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1990 bedeutete nicht nur für Deutschland eine Zäsur. Mit der Freilassung Nelson Mandelas begann auch das Ende der anachronistischen Apartheid in Südafrika. Marko Martin hat das Land seither oft besucht, doch ist auf seiner jüngsten Reise plötzlich alles anders. In der Nacht des 5. Dezember 2013 erreicht ihn in Kapstadt die Nachricht vom Tod des legendären Freiheitskämpfers. Alles Gesehene und Erinnerte erhält damit eine zusätzliche Grundierung: Wieviel Vergangenheit steckt in der Gegenwart, welches Sprechen darüber ist möglich? In Johannesburg und Pretoria, bei Begegnungen in Townships und auf…mehr

Produktbeschreibung
1990 bedeutete nicht nur für Deutschland eine Zäsur. Mit der Freilassung Nelson Mandelas begann auch das Ende der anachronistischen Apartheid in Südafrika. Marko Martin hat das Land seither oft besucht, doch ist auf seiner jüngsten Reise plötzlich alles anders. In der Nacht des 5. Dezember 2013 erreicht ihn in Kapstadt die Nachricht vom Tod des legendären Freiheitskämpfers. Alles Gesehene und Erinnerte erhält damit eine zusätzliche Grundierung: Wieviel Vergangenheit steckt in der Gegenwart, welches Sprechen darüber ist möglich? In Johannesburg und Pretoria, bei Begegnungen in Townships und auf einer ehemaligen geheimen ANC-Farm spürt Martins literarisches Tagebuch Mandelas Lebensleistung nach, über die 'Versöhnung zwischen schwarz und weiß' hinaus: Ein Freiheitsstreben ohne ideologische Hybris, ein Insistieren auf demokratische Institutionen. Sind Revolutionäre also doch nicht immer zum Scheitern verurteilt? Martin, einst als Kriegsdienstverweigerer aus der DDR ausgereist, stellt sich dieser Frage und würdigt auch den Anteil von Mandelas zahlreichen jüdischen Kampfgefährten. Gleichzeitig gemahnt ihn die abgeschottete Welt der hiesigen Buren an die eigene Kindheit. Seine assoziierenden Aufzeichnungen werden damit auch zu einem Stück Erinnerungsliteratur: Da sind etwa die Eltern, deren Mitgliedschaft bei den Zeugen Jehovas vor realsozialistischer Indoktrination schützte und dennoch geistig beengte – bis schließlich die ganze Familie der Sekte und dem Staat Adieu sagte. Am Schluss dieser episodenreichen, mit Präzision und Verve erzählten Reise findet sich der Autor in der quirligen Welt von Mandelas politischen Enkeln wieder – NGO- und Gay-Aktivisten, die nun der Geißel der Homophobie den Kampf ansagen, das Subversive des Eros dabei nicht vergessend. Marko Martins 'Madiba-Days' ist ein Hohelied auf das Vermischte und die Chance, sich neue Erfahrungswelten zu erobern – immer wieder aufs Neue. Marko Martin, Jahrgang 1970, lebt als Schriftsteller in Berlin. In der Anderen Bibliothek erschienen seine Erzählbände 'Schlafende Hunde' (2009) und 'Die Nacht von San Salvador' (2013), im Wehrhahn Verlag die Essaybände 'Kosmos Tel Aviv' (2012) und 'Treffpunkt '89' (2014).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.03.2016

Keine Zeit wie diese

Marko Martin kommt im Dezember 2013 nach Johannesburg, um eine Reportage über den Mandela-Film "Long Walk to Freedom" zu schreiben, genauer: Er möchte jene Orte besuchen, die im Film sowie im wirklichen Leben des Freiheitskämpfers eine Rolle gespielt haben. Doch ob nun im Inder-Viertel in Johannesburg, in dem Mandelas erste Kanzlei lag, auf der ANC-Farm Liliesleaf, im ehemaligen Gefängnis-Fort oder später in Pretoria, Kapstadt und in Drakenstein, Mandelas letztem Gefängnisort: Martin verwandelt Recherche in sinnliche Erinnerungsprosa, denn die Welt der Buren - etwa dargestellt im Voortrekker-Monument vor den Toren Pretorias - gemahnt ihn an die eigene Kindheit in der DDR, das Aufwachsen in einem vergleichbar paranoid strukturierten Staat. Da der Autor nicht zum ersten Mal im Lande ist, trifft er zahlreiche Freunde wieder - Weiße, Schwarze und sogenannte "Coloureds". Gerade diese lehren ihn, dass die gängige Rede von Mandela als "Versöhner zwischen schwarz und Weiß" Unfug sei, denn viel mehr gehe es um die Chance, heterogene Identitäten zu entwickeln jenseits des alten Zuordnungszwangs. Dann die Nachricht vom Tod Mandelas. Marko Martin erfährt davon während der Fahrt im Taxi vom Besuch eines ethnisch gemischten Clubs in Kapstadt zurück ins Hotel, in dem zu der Zeit ein Kongress junger Menschenrechts- und Gay-Aktivisten aus ganz Afrika stattfindet. Die aufwühlenden Lebensgeschichten, die ihm dort erzählt werden, geben Mandelas Vision etwas unerwartet Konkretes - für ein Afrika ohne Repression und Terror.

F.A.Z.

"Madiba Days. Eine südafrikanische Reise" von Marko Martin. Wehrhahn Verlag, Hannover 2015. 325 Seiten. Gebunden, 22 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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