Ikonografische Mafia-Filme wie Der Pate fesseln mit dunkler Faszination. Die Realität allerdings ist gnadenlos. Autobomben, erdrosselte Kinder, tödliche Ehrenkodizes, Wirtschaftskriminalität. Demgegenüber oft korrumpierte oder hilflose Staatsdiener, die entweder selbst Teil des Systems sind oder mit dem Leben bezahlen.
Petra Reski, Autorin vieler erfolgreicher Bücher und Reportagen über die Mafia, bündelt in diesem Band noch einmal ihr Wissen und beantwortet in Diskussionen häufig gestellte Fragen. Am Ende macht sie vor allem eins deutlich: Die Mafia ist nicht allein ein italienisches Phänomen und keineswegs so weit weg, wie wir glauben.
Petra Reski, Autorin vieler erfolgreicher Bücher und Reportagen über die Mafia, bündelt in diesem Band noch einmal ihr Wissen und beantwortet in Diskussionen häufig gestellte Fragen. Am Ende macht sie vor allem eins deutlich: Die Mafia ist nicht allein ein italienisches Phänomen und keineswegs so weit weg, wie wir glauben.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.10.2018NEUE TASCHENBÜCHER
572 Kilo um 17.56 Uhr:
Petra Reski liefert Fakten zur Mafia
Die Bombe explodierte am 23. Mai 1992, um 17.56 und 48 Sekunden, in einem Abflussrohr unter der Autobahn vor Capaci. Der Richter Giovanni Falcone, der gegen die Mafia ermittelte, seine Frau und drei Leibwächter wurden getötet. Die Bombe war 572 Kilo schwer, von Seismografen wurde die Explosion als ein kleines Erdbeben registriert. 57 Tage später, am 19. Juli 1992, wurde Falcones Mitstreiter Paolo Borsellino in die Luft gejagt, vor dem Haus seiner Mutter in Palermo, mit seinen fünf Leibwächtern.
Die beiden brutalen Aktionen machten den Italienern die Macht der Mafia bewusst, ihre enge Kollaboration mit der Politikern, das Gemenge von Korruption, Geldwäsche, Drogenhandel, Stimmenverkauf.
Im Reclam-100-Seiten-Buch zur Mafia von Petra Reski ist der Borsellino-Mord wie ein Naturereignis. „Wir saßen stumm da und sahen den Krater, die aufgeworfene Erde, die Autowracks, Polizisten, Sanitäter. Wir hörten das Heulen der Sirenen, die stammelnden Reporter, das Geschrei und das Geräusch rotierender Hubschrauberblätter. Es war ein Gefühl, als wäre aus den Tiefen des Ozeans plötzlich eine Bestie aufgetaucht, hätte alles verschlungen und wäre wieder abgetaucht. Zurück blieb ein Meer, das wieder still war, nur auf der Oberfläche trieben noch Trümmer und Holzplanken.“
Petra Reski lebt seit Langem in Italien, sie blickt gleichzeitig von innen und immer noch von außen auf die Mafia, ihre Geschichte, ihren Mythos von Filmen, Büchern und TV, „The Godfather“ oder „Gomorrha“, die touristische Folklore. Der Mythos wird abgeblättert in diesem Buch, der Kodex, der Familiensinn, Schutzgeld und Entführungen, die enge Verbindung zur Kirche, der unbesiegbare Krake, ein Staat im Staate. Reski rückt alles zurecht, zeigt die neue Mafia, die seit der Globalisierung in höchsten Finanzkreisen operiert. Auch in Deutschland, das mehr ist als ein „Rückzugsraum“. Deutsche Firmen kooperieren längst, Bauunternehmer oder Banken. „Kurz: Deutschland ignoriert die Mafia bewusst, weil Deutschland von der Mafia profitiert.“ FRITZ GÖTTLER
Petra Reski: Mafia. 100 Seiten. Reclam Verlag, Ditzingen 2018. 102 Seiten, 10 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
572 Kilo um 17.56 Uhr:
Petra Reski liefert Fakten zur Mafia
Die Bombe explodierte am 23. Mai 1992, um 17.56 und 48 Sekunden, in einem Abflussrohr unter der Autobahn vor Capaci. Der Richter Giovanni Falcone, der gegen die Mafia ermittelte, seine Frau und drei Leibwächter wurden getötet. Die Bombe war 572 Kilo schwer, von Seismografen wurde die Explosion als ein kleines Erdbeben registriert. 57 Tage später, am 19. Juli 1992, wurde Falcones Mitstreiter Paolo Borsellino in die Luft gejagt, vor dem Haus seiner Mutter in Palermo, mit seinen fünf Leibwächtern.
Die beiden brutalen Aktionen machten den Italienern die Macht der Mafia bewusst, ihre enge Kollaboration mit der Politikern, das Gemenge von Korruption, Geldwäsche, Drogenhandel, Stimmenverkauf.
Im Reclam-100-Seiten-Buch zur Mafia von Petra Reski ist der Borsellino-Mord wie ein Naturereignis. „Wir saßen stumm da und sahen den Krater, die aufgeworfene Erde, die Autowracks, Polizisten, Sanitäter. Wir hörten das Heulen der Sirenen, die stammelnden Reporter, das Geschrei und das Geräusch rotierender Hubschrauberblätter. Es war ein Gefühl, als wäre aus den Tiefen des Ozeans plötzlich eine Bestie aufgetaucht, hätte alles verschlungen und wäre wieder abgetaucht. Zurück blieb ein Meer, das wieder still war, nur auf der Oberfläche trieben noch Trümmer und Holzplanken.“
Petra Reski lebt seit Langem in Italien, sie blickt gleichzeitig von innen und immer noch von außen auf die Mafia, ihre Geschichte, ihren Mythos von Filmen, Büchern und TV, „The Godfather“ oder „Gomorrha“, die touristische Folklore. Der Mythos wird abgeblättert in diesem Buch, der Kodex, der Familiensinn, Schutzgeld und Entführungen, die enge Verbindung zur Kirche, der unbesiegbare Krake, ein Staat im Staate. Reski rückt alles zurecht, zeigt die neue Mafia, die seit der Globalisierung in höchsten Finanzkreisen operiert. Auch in Deutschland, das mehr ist als ein „Rückzugsraum“. Deutsche Firmen kooperieren längst, Bauunternehmer oder Banken. „Kurz: Deutschland ignoriert die Mafia bewusst, weil Deutschland von der Mafia profitiert.“ FRITZ GÖTTLER
Petra Reski: Mafia. 100 Seiten. Reclam Verlag, Ditzingen 2018. 102 Seiten, 10 Euro.
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»Reski rückt alles zurecht, zeigt die neue Mafia, die seit der Globalisierung in höchsten Finanzkreisen operiert.« Süddeutsche Zeitung, 16.10.2018