Delia Fintsch steht kurz vor ihrem vierzigsten Geburtstag. Sie hat zwei Beziehungen hinter sich, eine mit einem jungen Mann, eine mit einem alten Mann. Beide hatten Geld, Geld zu haben ist nicht schlecht, das merkt Delia, als es weg ist. Sie spielt Lotto und gewinnt plötzlich 350.000 Mark, eine stolze Summe für die 1960er Jahre, in denen der Roman spielt. Nun dreht sich das Blatt: Wünschte sich Delia zuvor noch einen vermögenden Partner für ihre lange ersehnte Heirat und freute sich über jede halbwegs gute Partie, muss sie jetzt aufpassen, dass nicht sie aufgrund ihres Vermögens ausgesucht wird! Aber erst mal den neuen Reichtum genießen: Delia macht eine Reise. Sie erwirbt ein Automobil und fährt mit ihrer Freundin Luise nach Paris. Dann nach Deutschland in eine Burg, der Burgherr hat es ihr sehr angetan ...Die 1968 in Wien verstorbene Juliane Kay war eine sehr emanzipiert denkende Autorin, ihr Stil ist geschliffen, klug in der Beobachtung von Mann und Frau, nie ohne Ironie und Selbstreflexion, auf einer Ebene mit den besten ihrer Zeit.Eine der charmantesten, herzlichsten, humorvollsten Autorinnen ihrer Zeit. Der Roman Madame geht auf Reisen erschien erstmals 1965
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Welche Freiheiten die finanzielle Unabhängigkeit einer Frau in den 60ern Jahren eröffnen konnte, davon erzählt Juliane Kay in "Madame geht auf Reisen" - das ist unterhaltsam, witzig und flott zu lesen, wie Rezensentin Manuela Reichart findet. Bisher hat sich die mitteljunge Heldin Delia von Männern aushalten lassen, oder besser gesagt: Sie musste die Männer aushalten, um finanziell durchzuhalten. Als sie in der Lotterie gewinnt, eröffnet ihr das ungekannte Möglichkeiten, lesen wir. Von nun an entscheidet sie selbst, was sie will, wohin sie will, und wen sie will. Denn nun kann sie es sich leisten - kann sich die Reise leisten, nach der sie sich so lang gesehnt hat, ein Auto, und vor allem: einen "wachen Blick". Dieser wache, ja schonungslose Blick auf ihre Mitmenschen, oder besser gesagt: auf Männer, ist es denn auch, der das Buch zu einem großen Lesevergnügen macht, so Reichart. Dass diese frisch erzählte Emanzipationsgeschichte über fünfzig Jahre alt ist, merkt man ihr eigentlich nur am Ende an, an dem dann doch ein Mann der emanzipierten Heldin "happyness" bringt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH