Seit über 25 Jahren erkundet der vielfach ausgezeichnete Maler Matthias Holländer mit seiner Kamera die Tempel der alten, nun selbst schon historischen Museen für Naturgeschichte und Anatomie. Eigentlich beginnt alles so harmlos – eine Recherchearbeit für seine Malerei, ein photographisches Notizbuch. Aber dann taucht er – bevorzugt in Wien und Paris – ein in eine Welt aus von Präparaten bewohnten Vitrinen, die im Licht oft kathedralenartiger Schauräume über Spiegelungen und Reflexe rätselhaften Kontakt miteinander aufzunehmen scheinen. Oder er entdeckt, wie ein einziger Lichtstrahl eine unscheinbare Vitrine im Halbdunkel einer Asservatenkammer in einen Diamanten verwandelt und ihren Inhalt in eine Reliquie. In diesem Buch ermöglicht der Maler erstmals Einblicke in sein photographisches Paralleluniversum und bringt einige ausgesuchte Negative und Dias aus seinem Fundus zu Papier, gleichsam als Blick in den „Zeichenblock“ des Malers. So legt der Künstler bei seiner digitalen Ausarbeitung des ursprünglich durchweg analogen Materials besonderen Wert auf die zeichnerische Feinheit, die Linien und Strukturen in seinen meist schwarzweißen Fine Art Prints auf edlen Papieren: ein analytisches Schauen in sein Archiv-Material wie in die Kindheit der Bilder, ein Blick auf das bildnerische Fundament, wie es erst die digitale Distanz ermöglicht. Christoph Bauer schreibt dazu in seinem Textbeitrag „Das Schillern der Erscheinungen“ in diesem Band: „Das Prinzip seiner Kunst ist, frei nach Benedetto Croce, das im Sehen konzentrierte Auge, das sich in produktiver Weise das zueigen macht, was ihm ‚die‘ Wirklichkeit im selben Augenblick darzubieten und zu entziehen sucht. Aller theoretischen Skepsis zum Trotz bleibt das ‚Augentier‘ Holländer seiner Recherche (die zugleich Obsession ist) treu, durch außerordentlich genaue Beobachtung, wie die Dinge – im Bild – aufscheinen, dort real werden und wieder vergehen, zur (Be-)Deutung von Welt vorzudringen: Jedes Bild eine Welle, die insistierend an der Natur des Geschauten nagt.“ Bereits 1996 bemerkte Adolf Muschg 1996 in seinem Essay ‚Im Spiegel der Klinge‘ über den Maler: „Holländer ist keineswegs nebenbei Photograph, er zeigt auch, dass er es ist, wenn er malt, aber er malt keine Photographie .“ Im Umkehrschluss dazu zeigt dieser Band jetzt auch eindrucksvoll, dass Holländer beim Photographieren keineswegs nebenbei Maler ist.