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Bereits zu Lebzeiten war Helena Petrowna Blavatsky (1831-1891) weltweit berühmt.Sie bereiste die entlegensten Winkel des Globus, gründete eine spirituelle Bewegung, inszenierte sich als Trägerin okkulten Urwissens und galt als »Sphinx des 19. Jahrhunderts«. Nichts weniger als den Schlüssel zur Erklärung aller Welträtsel beanspruchte sie mit ihrer Lehre gefunden zu haben, die sie in ihren Hauptwerken »Isis entschleiert« (1877) und »Die Geheimlehre« (1888) darlegte. Ihre Philosophie bildete die Grundlage für Rudolf Steiners anthroposophische Lehre. Auch auf bedeutende Künstler hatten Blavatskys…mehr

Produktbeschreibung
Bereits zu Lebzeiten war Helena Petrowna Blavatsky (1831-1891) weltweit berühmt.Sie bereiste die entlegensten Winkel des Globus, gründete eine spirituelle Bewegung, inszenierte sich als Trägerin okkulten Urwissens und galt als »Sphinx des 19. Jahrhunderts«. Nichts weniger als den Schlüssel zur Erklärung aller Welträtsel beanspruchte sie mit ihrer Lehre gefunden zu haben, die sie in ihren Hauptwerken »Isis entschleiert« (1877) und »Die Geheimlehre« (1888) darlegte. Ihre Philosophie bildete die Grundlage für Rudolf Steiners anthroposophische Lehre. Auch auf bedeutende Künstler hatten Blavatskys Ideen großen Einfluss, u. a. auf Hermann Hesse, James Joyce, T. S. Eliot, William Butler Yeats, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Paul Gauguin, Gustav Mahler und Jean Sibelius. Das Leben der "Madame Blavatsky" ist von zahlreichen Legenden umrankt. Bis heute wird die Begründerin der Theosophie von ihren Verehrern gefeiert, von den Gegnern indes als Betrügerin und Scharlatanin verteufelt. Die erfolgreichen Autorinnen Ursula Keller und Natalja Sharandak haben in Archiven die Briefe, Erinnerungen und Schriften Blavatskys gesichtet und zeichnen das Porträt der Frau, die bisher hinter dem Mythos um ihre Person verborgen blieb.
Autorenporträt
Keller, UrsulaUrsula Keller hat Slavistik und Germanistik studiert; zahlreiche Forschungsaufenthalte in Rußland. Sie lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Berlin.

Sharandak, NataljaNatalja Sharandak wurde in Kiev geboren; Studium der Kunstgeschichte an der Akademie der Künste in Leningrad. Sie lebt als freie Autorin seit 1992 in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.10.2013

In der Astralzone war schon alles versammelt

Madame Blavatsky kannte die Wege zu den kosmischen Kräften. Doch die erste deutsche Biographie der Spiritistin und Begründerin der Theosophie kann nicht ganz überzeugen.

Elena Petrovna Blavackaja, besser bekannt als "Madame Blavatsky" (1831 bis 1891), Abenteurerin, spiritistisches Medium, Begründerin der theosophischen Bewegung und Schlüsselfigur für die Esoterik des zwanzigsten Jahrhunderts: Ihr widmen die Slawistin und Germanistin Ursula Keller und die Kunsthistorikerin Natalja Sharandak eine Biographie. Es ist die erste Lebensbeschreibung in deutscher Sprache, und der Klappentext verspricht viel: Die Autorinnen hätten "in den Archiven die Briefe, Erinnerungen und Schriften Blavatskys" gesichtet, um das Porträt der Frau zu zeichnen, die bisher "hinter dem Mythos" verborgen geblieben sei.

Doch die erste Enttäuschung lässt nicht lange auf sich warten: Der Anmerkungsapparat erweist sich als dürftig, und Dokumente, die von den Autorinnen erstmals in Archiven zutage gefördert wurden, sind auch nicht im Buch verarbeitet. Vielmehr ist die Biographie laut Literaturverzeichnis ausschließlich auf Grundlage bereits publizierter Quellen erstellt worden. Ärgerlich: In den Anmerkungen wird bei zitierten Briefen nicht einmal angegeben, in welcher Edition sie nachzulesen sind; die Leserin darf suchen und raten, wenn sie nicht zufällig über Madame Blavatskys hellseherische Begabung verfügen sollte. Allerdings haben die Autorinnen auch den durchaus reichhaltigen, aber bislang vernachlässigten Fundus russischer Quellen gesichtet.

Was man bekommt, ist die Story eines kunterbunten, vielfach von skurrilen Ereignissen geprägten Lebensweges im okkultistischen Milieu der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Dabei orientiert sich die Erzählung über weite Strecken an den von Blavatskys Weggefährten publizierten Schriften. Neuigkeiten? Fehlanzeige. Immerhin wird schattenhaft die religiöse und kulturelle Sozialisierung Blavatskys in Russland ab den 1840er Jahren sichtbar, die in einem ebenso inspirierenden wie zur abgründigen Spekulation neigenden aristokratischen Milieu stattfand. Ihre aus dem Geschlecht der Dolgorukovs stammende Mutter war eine rührige Literatin der Puschkinzeit, deren Mutter wiederum eine hochgebildete Naturforscherin. Der Urgroßvater Pavel Vasilevic Dolgorukov (1755 bis 1837) widmete sich der Hochgrad-Freimaurerei und trug eine alchemistisch-okkultistische Bibliothek zusammen, die die heranwachsende Helena regelrecht verschlang. Ihre Behauptung, die Ehe mit dem deutlich älteren Nikofor Blavatsky sei durch ihre Neugier auf dessen Wissen um die Geheimlehren der Kurden und Perser motiviert gewesen, wird aber nicht weiter auf ihre Triftigkeit geprüft. Die raunende Andeutung, der Literat Vladimir S. Golicyn habe im Rufe eines "Freimaurers und Magiers" gestanden und daher die junge Blavatsky fasziniert, ist nur durch Verweis auf einen recht windig erscheinenden Band in einer populären esoterischen Buchreihe aus Russland abgesichert. Gern hätte man dazu Solideres erfahren, wie auch über die Bedeutung der Mixtur von Personen und kulturellen Einflüssen an der kaukasischen Peripherie des Zarenreichs, in dem sich Blavatsky eine Zeitlang aufhielt. Vielleicht läge dort ja bereits eine belegbare Vorgeschichte des orientalistischen Anteils in der Theosophie?

Generell tauchen die Personen im Umfeld der Visionärin nur als Staffage in einer Lebensschilderung auf, in der sich unwahrscheinliche Reisen, spiritistische Betrügereien mit falschen Geistern und Briefen aus der Astralwelt, Verwicklungen um unterstellte Amouren und Spekulationen über uneheliche Nachkommen aneinanderreihen. Das liest sich aufgrund des knappen Platzes von etwas über dreihundert kleinformatigen Seiten einigermaßen slapstickhaft-beschleunigt und lässt zumindest keine falsche Ehrfurcht aufkommen. Andererseits keimt der Verdacht auf, die Autorinnen hätten weder ihre Heldin noch die Esoterik, die im zwanzigsten Jahrhundert einen beispiellosen Aufstieg erlebte, wirklich ernst genommen und verstehen wollen. So entgeht ihnen durch die Fixierung auf ihre Protagonistin, dass Sehergestalten stets von einer Corona enger Anhänger getragen werden, die als Impresarios, Dolmetscher, Redakteure und Kontrolleure fungieren - nicht ohne dabei eigene Interessen gehörig mitspielen zu lassen. Es entsteht der Eindruck, hier werde - nicht zuletzt aus arbeitsökonomischen Gründen - die Frau "hinter dem Mythos" primär in den leicht verfügbaren Texten aus Blavatskys Umfeld gesucht, obwohl diese den Mythos um sie doch erst geschaffen haben.

Auch in einer anderen Hinsicht wäre ein schärferer Blick auf die Arbeitsbeziehungen zwischen Blavatsky und den ihr nahestehenden Personen aufschlussreich gewesen. Sind ihre großen esoterischen Texte, "Isis unveiled" und die "Geheimlehre", doch ebenso wie andere Klassiker des Genres - etwa Rudolf Steiners Schriften oder Louis Pauwels' und Jacques Bergiers "Aufbruch ins dritte Jahrtausend" - vor allem eines: gigantische Materialansammlungen ohne Zentrum, die aus einer ab dem neunzehnten Jahrhundert immer weiter anschwellenden Masse von (populär)wissenschaftlichen Büchern, Zeitschriften und Broschüren über Gott und die Welt zusammengetragen wurden. Diese Kompilationen redigierten, kürzten, zergliederten uns heute nur manchmal bekannte Dritte. Dass ausgerechnet für dieses kollektive Material dann noch gern der Anspruch allergrößter Gültigkeit durch Berufung auf seine Herkunft aus höheren Welten erhoben wird, zählt zu den dialektischen Volten, die dem Agnostiker ein Lächeln auf die Lippen zaubern - solange er nicht mit Adepten darüber diskutieren muss.

Wieso Madame Blavatsky dennoch "a woman bigger than life" werden konnte, ist noch nicht damit erklärt, dass die Theosophie einem Westen, dessen Glaubensgewissheit die Religionskritik erschüttert hatte und dem das materialistisch-naturwissenschaftliche Denken zu platt war, einen neuen Schlüssel zur Welterkenntnis anbot, wie die Autorinnen schreiben. Denn nachzulesen waren diese ziemlich unverdaulich aufeinandergehäuften Esoterica ja alle schon zuvor. Vielmehr war die Madame eine begnadete Spielerin unter den Bedingungen der Medienöffentlichkeit des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts: Zusammen mit ihrer Kamarilla wusste sie sowohl in der direkten Begegnung Eindruck zu machen und Situationen den richtigen spin zu geben als auch über Korrespondenz und Publikationen die immer weiter wachsende Leserschaft zu adressieren, die in popularisierter Naturwissenschaft, Nachrichten über verborgene kosmische Kräfte oder uralten Wahrheiten Wege zur Selbstermächtigung suchte.

Weil die Theosophie dabei die "Vereinigung von Wissenschaft, Religion und Philosophie" sein sollte, wie es im Untertitel der "Geheimlehre" heißt, waren alle Schattierungen der Esoterik des zwanzigsten Jahrhunderts in ihrem Fundus schon angelegt und das Rohmaterial zum weiteren Gebrauch von nun an bequemer denn je bereitgestellt. Was bei Blavatsky steht, taucht bis heute - je nach Gewichtung der Zutaten - mal mehr religiös-philosophisch, mal mehr naturwissenschaftlich-technisch schattiert immer wieder auf - in Dornach, bei Däniken und anderswo.

DIETHARD SAWICKI.

Ursula Keller und Natalja Sharandak: "Madame Blavatsky". Eine Biographie.

Insel Verlag, Berlin 2013. 380 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Theosophin und Abenteuerin Madame Blavatsky jedenfalls lebt weiter, bei Däniken, Dornach und anderen, weiß Diethard Sawicki, der mit dieser Biografie von Ursula Keller und Natalja Sharandak ganz und gar nicht glücklich ist. Dazu fehlen dem Rezensenten neben einem umfangreicheren Anmerkungsapparat und einer gewissenhafteren Quellenauswertung und -auflistung vor allem Neuigkeiten. Was die Autorinnen zusammenstellen, geht laut Sawicki nämlich nicht über bereits Publiziertes beziehungsweise bloß andeutungshaft Raunendes oder Skurriles hinaus. Dass Blavatskys religiöse Sozialisierung im Russland der 1840er Jahre in diesem Buch immerhin "schattenhaft" sichtbar wird, genügt Sawicki nicht. Ihm kommt es vor, als hätten die Autorinnen ihre esoterische Heldin nicht sehr ernst genommen.

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