Macht und Gewalt sind Gegensätze
Hannah Arendt hat dieses Buch, das 1970 erstmals erschien, im Angesicht des Vietnamkrieges und unter den Eindruck weltweiter Studentenunruhen geschrieben.
In diesem Essay zeigt sie die Abgrenzungen und Überschneidungen der politischen Schlüsselbegriffe Macht und Gewalt. Sie analysiert die theoretischen Begründungen von Gewalttätigkeit und die gewalttätigen Aktionen in Vietnam, in den Rassenkonflikten der USA und bei den Studentenrevolten in aller Welt. Die alte Theorie von Krieg und Gewalt als Ultima ratio der Macht wurde - wenigstensim zwischenstaatlichen Bereich - durch die Kernwaffen ad absurdum geführt. Hannah Arendt formuliert scharf und provozierend aus unserer Wirklichkeit gewonnene Erkenntnisse über die Funktionen von Macht und Gewalt in der Politik.
Mit einem Nachwort von Prof. Dr. Christine Blättler
Hannah Arendt hat dieses Buch, das 1970 erstmals erschien, im Angesicht des Vietnamkrieges und unter den Eindruck weltweiter Studentenunruhen geschrieben.
In diesem Essay zeigt sie die Abgrenzungen und Überschneidungen der politischen Schlüsselbegriffe Macht und Gewalt. Sie analysiert die theoretischen Begründungen von Gewalttätigkeit und die gewalttätigen Aktionen in Vietnam, in den Rassenkonflikten der USA und bei den Studentenrevolten in aller Welt. Die alte Theorie von Krieg und Gewalt als Ultima ratio der Macht wurde - wenigstensim zwischenstaatlichen Bereich - durch die Kernwaffen ad absurdum geführt. Hannah Arendt formuliert scharf und provozierend aus unserer Wirklichkeit gewonnene Erkenntnisse über die Funktionen von Macht und Gewalt in der Politik.
Mit einem Nachwort von Prof. Dr. Christine Blättler
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.11.2016Hannah Arendt
Trump hat nun die Macht? Ach was. Nicht, wenn man Hannah Arendts Studie „Macht und Gewalt“ von 1970 folgt. Macht, schreibt die im Nationalsozialismus in die USA emigrierte Philosophin, wächst aus „der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln oder etwas zu tun, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln“. Macht ist fluide, ein kommunikativer Prozess, nichts für Rechthaber, sondern eine ständige Debatte. Argumente müssen angstfrei ausgetauscht werden können; Menschen brauchen die Fähigkeit zum Versprechen und Verzeihen. Denn eine Gruppe kann nur gemeinsam handeln, wenn sie Absprachen trifft, die verbindlich sind, und wenn jeder dem anderen gegenüber nachsichtig sein kann. Trump ist bislang unzuverlässig, nachtragend, unfähig zum überzeugenden Argument, ein Kontrollfreak, kein Mann des Konsenses. Andersdenkenden zuzuhören fällt ihm schwer. So jemand könnte in Arendts Definition gar keine Autorität entwickeln, denn die entsteht erst im offenen Diskurs.
Etwas anderes ist das mit der Gewalt. Sie beruht auf Zwängen, auf Befehl und Gehorsam. Da wird nicht diskutiert, und wenn es schiefgeht, kann Macht auch in Gewalt umschlagen, etwa wenn eine gewählte Regierung Minderheitenrechte verletzt. Gewalt wiederum kann Macht vernichten, zum Beispiel im Putsch. Sie kann aber keine legitime Macht erzeugen, das können nur Menschen, die sich zusammenschließen. Sie können sich gemeinsam gegen Gewalt wehren und sie können, weil sie Menschen sind, jederzeit neu anfangen. Wenn nötig, auch in Amerika.
KIA
Hannah Arendt: Macht und Gewalt. Piper Verlag, 136 Seiten, 9,99 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Trump hat nun die Macht? Ach was. Nicht, wenn man Hannah Arendts Studie „Macht und Gewalt“ von 1970 folgt. Macht, schreibt die im Nationalsozialismus in die USA emigrierte Philosophin, wächst aus „der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln oder etwas zu tun, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln“. Macht ist fluide, ein kommunikativer Prozess, nichts für Rechthaber, sondern eine ständige Debatte. Argumente müssen angstfrei ausgetauscht werden können; Menschen brauchen die Fähigkeit zum Versprechen und Verzeihen. Denn eine Gruppe kann nur gemeinsam handeln, wenn sie Absprachen trifft, die verbindlich sind, und wenn jeder dem anderen gegenüber nachsichtig sein kann. Trump ist bislang unzuverlässig, nachtragend, unfähig zum überzeugenden Argument, ein Kontrollfreak, kein Mann des Konsenses. Andersdenkenden zuzuhören fällt ihm schwer. So jemand könnte in Arendts Definition gar keine Autorität entwickeln, denn die entsteht erst im offenen Diskurs.
Etwas anderes ist das mit der Gewalt. Sie beruht auf Zwängen, auf Befehl und Gehorsam. Da wird nicht diskutiert, und wenn es schiefgeht, kann Macht auch in Gewalt umschlagen, etwa wenn eine gewählte Regierung Minderheitenrechte verletzt. Gewalt wiederum kann Macht vernichten, zum Beispiel im Putsch. Sie kann aber keine legitime Macht erzeugen, das können nur Menschen, die sich zusammenschließen. Sie können sich gemeinsam gegen Gewalt wehren und sie können, weil sie Menschen sind, jederzeit neu anfangen. Wenn nötig, auch in Amerika.
KIA
Hannah Arendt: Macht und Gewalt. Piper Verlag, 136 Seiten, 9,99 Euro.
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