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Vom SDS über die RAF in die NPD - Horst Mahlers Lebenslauf ist das Spiegelbild der politischen Extreme des 20. Jahrhunderts. Mahler war nicht der einzige Aktivist der 68er-Bewegung, der später den Eindruck erweckte, vom linken ins rechte Milieu gewechselt zu sein.Wie kam es zu diesem erstaunlich anmutenden Wandel? War es überhaupt ein Wandel? Oder lassen sich in der Ideologie Horst Mahlers und anderer 68er, die ins rechte Lager wechselten, Konstanten finden? Muss man gar von einem rechten Denken in der sich als links verstehenden 68er-Bewegung ausgehen? Manuel Seitenbecher geht diesen Fragen…mehr

Produktbeschreibung
Vom SDS über die RAF in die NPD - Horst Mahlers Lebenslauf ist das Spiegelbild der politischen Extreme des 20. Jahrhunderts. Mahler war nicht der einzige Aktivist der 68er-Bewegung, der später den Eindruck erweckte, vom linken ins rechte Milieu gewechselt zu sein.Wie kam es zu diesem erstaunlich anmutenden Wandel? War es überhaupt ein Wandel? Oder lassen sich in der Ideologie Horst Mahlers und anderer 68er, die ins rechte Lager wechselten, Konstanten finden? Muss man gar von einem rechten Denken in der sich als links verstehenden 68er-Bewegung ausgehen? Manuel Seitenbecher geht diesen Fragen nach und verfolgt dazu detailliert die Biographien von Mahler, Bernd Rabehl, Reinhold Oberlercher, Günter Maschke und Tilman Fichter. Sein Buch gibt einen faszinierenden Einblick in einen bislang weitgehend unbekannten Bereich der Ideengeschichte der Bundesrepublik und der (Post-)68er-Bewegung.
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Autorenporträt
Manuel Seitenbecher, Studium der Geschichte und des Öffentlichen Rechts in Berlin und Bergen, Norwegen. Promotion und Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Harald Biermann zeigt sich enttäuscht von Manuel Seitenbechers Studie über Protagonisten der Achtundsechziger und ihre Rechtsbewegung. Was der Autor anhand des Vergleichs der Biografien, von Bernd Rabehl, Horst Mahler oder Tilman Fichter herausfindet, scheint Biermann der übergreifenden Erklärung zu mangeln. Zwar bietet ihm das Buch biografische Tiefenbohrungen und den Nachweis, dass es für den Rechtsschwenk je individuelle Gründe gab. Eine historische Einordnung bestimmter Phänomene der 60er Jahre und Gemeinsamkeiten der Studentenbewegten wie auch zwischen Links- und Rechtsradikalismus lässt der Autor laut Rezensent jedoch leider vermissen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Von Schwenk zu Schwenk
Einige (Alt-)Achtundsechziger drifteten nach rechts ab

Als Curzio Malaparte im Juli 1957 auf seinem Sterbebett lag, stand schon länger fest, wer sein Erbe erhalten sollte: die Volksrepublik China. Der italienische Schriftsteller hatte innerhalb von nur zwei Jahrzehnten eine vollständige Wende vollzogen. Er war vom glühenden Faschisten zum radikalen Kommunisten mutiert. Sein schillernder Lebenslauf ist nur ein Indiz für die ganz grundlegende Herausforderung, vor der unruhige Geister in der "Zeit der Ideologien" (Karl Dietrich Bracher) standen. Viele Intellektuelle waren - und sind es gelegentlich heute wieder - vom langwierigen Durchwursteln des mittelmäßigen Personals in den parlamentarischen Demokratien westlichen Zuschnitts angewidert. Aus ihrer Sicht sollte alles viel großartiger sein - vor allem sollte mehr auf sie gehört werden. Denn Intellektuelle waren die Hohenpriester der reinen Lehre. Sie konnten den Gang der Welt nicht nur erklären, sondern auch prognostizieren.

Dieser Hang zur Selbstüberschätzung - ja zur Egomanie - beflügelte auch die Protagonisten der Achtundsechziger Bewegung. Sie meinten, mit ihrem kommunistischen Rüstzeug die Realität der Bundesrepublik Deutschland, ja der gesamten kapitalistischen Welt erkannt zu haben. Tilman Fichter - einer der fünf Protagonisten, die in der Studie eingehend untersucht werden - brachte es aus der Rückschau des Jahres 1998 auf den Punkt: "Einer unserer schwerwiegenden strategischen Fehler war zweifellos, dass wir damals glaubten, diese Analysen der ,Kritischen Theorien' aus der Zwischenkriegsperiode seien auch für uns unmittelbar gültig. Die Parallelisierung unterschiedlicher Epochen führte schließlich in unseren Köpfen zu einer fatalen Identifikation der 30er Jahre mit den 60er Jahren. Das geschichtsblinde Denken in historischen Analogien erzeugte schließlich den RAF-(Un-)Geist beziehungsweise die Wahnwelt der maoistischen Kleinstparteien." Dass die ganz überwiegende Mehrheit der Deutschen von dieser völlig verqueren Lagebeschreibung nichts wissen wollte, war ein Glücksfall für die Bundesrepublik - gleichzeitig ist darin die Tragik dieser Männer enthalten.

Aus diesem fulminanten Fehlschlag heraus entwickelten sich ganz unterschiedliche Stränge: Während die radikalsten Vertreter in den Linksterrorismus abglitten, bewegte sich ein kleiner Teil der Achtundsechziger Bewegung nach rechts. Manuel Seitenbecher fragt nun, ob dieser Rechtsdrall bereits in den 1960er Jahren angelegt gewesen sei. Der Autor untersucht neben Tilman Fichter vier weitere Akteure der Studentenbewegung - Bernd Rabehl, Horst Mahler, Reinhold Oberlercher und Günter Maschke - und beleuchtet intensiv ihre Beziehungen zu rechtem Gedankengut. Dabei unterstreicht er gebetsmühlenartig die "Heterogenität der Bewegung" und wendet sich mit vielen Belegen gegen die These, dass es "eine geschlossene Strömung nationaler oder (neu)rechter Alt-68er" gebe. Der Historiker spürt den spezifischen Motivationen nach und kann mit biographischen Tiefenbohrungen nachweisen, dass es höchst individuelle Beweggründe waren, die einen Schwenk nach rechts sinnvoll erscheinen ließen.

Jenseits dieses Befundes fehlt es der in biederer Sprache abgefassten Studie an übergreifenden Erklärungen. Zuweilen arbeitet der Autor Gemeinsamkeiten heraus, denen zu folgen sich höchstwahrscheinlich als lohnend herausgestellt hätte: Radikalismus und Extremismus von links und rechts, Feindschaft gegen den Status quo, Absolutheitsanspruch der jeweils aktuellen Weltanschauung. Überhaupt fehlt der Studie eine historische Tiefendimension, welche die Phänomene der 1960er Jahre in einen größeren Zusammenhang hätte rücken können. Ganz offenkundig ist doch die gemeinsame Frontstellung der Links- und Rechtsextremen der Antiliberalismus. Die intensive Beleuchtung dieser verbindenden Klammer - der Ablehnung von individuellen Freiheitsrechten sowie der Entgrenzung staatlicher Herrschaft - hätte der Studie eine weite Perspektive geben können. Dies ist leider unterblieben - eine verpasste Chance.

HARALD BIERMANN

Manuel Seitenbecher: Mahler, Maschke & Co. Rechtes Denken in der 68er-Bewegung? Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2013. 557 S., 39,90 [Euro].

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