Vea Kaiser
Gebundenes Buch
Makarionissi oder Die Insel der Seligen
Roman. Ausgezeichnet mit dem Buchpreis der Stiftung Ravensburger Verlag 2015
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Ist es leichter glücklich oder unglücklich zu sein?Von Griechenland bis Niedersachsen, von den Fünfzigerjahren bis in die Gegenwart: In ihrem neuen Roman erzählt Vea Kaiser in ihrem einzigartigen Ton von der Glückssuche einer Familie und deren folgenreichen Katastrophen, von Möchtegern-Helden und Herzensbrechern. Und von der großen Liebe, die man mehrmals trifft. In einer niedersächsischen Kleinstadt wird die Erotik der deutschen Sprache entdeckt. In der österreichischen Provinz sehnt sich ein skurriler Schlagerstar nach einer Frau, die er vor 40 Jahren verlor. In einer Schweizer Metr...
Ist es leichter glücklich oder unglücklich zu sein?Von Griechenland bis Niedersachsen, von den Fünfzigerjahren bis in die Gegenwart: In ihrem neuen Roman erzählt Vea Kaiser in ihrem einzigartigen Ton von der Glückssuche einer Familie und deren folgenreichen Katastrophen, von Möchtegern-Helden und Herzensbrechern. Und von der großen Liebe, die man mehrmals trifft. In einer niedersächsischen Kleinstadt wird die Erotik der deutschen Sprache entdeckt. In der österreichischen Provinz sehnt sich ein skurriler Schlagerstar nach einer Frau, die er vor 40 Jahren verlor. In einer Schweizer Metropole macht ein liebeskranker Koch dank pürierter Ameisen Karriere. Und auf einer griechischen Insel sucht ein arbeitsloser Gewerkschafter verzweifelt seinen Ehering, um dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Doch alles beginnt in einem vom Krieg entzweiten Dorf an der albanisch-griechischen Grenze. Mit einer Großmutter und Kupplerin par excellence, die keine Intrige scheut, um den Fortbestand ihrer Familie zu sichern. Und mit der klugen, sturen, streitbaren Eleni und ihrem Cousin Lefti, der sich nichts sehnlicher wünscht als Frieden. Als Kinder unzertrennlich, entzweien sich die beiden umso stärker als Erwachsene. Und kommen doch nie voneinander los. Mit hinreißender Tragikomik, einem liebevollen Blick für Details und furioser Fabulierlust folgt Vea Kaiser der Geschichte einer unvergesslichen Familie, die auseinandergerissen werden musste, um zusammenzufinden. Ein Roman über das Aushalten von Sehnsucht und Einsamkeit, über Neuanfänge, Sandburgen für die Ewigkeit und die Schönheit des Lebens als Postkartenmotiv.
Kaiser, Vea§
Vea Kaiser wurde 1988 geboren und lebt in Wien, wo sie Altgriechisch, Latein und Germanistik studierte. Mit 23 Jahren veröffentlichte sie ihren Debütroman »Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam«, der ebenso wie ihr Zweitling »Makarionissi oder Die Insel der Seligen« zum Bestseller avancierte und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. »Rückwärtswalzer« ist ihr dritter Roman.
Vea Kaiser wurde 1988 geboren und lebt in Wien, wo sie Altgriechisch, Latein und Germanistik studierte. Mit 23 Jahren veröffentlichte sie ihren Debütroman »Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam«, der ebenso wie ihr Zweitling »Makarionissi oder Die Insel der Seligen« zum Bestseller avancierte und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. »Rückwärtswalzer« ist ihr dritter Roman.
Produktbeschreibung
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- Artikelnr. des Verlages: 4001749
- 6. Aufl.
- Seitenzahl: 464
- Erscheinungstermin: 11. Mai 2015
- Deutsch
- Abmessung: 210mm x 135mm x 35mm
- Gewicht: 556g
- ISBN-13: 9783462047424
- ISBN-10: 3462047426
- Artikelnr.: 41733697
Herstellerkennzeichnung
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Solang dein Herz noch für mich schlägt
Weibliches Schutzbedürfnis: In ihrem neuen Roman erweist sich Vea Kaiser als Autorin für die ganze Familie
Während im Jahr 2012 die literaturbetrieblichen Reaktionen auf Vea Kaisers Debütroman zwischen Entsetzen (Sigrid Löffler) und Euphorie (Denis Scheck) schillerten, orchestrierten die Freudenstürme von Bloggern, Buchhändlern und Frauenzeitschriften eine 160 Stationen umfassende Lesereise und rekordverdächtige Umsätze: "Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam" wurde 90 000 Mal verkauft. Knapp drei Jahre später erscheint nun "Makarionissi oder Die Insel der Seligen" und spielt das bewährte Erfolgsrezept wieder aus: opulenter Titel, opulentes Cover, eine
Weibliches Schutzbedürfnis: In ihrem neuen Roman erweist sich Vea Kaiser als Autorin für die ganze Familie
Während im Jahr 2012 die literaturbetrieblichen Reaktionen auf Vea Kaisers Debütroman zwischen Entsetzen (Sigrid Löffler) und Euphorie (Denis Scheck) schillerten, orchestrierten die Freudenstürme von Bloggern, Buchhändlern und Frauenzeitschriften eine 160 Stationen umfassende Lesereise und rekordverdächtige Umsätze: "Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam" wurde 90 000 Mal verkauft. Knapp drei Jahre später erscheint nun "Makarionissi oder Die Insel der Seligen" und spielt das bewährte Erfolgsrezept wieder aus: opulenter Titel, opulentes Cover, eine
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Handlung, die in den fünfziger Jahren einsetzt und in die Gegenwart mündet, und eine jugendliche Hauptfigur, die mit ihrem heimischen Bergdorf hadert.
Das fiktive Bergdorf in Kaisers Erstling hieß St. Peter am Anger und trug unverkennbar österreichische Züge; sein Nachfolger heißt Varitsi und liegt nahe der albanisch-griechischen Grenze. Die kleine Eleni ist schon vor ihrer Geburt ihrem Cousin Lefti versprochen worden, damit das Familienerbe gesichert werden kann. Dass die Achtjährige jedoch nicht heiraten, sondern lieber als alleinstehende Heldin durch die Welt ziehen und Bestien bekämpfen will, nimmt man ihr übel: In Varitsi sind eigenständige Entscheidungen nicht gern gesehen.
Wie schon in Kaisers Debütroman werden auch in "Makarionissi" verstockten Dorfbewohnern Herzen aus Gold angedichtet, leuchtend gute Absichten, die aufwiegen sollen, dass Kinder geschlagen und letztlich entmündigt werden. Kaiser lässt ihre Protagonistin zwar rebellieren, präsentiert diese Auflehnung aber letztlich als zu überwindende Charakterschwäche. Auf die Idee, dass sie eine Heldin sei, hat sie ohnehin erst Cousin Lefti gebracht; die Vorstellung, dass sie Rechte habe und Frauen nicht weniger wert seien als Männer, flüstern ihr kommunistische Freunde ein - da kann es kaum verwundern, dass Elenis Emanzipationsversuche sich in lautstarken Beschimpfungen etwaiger "faschistischer Schweine" und im Werfen überreifer Tomaten erschöpfen.
Da Kommunismus in Varitsi als ähnlich unangenehm und ansteckend wie Tuberkulose gilt, lässt Kaiser ihre Protagonistin kurzerhand verhaften und straft sie mit einem niederschmetternden Szenario ab: Nach ein paar Tagen Gefängnis sind Elenis Locken "keine lustigen Spiralen mehr". Der zornige Generalinspektor brummt Eleni zudem eine Heirat als Bewährungsstrafenäquivalent auf; entgegen aller Überzeugung gibt sie Lefti das Jawort und zieht mit ihm nach Deutschland, ins verschlafene Hildesheim der siebziger Jahre, welches dem heutigen betrüblich ähnlich sieht: vergebliche Bemühungen, mit Hilfe eines Betongroßaufgebots nach Großstadt auszusehen, grimmig-verbohrte Einwohner und Busse, die so selten fahren, dass man lieber gleich zu Fuß geht.
Ausgerechnet in Hildesheim finden Eleni und Lefti ihr Glück: Eleni verliebt sich in den Sänger Otto, Lefti bändelt mit Deutschlehrerin Trudi an. Bis zum Happy End wird es allerdings noch diverse Geburten, Hochzeiten und Todesfälle in St. Pölten und Chicago sowie auf Makarionissi brauchen - doch all diese Schauplätze nehmen sich letztlich nur wie Varianten des Bergdorfs Varitsi aus; die Handlung erschöpft sich in immer wiederkehrenden Beziehungskonstellationen und -motiven, die auch nach der x-ten Wiederholung noch akribisch auserklärt werden. Dieser Roman will einfach nicht aufhören, obwohl schon auf halber Strecke alles gesagt und verstanden ist: Eleni ist bockig und muss gezähmt werden. Lefti hat ein gutes Herz. Ein "echter Mann" muss dominieren, darf fremdgehender "Schlingel" und "um die Mitte des Leibes überaus gut gebaut" sein. Eine "echte Frau" ist schutzbedürftig und achtet auf ihre Linie, lächelt zart und schüchtern, statt beim Lachen den Mund aufzureißen, "als wäre sie beim Zahnarzt".
Kaiser reproduziert in ihren Büchern veraltete Geschlechtskonzepte und erschafft Heimeligkeitsszenarien wie Johanna Spyri. Während ihr Debütroman ganz literarischer Heimatfilm war, dessen Protagonist Herodot predigte und sich gleichzeitig von der Wirklichkeit außerhalb seines Dorfes abwandte, widmet sich der neue, wenngleich maximal wattiert, einem politisch relevanten Thema: Am Beispiel des fiktiven griechischen Bergdorfs erzählt Vea Kaiser vom Kampf zwischen Royalisten und Kommunisten, der auch die Bürger Varitsis entzweit, arbeitet sich von Obristenputsch und Militärdiktatur über den studentischen Aufstand im Athener Polytechnikum im Jahr 1975 bis zur gegenwärtigen Krise Griechenlands vor. Während des Schreibprozesses, rekapituliert sie etwas ungeschickt in einem Interview, habe sie stets befürchtet, dass vor Abschluss ihres Romans "das alles wieder passé" sei und es in Griechenland wieder aufwärtsgehe.
Die Ausschmückung mit historischen Ereignissen erweist sich bei belletristischen Werken traditionsgemäß als Bestseller- oder Literaturpreisgarantie; eine konkrete, streitbare Haltung jedoch nimmt Kaiser nicht ein. "Makarionissi" schneidet ernste Themen an, nur um sie kurz darauf im Klamauk oder hinter Scheuklappen verschwinden zu lassen: Differenzen politischer Gegner werden mit Hilfe eines schunkeligen Tanzabends ausgeräumt, und Sympathieträger Lefti betont im Laufe des Romans immer wieder, dass Politik nur Feindseligkeiten bedeute und daher zu vermeiden sei. Der Roman setzt den Rückzug ins Private mit Heldentum gleich und macht kompensatorisch den stagnationsgeprägten Alltag zum Märchen: Während in "Blasmusikpop" Johannes Irrweins im Herodotschen Gestus verfasste Dorfchronik eine zweite Erzählebene konstituierte, sind es in "Makarionissi" wiedererzählte Mythen, eingeführt von Sätzen wie: "Ordne folgenden Mythos in den Kosmos der bereits gelernten Mythen ein." So verkommt der politische Hintergrund schnell zum inhaltsarmen Relevanzmarker und wird von zwischenmenschlichen Konflikten überstrahlt.
In ihren engmaschig aufgefädelten bösen Omen und humoristischen Einschüben (ein Betrunkener radelt frontal in einen Esel; eine Jungfrau hält den Penis ihres Mannes für einen dämonisch verlängerten Darm) scheint Kaisers Vorbild John Irving mit seinen skurrilitätsdurchsetzten Handlungskonstruktionen auf; während bei Irving jedoch niedliche Zuckrigkeiten nur die Brutalität des Lebens abmildern sollen, steht bei Kaiser die beschauliche Putzigkeit ganz im Vordergrund und mündet im literarischen Schlager.
Die Sechsundzwanzigjährige schickt sich an, die Helene Fischer der Literatur zu werden, eine Autorin für die ganze Familie, die im österreichischen Küchenradio Mama Juttas Heringssalat zubereitet, in Frauenzeitschriften den Wert des Glücks betont und auf ihrer Facebook-Fanpage unermüdlich ihre liebevolle Aufnahme in Kleinstädten lobt, kurz: die zahllose Leser für sich einnimmt, die sich vom hundertsten Berlin-Roman nicht gesehen fühlen.
DANA BUCHZIK
Vea Kaiser: "Makarionissi oder Die Insel der Seligen". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 464 S., geb., 19,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das fiktive Bergdorf in Kaisers Erstling hieß St. Peter am Anger und trug unverkennbar österreichische Züge; sein Nachfolger heißt Varitsi und liegt nahe der albanisch-griechischen Grenze. Die kleine Eleni ist schon vor ihrer Geburt ihrem Cousin Lefti versprochen worden, damit das Familienerbe gesichert werden kann. Dass die Achtjährige jedoch nicht heiraten, sondern lieber als alleinstehende Heldin durch die Welt ziehen und Bestien bekämpfen will, nimmt man ihr übel: In Varitsi sind eigenständige Entscheidungen nicht gern gesehen.
Wie schon in Kaisers Debütroman werden auch in "Makarionissi" verstockten Dorfbewohnern Herzen aus Gold angedichtet, leuchtend gute Absichten, die aufwiegen sollen, dass Kinder geschlagen und letztlich entmündigt werden. Kaiser lässt ihre Protagonistin zwar rebellieren, präsentiert diese Auflehnung aber letztlich als zu überwindende Charakterschwäche. Auf die Idee, dass sie eine Heldin sei, hat sie ohnehin erst Cousin Lefti gebracht; die Vorstellung, dass sie Rechte habe und Frauen nicht weniger wert seien als Männer, flüstern ihr kommunistische Freunde ein - da kann es kaum verwundern, dass Elenis Emanzipationsversuche sich in lautstarken Beschimpfungen etwaiger "faschistischer Schweine" und im Werfen überreifer Tomaten erschöpfen.
Da Kommunismus in Varitsi als ähnlich unangenehm und ansteckend wie Tuberkulose gilt, lässt Kaiser ihre Protagonistin kurzerhand verhaften und straft sie mit einem niederschmetternden Szenario ab: Nach ein paar Tagen Gefängnis sind Elenis Locken "keine lustigen Spiralen mehr". Der zornige Generalinspektor brummt Eleni zudem eine Heirat als Bewährungsstrafenäquivalent auf; entgegen aller Überzeugung gibt sie Lefti das Jawort und zieht mit ihm nach Deutschland, ins verschlafene Hildesheim der siebziger Jahre, welches dem heutigen betrüblich ähnlich sieht: vergebliche Bemühungen, mit Hilfe eines Betongroßaufgebots nach Großstadt auszusehen, grimmig-verbohrte Einwohner und Busse, die so selten fahren, dass man lieber gleich zu Fuß geht.
Ausgerechnet in Hildesheim finden Eleni und Lefti ihr Glück: Eleni verliebt sich in den Sänger Otto, Lefti bändelt mit Deutschlehrerin Trudi an. Bis zum Happy End wird es allerdings noch diverse Geburten, Hochzeiten und Todesfälle in St. Pölten und Chicago sowie auf Makarionissi brauchen - doch all diese Schauplätze nehmen sich letztlich nur wie Varianten des Bergdorfs Varitsi aus; die Handlung erschöpft sich in immer wiederkehrenden Beziehungskonstellationen und -motiven, die auch nach der x-ten Wiederholung noch akribisch auserklärt werden. Dieser Roman will einfach nicht aufhören, obwohl schon auf halber Strecke alles gesagt und verstanden ist: Eleni ist bockig und muss gezähmt werden. Lefti hat ein gutes Herz. Ein "echter Mann" muss dominieren, darf fremdgehender "Schlingel" und "um die Mitte des Leibes überaus gut gebaut" sein. Eine "echte Frau" ist schutzbedürftig und achtet auf ihre Linie, lächelt zart und schüchtern, statt beim Lachen den Mund aufzureißen, "als wäre sie beim Zahnarzt".
Kaiser reproduziert in ihren Büchern veraltete Geschlechtskonzepte und erschafft Heimeligkeitsszenarien wie Johanna Spyri. Während ihr Debütroman ganz literarischer Heimatfilm war, dessen Protagonist Herodot predigte und sich gleichzeitig von der Wirklichkeit außerhalb seines Dorfes abwandte, widmet sich der neue, wenngleich maximal wattiert, einem politisch relevanten Thema: Am Beispiel des fiktiven griechischen Bergdorfs erzählt Vea Kaiser vom Kampf zwischen Royalisten und Kommunisten, der auch die Bürger Varitsis entzweit, arbeitet sich von Obristenputsch und Militärdiktatur über den studentischen Aufstand im Athener Polytechnikum im Jahr 1975 bis zur gegenwärtigen Krise Griechenlands vor. Während des Schreibprozesses, rekapituliert sie etwas ungeschickt in einem Interview, habe sie stets befürchtet, dass vor Abschluss ihres Romans "das alles wieder passé" sei und es in Griechenland wieder aufwärtsgehe.
Die Ausschmückung mit historischen Ereignissen erweist sich bei belletristischen Werken traditionsgemäß als Bestseller- oder Literaturpreisgarantie; eine konkrete, streitbare Haltung jedoch nimmt Kaiser nicht ein. "Makarionissi" schneidet ernste Themen an, nur um sie kurz darauf im Klamauk oder hinter Scheuklappen verschwinden zu lassen: Differenzen politischer Gegner werden mit Hilfe eines schunkeligen Tanzabends ausgeräumt, und Sympathieträger Lefti betont im Laufe des Romans immer wieder, dass Politik nur Feindseligkeiten bedeute und daher zu vermeiden sei. Der Roman setzt den Rückzug ins Private mit Heldentum gleich und macht kompensatorisch den stagnationsgeprägten Alltag zum Märchen: Während in "Blasmusikpop" Johannes Irrweins im Herodotschen Gestus verfasste Dorfchronik eine zweite Erzählebene konstituierte, sind es in "Makarionissi" wiedererzählte Mythen, eingeführt von Sätzen wie: "Ordne folgenden Mythos in den Kosmos der bereits gelernten Mythen ein." So verkommt der politische Hintergrund schnell zum inhaltsarmen Relevanzmarker und wird von zwischenmenschlichen Konflikten überstrahlt.
In ihren engmaschig aufgefädelten bösen Omen und humoristischen Einschüben (ein Betrunkener radelt frontal in einen Esel; eine Jungfrau hält den Penis ihres Mannes für einen dämonisch verlängerten Darm) scheint Kaisers Vorbild John Irving mit seinen skurrilitätsdurchsetzten Handlungskonstruktionen auf; während bei Irving jedoch niedliche Zuckrigkeiten nur die Brutalität des Lebens abmildern sollen, steht bei Kaiser die beschauliche Putzigkeit ganz im Vordergrund und mündet im literarischen Schlager.
Die Sechsundzwanzigjährige schickt sich an, die Helene Fischer der Literatur zu werden, eine Autorin für die ganze Familie, die im österreichischen Küchenradio Mama Juttas Heringssalat zubereitet, in Frauenzeitschriften den Wert des Glücks betont und auf ihrer Facebook-Fanpage unermüdlich ihre liebevolle Aufnahme in Kleinstädten lobt, kurz: die zahllose Leser für sich einnimmt, die sich vom hundertsten Berlin-Roman nicht gesehen fühlen.
DANA BUCHZIK
Vea Kaiser: "Makarionissi oder Die Insel der Seligen". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 464 S., geb., 19,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Da ist Vea Kaiser ganz nah bei den Wahrheiten der alten Mythen.« Die Rheinpfalz 20151023
Makarionissi handelt von einer Familiengeschichte, angefangen neuzehnhundertsechundfünzig in dem Dorf Varitsi an der griechisch-albanischen Grenze, mit Yiayia Maria, einer Großmutter, die keine Intrige scheut, um den Fortbestand ihrer Familie zu sichern. Und dann deutet sie eines Tages …
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Makarionissi handelt von einer Familiengeschichte, angefangen neuzehnhundertsechundfünzig in dem Dorf Varitsi an der griechisch-albanischen Grenze, mit Yiayia Maria, einer Großmutter, die keine Intrige scheut, um den Fortbestand ihrer Familie zu sichern. Und dann deutet sie eines Tages die Zeichen falsch und stürzt damit gleich mehrere Generationen ihrer Familie ins Unglück.
Vea Kaiser beschreibt in "Makarionissi" eine unvergessliche Familie, die auseinandergerissen wird, um zusammenzufinden.
Sie erzählt die Geschichte einer griechischen Familie über vier Generationen. Eleni und Lefti, Cousin und Cousine sollen heiraten, um das Familienerbe zu sichern. Sie heiraten und gehen nach Deutschland, doch dort entwickelt sich alles völlig anders, wie von Yiayia Maria eigentlich geplant.
Die Orte der Geschichten der einzelnen Mitglieder der Familie gehen von Varitsi nach Hildesheim, nach St. Pölten in Österreich sowie in die Schweiz. Es wird von arrangierter Ehe, von Lug und Betrug, von Verletzung und Kränkung sowie von tiefer Verbundenheit und Liebe erzählt.
Dem tollen Schreibstil und der außergewöhnlich schönen Erzählkunst von Vea Kaiser dankend, taucht man sofort in die Geschichte ein, ist verbunden mit den wunderschön beschriebenen Orten in Griechenland und landet mit ihnen auf Makarionissi.
Sehr gut gefallen haben mir auch die Geschichten, die die Yiayia's ihren Enkelkindern erzählt haben, sowie die politischen und geschichtlichen Hintergründe Griechenlands.
Vea Kaiser hat mich auf beeindruckende Weise mitgerissen und mich mit diesem Roman sehr begeistert.
Eine wunderschöne Geschichte eindrucksvoll, mitfühlend, bewegend erzählt, die man jedem Leser nur wärmstens empfehlen kann.
Autor: Vea Kaiser
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Schon allein der Titel verspricht ein sagenhaftes Werk mit heldenhaftem Einschlag à la Homer und anderen griechischen Sagen. Geschickt hat Vea Kaiser dieses Familienepos mit neuzeitlichen Anklängen in die alten Heldengeschichten eingebunden und teilt den Roman in Heldengesänge …
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Schon allein der Titel verspricht ein sagenhaftes Werk mit heldenhaftem Einschlag à la Homer und anderen griechischen Sagen. Geschickt hat Vea Kaiser dieses Familienepos mit neuzeitlichen Anklängen in die alten Heldengeschichten eingebunden und teilt den Roman in Heldengesänge kapitelweise ein.
Hier wird nicht die klassische Variante von griechischen Sagen "besungen", sondern politische Krisen, finanzielle Schwierigkeiten und persönliche Höhen und Tiefen der Figuren dieser Familie mit Fehlern und Schwächen, aber auch mit Witz und Charme beschrieben und offen gelegt.
Es gelingt Vea Kaiser, die Familiensaga beginnend mit den Protagonisten Lefti, Eleni und ihrer bestimmenden Großmutter Yiayia Maria zu einem unterhaltsamen Roman zusammen zu schreiben. Die Familie lebt in einer ärmlichen rückständigen Gegend, Ziegenhaltung und karge Berge lassen keinen großen Wohlstand zu. Nur das Familienvermögen bringt sie durch die Zeit. Daher ist die Wahrung des Besitzes gerade eine Frage der Verheiratung, die auch vor verwandschaftlicher Beziehung nicht halt macht. Also werden Lefti und Eleni als Cousin und Cousine verheiratet. Doch mehr möchte ich hier nicht verraten. Nur noch soviel, dass auch die weiteren Charaktere faszinierend, ungewöhnlich und empathisch daherkommen und damit für eine wunderbare Unterhaltung sorgen.
Außerdem hat mich allein die Sprache schon regelrecht verzaubert. Der Stil ist frisch, spritzig und unverbraucht und geht ans Herz. Man entdeckt einen ganz eigenen Schreibstil voller Detailreichtum, Leichtigkeit und wahrer Einzigartigkeit.
Vea Kaiser vermag mit sagenhafter Wortgewandheit und klugem Inhalt des Buches, den Leser zu fesseln. Es gibt so viele originelle und witzige, traurige und schöne Stellen, die mich begeistert lesen ließen.
Man erlebt eine Familie, deren Mitglieder so anders sind als andere und dennoch die gleichen Wünsche, Sehnsüchte, Träume und Hoffnungen haben wie alle anderen Menschen auf dieser Welt auch. Die Familie wird erst auseinandergerissen, treibt in die Ferne und findet dann wieder zueinander.
Diesen Roman sollte man lesen! Er zeigt wie aus Sehnsucht und Einsamkeit Neuanfänge geschehen können und ist eine Ode an die Schönheit des Lebens mit all seinen Facetten.
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Broschiertes Buch
Ein modernes Heldenepos mit griechischem Einschlag hat Vea Kaiser verfasst, das aus meiner Sicht locker mit den "alten" mithalten kann. Die Autorin ist eine moderne junge Frau und hat folglich zeithistorische Themen aufgenommen, die beiden hier in neun Gesängen besungenen Helden …
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Ein modernes Heldenepos mit griechischem Einschlag hat Vea Kaiser verfasst, das aus meiner Sicht locker mit den "alten" mithalten kann. Die Autorin ist eine moderne junge Frau und hat folglich zeithistorische Themen aufgenommen, die beiden hier in neun Gesängen besungenen Helden haben sich somit eher modernen Herausforderungen - solchen den 20. und 21. Jahrhunderts zu stellen, nicht den klassischen, mit denen es einst Homers Ilias zu tun bekam. Und es geht um Helden mit Macken - mit Schwächen und Fehlern, aber gerade das macht sie so glaubhaft und so verehrungswürdig.
Es ist eine Familiensaga mit allem drum und dran, die Vea Kaiser hier vorlegt, eine mit einem Helden und einer Heldin, einem liebenswerten Lebenskünstler der besonderen Art und einer ganz speziellen Furie: Lefti und Eleni, so heißen die beiden, Cousin und Cousine sind sie, die gegen Ende des 2. Weltkriegs das Licht der Welt erblicken und für kurze Zeit auch Mann und Frau, aber nur, weil ihre Großmutter das so wollte. Nach ihrer Hochzeit verschlägt es sie nach Hildesheim und da trennen sich ihre Wege schon recht bald. Für Lefti geht es nach St. Pölten in Österreich, Furie Eleni landet erst nach einer langen, mehrjährigen Tour durch verschiedene Länder auf der griechischen Insel Varissi. Die Familiengeschichte dieses so ungleichen - zeitweiligen - Paares wird hier ganz wunderbar aufgerollt und so lernt der Leser eine Reihe weiterer faszinierender Charaktere, meist aus der näheren und weiteren Verwandtschaft unserer beiden Helden kennen.
Köstlich, absolut köstlich und leckerer als die delikatesten Makkaroni (mit denen der Titel aber nichts zu tun hat) ist dieses wunderbar kluge, unterhaltsame, empathische, originelle witzige und absolut authentische Buch über diese zwei Menschen aus dem fiktiven nordgriechischen Örtchen Varitsi, ihren Wünschen, Hoffnungen, Zwängen, Ideen, Lösungen - und das Altern.
Vea Kaiser schreibt nicht wie die alten Griechen, sondern wie eine junge, quicklebendige Österreicherin und so gerät ihr Heldenepos nicht pompös und nahezu beängstigend bombastisch, sondern vielmehr warmherzig, witzig, spritzig und sehr stimulierend. Ich habe eine solche Autorin in der deutschsprachigen Literatur bislang noch nicht erlebt, für mich steht sie eher in der Tradition von John Irving, was Originalität, Stil. Leichtigkeit und eine ganz besondere, sehr angewandte Art von Weisheit anbelangt.
Viel kluges Wissen, aber noch mehr Herz ist in dieses wunderbare Buch, das ich jedem empfehle, der noch zwei Hände zum Halten bzw. zwei Ohren zum Hören (es liegt auch als Hörbuch vor) hat - man erschließt sich definitiv neue Welten! Es ist unglaublich, dass ein so junger Mensch wie Vea Kaiser so anrührend über das Alter und das Älterwerden schreiben, Verständnis für unterschiedliche Generationen entwickeln kann. Dies ist aus meiner Sicht ein ganz besonderes, inhaltlich gesehen durchaus globales Kleinod der deutschsprachigen Literatur, das man hegen und pflegen und mit Literaturpreisen nur so bombardieren sollte!
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Alles beginnt in einem Dorf an der albanisch-griechischen Grenze in den 50er Jahren. Lefti, Stammhalter der Familie Zifkos scheint ohne Frau ins Leben gehen zu müssen. Es gibt einfach zu wenige in seinem Alter. Doch Yiayia Maria fädelt als begnadete Kupplerin es geschickt ein, dass kurze …
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Alles beginnt in einem Dorf an der albanisch-griechischen Grenze in den 50er Jahren. Lefti, Stammhalter der Familie Zifkos scheint ohne Frau ins Leben gehen zu müssen. Es gibt einfach zu wenige in seinem Alter. Doch Yiayia Maria fädelt als begnadete Kupplerin es geschickt ein, dass kurze Zeit später Eleni, seine Cousine und damit zukünftige Frau, geboren wird. Ihre Kinderfreundschaft zerbricht und troz des zu erahnenden Fiaskos heiraten die beiden, um dann das Land während der Militärdiktatur zu verlassen. In Hildesheim findet sich Lefti schnell zurecht. Die Arbeit macht ihm Spaß, doch Eleni hadert mit der Mentalität und dem Wetter. Für beide stellen sich die Weichen neu und so verliebt sich Lefti in seine Deutschlehrerin Fräulein Haselbacher und Eleni in den Musiker Otto. Als Eleni schwanger wird, kehrt sie zur Geburt in ihr Heimatdorf zurück, verschweigt aber, dass Lefti gar nicht der Vater ist. Dieser wird daraufhin von der Familie verstoßen. Doch noch ist das Ende der Reise der beiden "Helden" nicht erreicht.
Vea Kaiser versteht es durch ihre Erzählkunst den Leser in ihren Bann zu ziehen. Wortgewaltig, aber gleichzeitig leicht und humorvoll folgt man dem Geschehen. Ungewöhnlich ist die Aufteilung der Abschnitte. Statt Kapiteln gibt es Gesänge, angelehnt an die Ilias, wie z.B. den V. Gesang "Der davon kündet, wie der Held und die Heldin siebentausendfünfhundert Kilometer voneinander entfernt dieselbe Erfahrung machen: anzukommmen kann sehr schwierig sein."
So wird auch immer wieder die griechische Mythologie in die Handlung einbezogen und Parallelen zu den Charakteren gezogen. Der Handlungsbogen der Familiensaga wird von den Fünfzigerjahren bis in die Gegegnwart gespannt. Der immer weiter verzweigenden Familie beim Lesen zu folgen, fällt dank eines beigefügten Stammbaumes nicht schwer.
Ich habe das Hörbuch gehört und bin vom Sprecher Burghart Klaußner begeistert. Er haucht den Figuren in ruhiger, aber nachhaltiger Weise Leben ein. Gekonnt werden bei der Vielzahl an Charakteren feine Unterschiede herausgearbeitet.
Ungewöhnlich sind die unterschiedlichen Schauplätze. Ein kleiner Ort in Griechenland, Hildesheim, St. Pölten, Chicago und letztlich die imaginäre Insel Makarionissi. Mit viel Liebe zum Detail werden die Charaktere beschrieben. Eine Familie, die auf den ersten Blick völlig gewöhnlich scheint, wird von der Autorin zu etwas besonderem gemacht. Meine Sympathie schwankte immer zwischen den Protagonisten hin und her. Man litt, freute und lachte mit ihnen und hoffte bis zum Schluss, dass jeder sein Glück finden möge.
Durch den langen Zeitraum der Geschichte werden manche Handlungen nicht zu Ende erzählt oder gleich in mehreren Jahren übersprungen. So bleibt denn auch das Schicksal der Dorfbewohner Varitsis im verborgenen. Zu gern hätte ich erfahren, wie sich das kleine Dorf im wirtschaftlich gebeutelten Griechenland hält.
Lediglich dieser Satz weist daraufhin, was wohl geschehen wird:
"Im Grunde wartete das ganze Dorf darauf, wegzugehen. Entweder auf den eigenen Beinen oder in einem Sarg."
Ich wäre gern noch länger auf Makarionissi geblieben. Doch wie heißt es so schön: "Und sie lebten gut - aber wir leben noch besser."
Dieser Roman bietet einen ganzen Strauß voller Emotionen. Man hofft, leidet, träumt, lacht und lächelt glücklich über das Leben. Denn jedes Ende ist auch ein Neuanfang.
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