Produktdetails
- Verlag: Societäts-Verlag
- Seitenzahl: 196
- Deutsch
- Abmessung: 210mm
- Gewicht: 320g
- ISBN-13: 9783797307767
- ISBN-10: 3797307764
- Artikelnr.: 09892043
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2001Bärentöter trifft Wichtelmänner
Auch wenn heute Mountainbiker manchmal kontemplative Wanderungen durch den Taunus stören, so hat das Mittelgebirge mit seinen keltischen, römischen und mittelalterlichen Kult- und Kulturstätten seinen Zauber nie verloren. Daß es Goethe zu Landschaftserkundungen in den Taunus zog, sich die Brüder von Gagern an forschen Märschen durch Feld, Wald und Flur rund um Kelkheim ergötzten, ist bekannt. Nun aber hat Olivia Kroth, die seit 1985 als Lehrerin, Lyrikerin und Publizistin im Taunus lebt, einen ungewöhnlichen literarischen Streifzug durch den Taunus unternommen. Sie läßt Chronisten, Dichter und Heimatforscher zu Wort kommen, die mystisch Verklärtes oder auch sachlich Beurkundetes über den Taunus, seine Hügel, die Städte und Dörfer zu erzählen wissen.
Dabei reihen sich Aussagen bekannter Schriftsteller an gesammeltes und überliefertes Wissen wie Märchen und Sagen. Da gibt es zum Beispiel Volkhart, den Bärentöter von Bremthal, dem es zwar nicht gelang, dem Untier in höchste Baumwipfel zu entkommen. Aber immerhin brachte der mutige Bremthaler offenbar seinen pelzigen Gegner so weit aus dem Gleichgewicht, daß dieser tödlich verletzt zu Boden schlug.
Ob es den Hasen Pfiffig mit acht Füßen tatsächlich gegeben hat, die Bluteiche von Frauenstein wirklich in vergossenem Blut des getöteten Geliebten zu imponierender Größe emporwuchs, muß jeder Leser je nach Temperament für sich selbst entscheiden.
Kroth jedenfalls bietet für jeden Geschmack in ihrem literarischen Taunusbilderbogen etwas an: Ernst berichtet sie über die Hexenverfolgung, Denunziationen und qualvolle Folterungen. Mit einem Augenzwinkern läßt die Autorin den englischen Schriftsteller William Makepeace Thackeray zu Wort kommen, der in seinem berühmten Werk "Jahrmarkt der Eitelkeiten" sich spöttisch übers Kuren seiner Landsleute in Wiesbaden äußerte.
Freilich spart Kroth auch nicht Erinnerungen von Geistesgrößen aus: Der Römer Tacitus wird zitiert, der die Taunusbewohner als Menschen "von gedrungenem Körperbau und mit durchdringendem Blick" beschrieb. Goethes Taunuserinnerungen freilich sind anderer Natur. In Ermangelung der heutigen Frankfurter Skyline hatte vor dem Kind Johann Wolfgang das Mittelgebirge noch "fern und ernsthaft gestanden". Und der Philosoph Friedrich Schlegel kannte ebenso wohl noch nicht den Lärm und die Hektik, die Wochenendausflügler an den Wochenenden in Scharen in das Mittelgebirge tragen: "Wie still ist es hier oben", notierte er 1805 auf dem Feldberg.
Warum der Meerpfuhl bei Altweilnau so heißt, was es mit dem weißen Turm in Bad Homburg auf sich hat und wo Dichterfürst Goethe schon ein Nickerchen hielt, klärt die Autorin ebenso auf. Das Lesebuch durch den Taunus macht - und dies ist sein besonderes Verdienst - Lust auf ausgedehnte Erkundungen. Das Aufspüren der erwähnten Orte erleichtert Kroth, indem im Anhang alle wichtigen Städte und Gemeinden mit ihren wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Musen aufgeführt sind.
HEIKE LATTKA
Olivia Kroth: Märchenschlösser und Dichterresidenzen. Literarische Streifzüge durch den Taunus, Societätsverlag, 196 Seiten, 21 Illustrationen, 34,80 Mark.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Auch wenn heute Mountainbiker manchmal kontemplative Wanderungen durch den Taunus stören, so hat das Mittelgebirge mit seinen keltischen, römischen und mittelalterlichen Kult- und Kulturstätten seinen Zauber nie verloren. Daß es Goethe zu Landschaftserkundungen in den Taunus zog, sich die Brüder von Gagern an forschen Märschen durch Feld, Wald und Flur rund um Kelkheim ergötzten, ist bekannt. Nun aber hat Olivia Kroth, die seit 1985 als Lehrerin, Lyrikerin und Publizistin im Taunus lebt, einen ungewöhnlichen literarischen Streifzug durch den Taunus unternommen. Sie läßt Chronisten, Dichter und Heimatforscher zu Wort kommen, die mystisch Verklärtes oder auch sachlich Beurkundetes über den Taunus, seine Hügel, die Städte und Dörfer zu erzählen wissen.
Dabei reihen sich Aussagen bekannter Schriftsteller an gesammeltes und überliefertes Wissen wie Märchen und Sagen. Da gibt es zum Beispiel Volkhart, den Bärentöter von Bremthal, dem es zwar nicht gelang, dem Untier in höchste Baumwipfel zu entkommen. Aber immerhin brachte der mutige Bremthaler offenbar seinen pelzigen Gegner so weit aus dem Gleichgewicht, daß dieser tödlich verletzt zu Boden schlug.
Ob es den Hasen Pfiffig mit acht Füßen tatsächlich gegeben hat, die Bluteiche von Frauenstein wirklich in vergossenem Blut des getöteten Geliebten zu imponierender Größe emporwuchs, muß jeder Leser je nach Temperament für sich selbst entscheiden.
Kroth jedenfalls bietet für jeden Geschmack in ihrem literarischen Taunusbilderbogen etwas an: Ernst berichtet sie über die Hexenverfolgung, Denunziationen und qualvolle Folterungen. Mit einem Augenzwinkern läßt die Autorin den englischen Schriftsteller William Makepeace Thackeray zu Wort kommen, der in seinem berühmten Werk "Jahrmarkt der Eitelkeiten" sich spöttisch übers Kuren seiner Landsleute in Wiesbaden äußerte.
Freilich spart Kroth auch nicht Erinnerungen von Geistesgrößen aus: Der Römer Tacitus wird zitiert, der die Taunusbewohner als Menschen "von gedrungenem Körperbau und mit durchdringendem Blick" beschrieb. Goethes Taunuserinnerungen freilich sind anderer Natur. In Ermangelung der heutigen Frankfurter Skyline hatte vor dem Kind Johann Wolfgang das Mittelgebirge noch "fern und ernsthaft gestanden". Und der Philosoph Friedrich Schlegel kannte ebenso wohl noch nicht den Lärm und die Hektik, die Wochenendausflügler an den Wochenenden in Scharen in das Mittelgebirge tragen: "Wie still ist es hier oben", notierte er 1805 auf dem Feldberg.
Warum der Meerpfuhl bei Altweilnau so heißt, was es mit dem weißen Turm in Bad Homburg auf sich hat und wo Dichterfürst Goethe schon ein Nickerchen hielt, klärt die Autorin ebenso auf. Das Lesebuch durch den Taunus macht - und dies ist sein besonderes Verdienst - Lust auf ausgedehnte Erkundungen. Das Aufspüren der erwähnten Orte erleichtert Kroth, indem im Anhang alle wichtigen Städte und Gemeinden mit ihren wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Musen aufgeführt sind.
HEIKE LATTKA
Olivia Kroth: Märchenschlösser und Dichterresidenzen. Literarische Streifzüge durch den Taunus, Societätsverlag, 196 Seiten, 21 Illustrationen, 34,80 Mark.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main