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Ökonomische/soziale Modernitätsdynamik basiert nicht zuletzt auf kulturell vielfältig eingeübten Dualismen von Macht und Ohnmacht, Innovation und Abwicklung, Beziehung und Aus-grenzung. Dabei zeichnen sich die Ohnmachtserfahrungen und Abstiegskarrieren der Verlierer durchaus in scharfen Konturen ab, während Macht und Machthaber oft kaum zu identifizieren sind. Die Mechanismen und Profile der Macht bleiben immer häufiger verborgen, anonym, variabel. Das erzeugt Unbehagen. Es drängt dazu, verdeckte Relationen von Macht und Misslingen aufzuklären.
Beruht die Asymmetrie zahlreicher
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Produktbeschreibung
Ökonomische/soziale Modernitätsdynamik basiert nicht zuletzt auf kulturell vielfältig eingeübten Dualismen von Macht und Ohnmacht, Innovation und Abwicklung, Beziehung und Aus-grenzung. Dabei zeichnen sich die Ohnmachtserfahrungen und Abstiegskarrieren der Verlierer durchaus in scharfen Konturen ab, während Macht und Machthaber oft kaum zu identifizieren sind. Die Mechanismen und Profile der Macht bleiben immer häufiger verborgen, anonym, variabel. Das erzeugt Unbehagen. Es drängt dazu, verdeckte Relationen von Macht und Misslingen aufzuklären.

Beruht die Asymmetrie zahlreicher Machtverhältnisse womöglich auf verschwiegenem Konsens und untergründiger Kooperation? MUSS Macht nicht, unter Einschluss ihrer Widerstände und Widersprüche, als Ensemble höchst beweglicher "Kräfteverhältnisse" (M. Foucault) verstanden werden? Ist Machtkritik, etwa im Namen der Moral, bereits selbst ein verdeckter Spielzug im sozialen Netzwerk der Macht?

Ausgehend von einer systemisch orientierten Sozialphilosophie der Macht und Kontingenz modelliert Richard Geisen die zukunftsfähige Bewirtschaftung sozialer Aufmerksamkeit/Achtung und ihrer intertemporalen Vernetzung. Aufgezeigt werden die Bedingungen und Konturen einer sozialen Ökonomie der Verführung und der Grenzgänge, des Erinnerns und Vergessens, der Realisierung und Kultivierung. An Stelle wohlfeiler Machtkritik plädiert der Autor für eine vielfältige Steigerung und Diversifizierung von Macht und "Möglichkeitssinn".
Autorenporträt
Richard Geisen, Dr. phil. et Dr. theol., Jahrgang 1953, Studium der Philosophie, Publizistik und Theologie in Hagen, Mainz und Paderborn; ar-beitet hauptberuflich als Erwachsenenbildner im Dortmunder Sozialinstitut Kommende.

Buchveröffentlichungen: Anthroposophie und Gnostizismus, Schöningh 1992; Grundwissen Ethik, Klett 1995; Grundwissen Religion, Klett 1999; Heraus-geber einer zehnbändigen Grundwissenreihe zu sozial- und kulturwissenschaftlichen Fächern (Klett 1999) sowie Mitheraus-geber mehrerer Sammelbände m der Reihe "Management und Humanität im Gesundheitswesen" (Lit-Verlag 2001-2005).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.11.2005

Ausgebrütete Windeier
Richard Geisen über Macht und Misslingen
Ist Misslingen eigentlich das Gegenteil von Erfolg? Aus der Entfernung nimmt es sich so aus. Näher besehen aber zeigt sich ein eigentümliches Ineinander beider. Misslingen kann nur, was versucht wurde. Erfolge, die zählen, gibt es gleichfalls nur, wo einer etwas riskiert hat. So stehen Misslingen und Erfolg einander näher als beide dem Rückzug aufs Sichere. Doch nicht lediglich gibt es Erfolge bloß da, wo die Sache stattdessen hätte misslingen können. Wie es scheint, werden Erfolge auch nur erzielt, nachdem Entsprechendes misslang.
Als Kinder können wir kaum je auf Anhieb erfolgreich handeln. Brei essen, Laufen, Schwimmen, Schreiben: All das geht wieder und wieder schief. Der Nachwuchs der Menschenart macht jegliches hundertmal und hundertundeinmal; seine Erfolge, die kleinen und die staunenswert großen, wachsen aus diesem hundertundeinmaligen Misslingen. Und so sie nicht werden wie die Kinder, in dieser Hinsicht wenigstens, sind auch Erwachsene selten erfolgreich. Künstler wissen, daß aus misslungenen Ansätzen oft die besten Dinge entstehen.
Liegt im Misslingen der Keim des Erfolgs, so im Erfolg oft genug der Anfang des Misslingens. Auf dieses faszinierende Problem ist der in Dortmund in der Erwachsenenbildung tätige Richard Geisen gestoßen. „Noch ein solcher Sieg, und wir sind verloren!”, zitiert er eine neuerdings auch außermilitärisch wieder plausibel gewordene Generalsweisheit. Die Wiedervereinigung Deutschlands war zwei, für manche drei und vier Jahrzehnte lang erklärtes Ziel des Staates Bundesrepublik. Seit dieser, sein größter anzunehmender, Erfolg sich einstellte, ist des Jammerns kein Ende.
Erfolg hat Kosten. Und Erfolg lässt die Erfolgreichen selbstgefällig, träge, blind oder prätentiös werden; jeder einzelne dieser Züge genügt, Leben misslingen zu lassen. Wem bis zuletzt alles zum Erfolg wird, der ist vielleicht bloß rechtzeitig gestorben. „Nur die Kürze des individuellen Lebens macht aus, dass gewisse Leute als Sieger in die Geschichte eingegangen sind: Sie haben die Verwandung des Sieges in eine Niederlage nicht mehr erlebt”, schreibt Manès Sperber.
Man möchte meinen, ein solcher Fund von einem Problem müsse aus sich heraus ein Buch zu Entdeckungen treiben. Und welcher Gegenstand wäre geeigneter, die verachtete Dialektik einmal wieder zu Ehren zu bringen? Statt solcher: einer Denkform, die Gegensätze aufeinanderprallen lässt, befleißigt Geisen sich indes, in Sprache wie Sache, des sozialtechnologischen Ideals, sie zum Ausgleich zu bringen: „Modelliert wird schließlich eine ausbalancierende Bewirtschaftung von Macht und Misslingen”. Geisens Hoffnung gilt, wie es an exponierter Stelle heißt, „der strukturell angelegten Fähigkeit zur Einnistung in den netzartigen Beziehungen/Prozessen, die die konnektive Textur konstituieren”.
Doch was an solchen Nistplätzen ausgebrütet wird, sind Windeier. Die „zentrale These” des Buches lautet: „Zukunftsfähigkeit, Entwicklungschancen und orientierende Visionen werden durch Fixierung auf das Aktuelle und Gelingende, das Erfolgreiche und Durchsetzungsfähige unnötig eingeengt”. Wenn es sich um eine „Fixierung” auf das, was ist, handelt, wird sie schon, was auch sein könnte, „einengen”; sonst hätte man von vornherein nicht von „Fixierung” reden sollen. Die Wertung, die sich als Konklusion ergeben sollte, ist in die Prämisse gelegt; solche These bedürfte nicht 500seitiger Begründung. Und sie ist bar jeden Gedankens, der ein wenigstens theoretisches Veto erlaubte gegen die Verwüstung des Lebens; auch in der Vorstandsetage von Lockheed Martin und Krauss Maffei interessiert man sich weit mehr noch als für „das Aktuelle” für allerhand Potentiale; einer Geisen in nichts nachstehenden Begeisterung für „Entwicklungschancen” zur Seite tritt in solchen Höhen eine denn doch vermutlich etwas ergiebigere Reflexion von Misslingen, das in worst case scenarios nach allen Seiten hin ausgelotet wird.
Geisen selbst hat über der orientierenden Vision seiner Doktorarbeit ein wenig den Blick für deren aktuelle Details verloren. Dieselbe Person wird auf einer einzigen Seite einmal „Seiter”, einmal „Seifter”, und einmal „Seitter” genannt; und Kants Aufsatz „Über ein vermeintliches Recht, aus Menschenliebe zu lügen” erhält hier den abstrusen Titel „Über ein vermeintliches Recht auf Menschenliebe”. Oder erwog der Autor damit womöglich eine passendere Überschrift für sein eigenes Werk?
ANDREAS DORSCHEL
RICHARD GEISEN: Macht und Misslingen. Zur Ökonomie des Sozialen. Mit ethischen Variationen über Erinnern und Zukunftsfähigkeit, Pluralismus und Moral. Parerga Verlag, Berlin 2005. 530 Seiten, 29,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die Hälfte der ihm für seine Rezension zugestandenen Zeilen verbraucht Andreas Dorschel zur Entfaltung einer Dialektik von Misslingen und Erfolg, die einander näherliegen, so Dorschel, "als beide dem Rückzug aufs Sichere". Dorschel bescheinigt dem Autor, in seiner Dissertation auf ein faszinierendes Problem gestoßen zu sein. Dann kommt Dorschel auf das vorliegende Buch zu sprechen um festzustellen, dass es leider nicht auf der Höhe der vorher skizzierten Dialektik liegt. Der Rezensent, selbst Professor für "Wertungsforschung und kritische Musikästhetik" in Graz (was die SZ aber vornehmerweise verschweigt, obwohl es doch zum Verständnis der Kritik beitragen könnte), wirft Geisen vor, in seiner zentralen These, welche die Einengung von Visionen durch die Fixierung aufs Bestehende konstatiert, die Wertung der Konklusion schon in der Prämisse zu verraten. Dann korrigiert Dorschel noch einige Flüchtigkeitsfehler des Autors.

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