Die Reflexion der Begriffe Macht und Herrschaft ist Sache der Soziologie und weist doch über die Soziologie hinaus: Sie zählt zu den Angelegenheiten, die, nach dem klassischen Begriff, als rei publicae das Gemeinwesen betreffen. Die Soziologie ist Teil des Gemeinwesens; und das Gemeinwesen ist Gegenstand ihres wissenschaftlichen Interesses. Was das Gemeinwesen über sich, über die bestehenden Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu wissen vermag, liegt auch - und gerade - in der Verantwortung der Soziologie. Ein Gemeinwesen, das die Fähigkeit nicht mehr besäße, die politisch-ökonomischen Prozesse und die sie bestimmenden Macht- und Herrschaftsbeziehungen begrifflich fassbar zu machen und kritisch zu beurteilen, und zwar auf einem analytischen Niveau, dessen Komplexität der Komplexität dieser Prozesse adäquat ist, wäre ein Gemeinwesen auf dem Weg der res publica amissa. Das Gemeinwesen sähe sich der latenten Gefahr ausgesetzt, den Profiteuren der Ungenauigkeiten und Vagheiten anheimzufallen. Und die Soziologie würde sich selbst untreu. Soziologische Grundlagenforschung ist daher in beider Sinne unverzichtbar - und dazu gehört gerade die Reflexion der Begriffe Macht und Herrschaft, die im vorliegenden Band in fünf Rubriken dokumentiert wird: Herrschaft und Rationalität; Ordnungen der Macht; Charisma in der Massengesellschaft; Regierungsweisen; Die andere Seite der Biopolitik.