gerieten die Kriegs- und Wiederaufbau-Helden auf die Anklagebank. "Das Schweigen der Väter wird mit der Krankheit der Kinder bezahlt", schreibt Marga Kreckel. "Bleibt der Vater für den Sohn das unbekannte Wesen, so bleibt der Sohn auch sich selbst fremd." Die Autorin spricht von einer Behandlungsatmosphäre voll wechselseitigen Respekts. Sie läßt ihre Patienten zu Wort kommen. Sie sollen selbst den Schlüssel für den Hintergrund ihres Leidens finden. Immer wieder tauchen die Frage "Wer bin ich?" und die Hoffnung auf Versöhnung und einen Neubeginn auf. Die Grenzen zwischen normal und krankhaft sind fließend. In erster Linie sind Schizophrene und Schizophreniegefährdete verletzliche Menschen wie viele andere. "Ihnen macht Angst, was den Gesunden Angst macht, und tut gut, was dem Gesunden guttut, nämlich eine angstfreie Atmosphäre, Aufklärung, Verstehen, Einsicht." MARIA FRISÉ

Marga Kreckel: "Macht der Väter - Krankheit der Söhne". Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1997. 269 S., br., 19,80 DM.

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