Von der archetypischen Darstellung des menschlichen Körpers in der Kunst bis zum Ideal der Schwulen: Dieser visuell herausragende Band erzählt die Geschichte der männlichen Aktdarstellung an Hand von 50 Aufnahmen der bedeutendsten Fotografen des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Autor verfolgt die Entwicklung der Aktfotografie von ihren dokumentarischen Anfängen im 19. Jahrhundert über den Einfluss von Nacktkultur und Bodybuilding bis zur extremen Ästhetisierung des männlichen Körpers heute. Kommentare zu jeder Abbildung beschreiben und analysieren den historischen, technischen und sozialen Kontext.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.08.2004Nackt ist der Mensch geboren und nackt steht er dann im Fotostudio
Zieh dich schon mal aus. Bruce Weber soll gesagt haben, wer es nicht schaffe, dass sich ein Model innerhalb von zwanzig Minuten ausziehe, der sei kein Fotograf. Die Darstellung nackter männlicher Körper scheint aber weiterhin ein ästhetisches und politisches Problem zu sein. Was darf man zeigen, welche Details sind erlaubt, wie sehr muss der lebendige Körper in starre Skulptur transformiert werden, um als Kunst zu gelten? Kann man sich im Zweifelsfall hinter antiken, moralisch abgesicherten Vorlagen verstecken? Emmanuel Cooper versucht in seinem Sammelband (Male Bodies. Prestel Verlag, München 2004. 144 Seiten, 39,95 Euro), diese Frage im Einzelfall mit einem klaren Nein zu beantworten. Gleichwohl unterliegen die zum Teil durchaus überspannten männlichen Körper der Sorgfalt einer historischen Exhibition, einer Zusammenschau des männlichen Akts in der Fotografie. Ausschlaggebend dabei: die sich verschiebenden Kriterien der Körperwahrnehmung, der Gewichtung von Körperbewusstsein und Sexualität. Die historischen Kategorien werden in dieser gedrängten Zusammenstellung bedeutender Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts überdeutlich, der zeitgeschichtliche ästhetische Kontext erschließt sich fast von selbst. Aus der Körperhaltung vor allem, aus der Art der Arrangements, zum Teil aus den Gesichtern, am wenigsten aus fototechnischen Details. Stilbildend scheint vor allem der Grad vorbewusster Befangenheit zu sein, und die kann sich auch in zur Schau gestellter Unbefangenheit zeigen. Das Buch ist ein buntes Durcheinander an Kompositionen, und eines wird klar: Nur selten gelingt ein Meisterwerk wie Edward Westons „Bathers”, bei dem es dann aber vielleicht am wenigsten um das Problem Nacktheit geht.
mau
Zieh dich schon mal aus. Bruce Weber soll gesagt haben, wer es nicht schaffe, dass sich ein Model innerhalb von zwanzig Minuten ausziehe, der sei kein Fotograf. Die Darstellung nackter männlicher Körper scheint aber weiterhin ein ästhetisches und politisches Problem zu sein. Was darf man zeigen, welche Details sind erlaubt, wie sehr muss der lebendige Körper in starre Skulptur transformiert werden, um als Kunst zu gelten? Kann man sich im Zweifelsfall hinter antiken, moralisch abgesicherten Vorlagen verstecken? Emmanuel Cooper versucht in seinem Sammelband (Male Bodies. Prestel Verlag, München 2004. 144 Seiten, 39,95 Euro), diese Frage im Einzelfall mit einem klaren Nein zu beantworten. Gleichwohl unterliegen die zum Teil durchaus überspannten männlichen Körper der Sorgfalt einer historischen Exhibition, einer Zusammenschau des männlichen Akts in der Fotografie. Ausschlaggebend dabei: die sich verschiebenden Kriterien der Körperwahrnehmung, der Gewichtung von Körperbewusstsein und Sexualität. Die historischen Kategorien werden in dieser gedrängten Zusammenstellung bedeutender Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts überdeutlich, der zeitgeschichtliche ästhetische Kontext erschließt sich fast von selbst. Aus der Körperhaltung vor allem, aus der Art der Arrangements, zum Teil aus den Gesichtern, am wenigsten aus fototechnischen Details. Stilbildend scheint vor allem der Grad vorbewusster Befangenheit zu sein, und die kann sich auch in zur Schau gestellter Unbefangenheit zeigen. Das Buch ist ein buntes Durcheinander an Kompositionen, und eines wird klar: Nur selten gelingt ein Meisterwerk wie Edward Westons „Bathers”, bei dem es dann aber vielleicht am wenigsten um das Problem Nacktheit geht.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Die Moral des männlichen Aktes, so der "mau" zeichnende Rezensent, ist weiterhin ungeklärt, sollte aber nach Ansicht von Emmanuel Cooper gar nicht in Frage stehen. Dennoch habe Cooper einen Bilderkanon zusammengestellt, der auf klassische Muster und Standards zustrebt. Dicht gedrängt folgen bedeutende Fotografien aus zwei Jahrhunderten und machen nach Ansicht von "mau" vor allem deutlich: Stilprägender als etwa die fototechnische Entwicklung war "vor allem der Grad vorbewusster Befangenheit (...), und die kann sich auch in zur Schau gestellter Unbefangenheit zeigen." Und noch etwas: Kompositionsvarianten gibt es zur Genüge, Meisterwerke nur wenige.
© Perlentaucher Medien GmbH
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