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Hier werden drei Tage im Leben einer Gruppe junger Menschen geschildert, die wie durch eine magische Kraft miteinander verbunden sind. Handschu, Skin unter Skins, ist innerlich schwach, verführbar, verletzlich und widerstandslos im Sog der Gewalt, muß darum besonders hart sein. Merli liebt ihn, versucht mit aller Kraft, ihn dem Sog zu entreißen. Doch es gibt kein Happy-End sondern einen Mord.

Produktbeschreibung
Hier werden drei Tage im Leben einer Gruppe junger Menschen geschildert, die wie durch eine magische Kraft miteinander verbunden sind. Handschu, Skin unter Skins, ist innerlich schwach, verführbar, verletzlich und widerstandslos im Sog der Gewalt, muß darum besonders hart sein. Merli liebt ihn, versucht mit aller Kraft, ihn dem Sog zu entreißen. Doch es gibt kein Happy-End sondern einen Mord.
Autorenporträt
Dieter Bongartz, geboren 1951 in Dülken am Niederrhein, lebt seit 1980 als Schriftsteller und Filmemacher in Köln. Im Jahr 2000 erhielt er für die Schreibwerkstätten mit Kölner Gesamtschülern den "Jugendkulturpreis NRW".
Rezensionen
"Selten wurde das Thema 'Gewalt unter jungen Rechtsradikalen' präziser und ergreifender dargestellt."Kölner Stadtanzeiger

"Wichtig ist das Unausgesprochene, das nicht zwischen den Zeilen gelesen werden muss, sondern als Zitat oder Idee aus dem Unbewussten der Protagonisten direkt in den Text einfließt. (...) Spannend ist das gemacht, wenn der Chronist Schritt um Schritt die haltlose Art der Clique aufdeckt, die Ereignisse ihren Lauf nehmen, der zweite Mord passiert." Renate Grubert in 'Die Süddeutsche Zeitung'

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.1997

Das Hämmern der Stiefel auf dem Asphalt
Tod eines Jugendlichen inmitten einer verzweifelt verkehrten Passion: "Makadam" von Dieter Bongartz

Eine Geschichte aus der rechtsradikalen Jugendszene: Die Handlung läuft in dramatischer Gegenwärtigkeit ab. Drei Tage umrahmen den Höhepunkt und das Ende der kriminalistischen Karriere von vier Jungen. Am ersten Tag ist ein unbekannter Mann ihr Opfer, am dritten Tag töten sie einen der Ihren. Der symbolisch bedeutungsvolle Zeitraum verweist auf die Leidensgeschichte Christi, die hier aber zu einer heillosen Passion verkehrt wird. Im Mittelpunkt steht der Sohn, nicht demütig ergeben in den Willen des Vaters, sondern wütend gegen den, der mächtig zu sein scheint und sich entzieht. Neben ihm der verräterische Freund und die brutalen Mittäter. Es fehlen weder die liebende, hier kahlköpfige Magdalena noch die schwachen Helfer. Von der Mutter erscheinen nur die zärtlichen Hände. Der Sohn ist kein unschuldiges Opferlamm, auch wenn er seinen Mördern am Ende hinterherkriecht. Dieser hier ist selbst ein Mörder. Es liegt dem Autor nicht daran, ihn durch seine Todesbereitschaft und seinen Tod von seiner Schuld zu reinigen. Der düstere Chor dissonanter Stimmen, auf die er die Darstellung der Handlung verteilt, bricht ab ohne Hoffnung auf Auferstehung und Erlösung.

Bongartz legt die symbolische Lesart auch durch die Motti nahe, die er den drei Tagen voranstellt, und durch einen abschließenden Text von Jurij Trifonow. Der religiösen Klangfarbe dieser Zitate korrespondiert der neoexpressionistische Stil mit seinen schrillen Metaphern ebenso wie der lakonische Ton und das Staccato kurzer Sätze, das an das Hämmern von Stiefeln auf Asphalt erinnert. So verwandelt sich die Handlung einer sozialkritischen Reportage in ein existenzielles Drama. Die Aktualität des Stoffes wird dadurch nur schärfer deutlich. Hier verwischt keine gutgemeinte Erklärung die Hilflosigkeit angesichts der Brutalität der jungen Neonazis. Den schrecklichen Geschehnissen bleibt ihre Undurchsichtigkeit. Der Autor ist kein allwissender Psychologe. Die Gleichung aus einzelnen Deutungsansätzen - früher Mutterverlust, das Fehlen väterlicher Zuwendung - bleibt ungelöst. Es gibt ein Unbekanntes, vielleicht jenes Zeichen, von dem Trifonow spricht: mit dem wir geboren sind und das "man weder auslöschen noch abwaschen noch verändern" kann.

"Makadam" ist ein Straßenpflaster, und es gibt einem Großstadt-Buch den Titel. Imbißbuden, U-Bahn-Höfe und Polizeireviere, Kneipen und in unterschiedlichen Stadien verkommene Wohnungen sind die Schauplätze der Handlung. Sich hier sicher zu bewegen und Angst zu verbreiten, das ist das ersehnte Selbstgefühl, das die vorbestraften Siebzehn- bis Zwanzigjährigen sich durch Diebstahl, Schlägereien, Brandstiftungen und schließlich Mord zu verschaffen suchen. Einmal blickt Hanschu, Mörder und künftiges Opfer, von einer Autobahnbrücke auf die Stadt "wie ein Feldherr". Doch die Stadt in ihrer schmuddligen Gewöhnlichkeit ist stärker als er. Seine kleine Schwester liebt der alkoholkranke und aggressive Junge innig, und diese Weichheit macht ihn verletzlich. Sie macht ihn zugänglich für die Liebe der kahlköpfigen Merli, aber sie macht ihn auch zum Spielball seiner ungleich härteren Spießgesellen. Deshalb muß er den Panzer schnell wieder schließen, sobald er sich ein wenig öffnet.

In diesem Buch wechseln die Perspektiven. Der Erzähler begleitet häufig, aber nicht ausschließlich Hanschu, spricht über ihn, läßt ihn in inneren Monologen selbst zu Wort kommen. Die in sich geschlossene Welt der vier Jungen spiegelt sich in Merlis Blick, in dem des Reporters Gais, der zum Zeugen ihres ersten Mordes wird, in den Augen des Juden Abraham Weidel, den die Ängste der KZ-Vergangenheit umtreiben und der sich furchtlos, wenn auch vergeblich, einmischt. Die Montage der verschiedenen Sichtweisen mit den eingeschobenen Aussagen beim Polizeiverhör gibt der Handlung die Tiefenschärfe, die jenen Jugendbüchern fehlt, die sich auf einen einzigen Blickwinkel beschränken. Sie erhöht auch den Anspruch an die eigene Aktivität beim Lesen. Das herausragende Buch ist der Mühe wert. GUNDEL MATTENKLOTT

Dieter Bongartz: "Makadam". Chronik eines Mordes. St. Gabriel Verlag, Wien 1997. 208 S., geb. 27,- DM. Ab 14 J.

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