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Produktdetails
  • Miramax Books
  • Verlag: Hyperion, New York
  • Seitenzahl: 562
  • Englisch
  • Abmessung: 245mm
  • Gewicht: 970g
  • ISBN-13: 9780786868438
  • ISBN-10: 0786868430
  • Artikelnr.: 12177496
Autorenporträt
Madeleine Albright wurde 1937 in Prag als Tochter eines tschechoslowakischen Diplomaten geboren. Zweimal musste die Familie aus ihrer Heimat fliehen, 1938 vor Hitler nach England sowie 1948 vor den Kommunisten, diesmal für immer in die Vereinigten Staaten. Die ehrgeizige und hoch begabte Madeleine studierte Politik sowie Rechts- und Staatswissenschaften und strebte nach der Promotion bereits in den Siebzigerjahren unter US-Präsident Jimmy Carter eine politische Karriere an. Neben ihrer Lehrtätigkeit an der Washingtoner Georgetown-Universität war sie außenpolitische Beraterin der demokratischen Präsidentschaftskandidaten Dukakis und Mondale und machte sich bald einen Namen als die Expertin für Außenpolitik. 1993 berief US-Präsident Bill Clinton sie zur UN-Botschafterin, 1997 zur Außenministerin der Vereinigten Staaten und damit zur mächtigsten Frau Amerikas. Sie ist geschieden und hat drei mittlerweile erwachsene Töchter.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2004

„Arbeite härter, sei zäher”
Die einstige US-Außenministerin Madeleine Albright hat eine überraschend unverblümte Biografie vorgelegt
MADELEINE ALBRIGHT: Madam Secretary. Miramax, New York 2003. 562 Seiten, 19,57 Dollar.
„Halb Washington befindet sich in einem Schockzustand”, schrieb Kolumnist Tom Oliphant am 5. Dezember 1996 in der Zeitung Boston Globe. Was war geschehen? Präsident Clinton hatte beschlossen, Madeleine Albright als Außenministerin zu nominieren, und das politische, sprich: männliche Washington war „not amused”. Für die damals 59-Jährige kein unbekannter Moment, sie hatte schon öfter als erste Frau ein Amt angetreten: „Keiner traut dir zu, einen Job zu beherrschen, bis du ihn tust”, schreibt sie. Diese Erkenntnis galt auch für den Olymp ihrer politischen Karriere, die Leitung des State Department. Der Job machte Albright zur höchstrangigen Frau in der US-Geschichte.
„Madam Secretary” entstand in Zusammenarbeit mit ihrem langjährigen Redenschreiber Bill Woodward. „Ich wollte nicht nur beschreiben, was sich zugetragen hat, sondern auch warum, und wie Ereignisse durch menschliche Beziehungen beeinflusst werden”, heißt es im Vorwort. Entstanden sind politische Memoiren der etwas anderen Art, denn ihr „human touch” wirkt nicht rührselig, sondern macht den Text unterhaltsam und unverblümt.
Einsam – beruflich wie privat
Albright ist sich nicht zu schade, vermeintliche Schwächen und Patzer in ihrem Leben zuzugeben. So traute sie sich an jenem 5. Dezember morgens stundenlang nicht unter die Dusche – aus Angst, Clintons alles entscheidenden Anruf zu verpassen. Vor wichtigen Ereignissen war sie so nervös, dass sie die ganze Nacht Schuhe putzte, um sich abzulenken. Oft trug sie Hüte auf ihren Auslandsreisen, weil sie selten den richtigen Friseur fand. In der Öffentlichkeit wurde sie mal mit Margaret Thatcher, mal mit einer Frau aus einer Northwestern Airlines-Werbung verwechselt. Und manchmal freute sie sich wie ein Kind: „Als Außenministerin vereidigt zu werden, ist etwas, was ich jeden Tag in meinem Leben über mich ergehen lassen könnte.” Kein Henry Kissinger, kein James Baker, keiner ihrer Vorgänger war so offen.
Und kaum ein Politiker würde sein gescheitertes Privatleben so detailliert schildern: 1982 lässt ihr Mann Joe sie wegen einer Jüngeren sitzen, unter anderem weil ihm Madeleine „zu alt aussieht”. Die Trennung bleibt das traumatische Erlebnis in ihrem Leben, dem sie ein ganzes Kapitel widmet, inklusive Joes Unentschlossenheit: Er kündigt ihr an, doch bei ihr bleiben zu wollen, falls er den Pulitzerpreis gewinnt. Er gewinnt ihn nicht und verlässt sie.
Die Memoiren beginnen in Prag, wo die spätere Amerikanerin 1937 als Marie Jana Korbelova auf die Welt kommt. Es folgen: Flucht der Familie vor den Nazis nach England, Rückkehr nach dem Krieg, Flucht vor den tschechoslowakischen Kommunisten in die USA, Studium am Frauen-College Wellesley, Ehe mit dem (erfolg-)reichen Journalisten Joe Albright, Geburt von drei Töchtern, Beginn einer Karriere als Politikerin und Professorin, US-Botschafterin bei den UN, US-Außenministerin.
„Arbeite härter, sei zäher”, lautet ihr Mantra, mit dem sie in einer Männerwelt bestehen will. Ihre Dissertation schreibt die dreifache Mutter, indem sie sich jahrelang morgens um halb fünf an den Schreibtisch setzt. Ihr Ehrgeiz macht auch vor der Gartentür nicht halt: Die Familien-Farm in Virginia benennen ihre Töchter in „Gulag Albright” um – wegen der vielen Gartenarbeit.
Ob sie von Männern nicht mit Herablassung behandelt werde, wenn sie in arabische oder sehr traditionelle Länder reise, wird sie oft gefragt. „Nein, denn ich kam immer mit einem großen Flugzeug an, auf dem ,United States of America’ stand”, schreibt Albright. „Ausländische Beamte haben das respektiert, mit so manchen Männern in meiner Regierung hatte ich mehr Probleme.” Irgendwann gewöhnt sie sich daran, dass die selben Qualitäten bei Männern anders umschrieben werden („selbstbewusst, verantwortungsbewusst, engagiert”) als bei Frauen („herrisch, aggressiv, emotional”). Anders, also eine Frau zu sein, habe aber auch seine anstrengenden Seiten, findet sie, zumal als Geschiedene und Alleinstehende. Auf Empfängen bleibt der UN-Botschafterin oft nichts anderes übrig, als – des guten Tones wegen – ständig zwischen den Zirkeln ihrer männlichen Kollegen und den Small-Talk-Grüppchen ihrer Ehefrauen zu pendeln. Und es hat seine praktischen Seiten: Die Damen-Toiletten der UN seien die einzigen in New York, vor denen sich keine Schlangen bildeten, schreibt sie. Und es hat seine komischen Seiten, als sie etwa zum ersten Mal mit Kim Jong Il zusammentrifft: „Ich trug Stöckelschuhe, er aber auch, was uns beide ungefähr gleich groß machte.”
Die Diplomatin-Politikerin ist bekannt und gefürchtet für ihre Direktheit. Als Kim Jong Il sie beim Staatsbesuch zu einer der notorischen Massen-Gymnastikvorführungen ins Stadion von Pjöngjang mitnimmt und sie nach ihrer Meinung fragt, antwortet sie: „Ich habe noch nie hunderttausend Menschen im Gleichschritt tanzen sehen. Für so etwas braucht es wohl einen Diktator.” Nach ihrem Amtsantritt als Außenministerin meinte Kissinger, sie habe ihm das genommen, was ihn einzigartig machte: ein im Ausland geborener Außenminister zu sein. Dafür sei er nach wie vor der einzige Minister, der mit Akzent spreche, gibt sie zurück.
Ein hoher Posten macht einsam, beruflich wie privat, muss sie feststellen. Ohne in Selbstmitleid abzudriften, schildert Madeleine Albright, wie sie sich als alleinstehende Politikerin nolens volens daran gewöhnt, allein in Konzerte, Theater oder Restaurants zu gehen. Während ihrer Diplomatenzeit in New unterhält sie immer eine Wohnung voller Gäste aus Journalismus und Showbusiness, um soziale Kontakte zu pflegen. Als Albright eines Nachts nicht mehr weiß, ob sie gerade in New York oder in Washington ist, zieht ihre jüngere Schwester eine Weile bei ihr ein, um ihr komplexes Diplomaten-Leben zu managen.
Als größten Erfolg ihrer Amtsjahre nennt die Politikerin die Beendigung der Balkan-Kriege, als größten Misserfolg, nicht rechtzeitig in Ruanda eingegriffen zu haben. Zum Glück will sie in ihrer Autobiografie nichts nachholen und erspart dem Leser im Schlusskapital ihre Visionen darüber, wie der Weltfrieden zu retten sei – wie es andere Außenpolitiker in ihren Memoiren bekanntlich gerne tun.
VIOLA SCHENZ
Madeleine Albright
Foto: caro
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