Witzig, klug und berührend schildert Malva, die Tochter Pablo Nerudas, Zeit und Leben ihres berühmten Vaters.Hagar Peeters Erzählerin erlaubt sich einiges. Aber das darf sie auch, schließlich beobachtet sie das Geschehen aus dem Jenseits und kennt von jeder Geschichte schon das Ende. Doch die ihres berühmten Vaters Pablo Neruda erzählt sie hier ganz neu:Die Ehe ihrer Eltern, die Trennung von seiner ersten Frau und der Tochter Malva und auch sein Ruhm als Dichter in Lateinamerika und der Welt erscheinen in einem neuen Licht, wenn seine Tochter zu Wort kommt. Im realen Leben wurde Malva Marina Trinidad del Carmen Reyes nur acht Jahre alt, da sie mit einem Hydrozephalus zur Welt kam und bis zu ihrem frühen Tod gesundheitlich beeinträchtigt war. Bald nach der Geburt entzog sich ihr Vater Neruda aller Verpflichtungen, wollte sich mit ihrer Erkrankung nicht belasten.In einem surrealistischen Jenseits umgibt Malva sich mit Personen, mit denen sie das Verhalten ihres Vaters und ihr eigenes Schicksal bespricht - Ausnahmegestalten wie sie selbst: Oskar Mazerath trommelt den Takt zu ihrer Erzählung, Goethe und Roald Dahl trösten väterlich, die Kinder von James Joyce und Arthur Miller sind ebenfalls von ihren Vätern abgelehnt worden. Ein vielstimmiges Gespräch über Kunst, Philosophie, »Normalität« und Schuld, in dem die zu Wort kommen, die zu Lebzeiten überhört wurden.Peeters verbindet akribische Recherche mit Witz und der Lust am Fabulieren - ein hochliterarischer Roman mit einer unvergesslichen Protagonistin.
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buecher-magazin.deNach der Blume ist sie benannt worden, Malva, die 1934 in Madrid geborene Tochter Pablo Nerudas, die er verschwiegen und verdrängt hat. Doch nun tritt sie in Hagar Peeters Roman als "vergessene Verstorbene und zugleich allwissende Weiterlebende" als Erzählerin und Protagonistin in Erscheinung. Sie erzählt von der kurzen Liebe ihrer Eltern, von dem verlassenden und betrügenden Vater, vom Sterben der Mutter und ihrem eigenen frühen Tod - und bei all dem ist sie nicht alleine. Im Jenseits hat sie die Gesellschaft anderer vernachlässigter, verschwiegener oder fiktiver Kinder männlicher Intellektueller und Künstler, die wie sie mit einer Behinderung und Krankheit zur Welt kamen: die als schizophren geltende Tochter James ?Joyces, Arthur Millers Sohn, der das Down-Syndrom hatte, und Oskar Matzerath aus Günter Grass' "Blechtrommel". Außerdem hat sie prominente tote Stichwortgeber wie Sokrates und Goethe - und hier verweist sie bisweilen zu stark auf deren jeweilige Relevanz. Abgesehen davon aber gelingt ihr ein einnehmender, differenzierter Roman. Zu viele Väter verlassen ihre Kinder - und allzu leicht wird ihr Verhalten mit den Werken, die sie in der dadurch gewonnenen Freiheit schaffen, entweder verteidigt oder verurteilt. Peeters aber schreibt über die Ambivalenzen dieses Verhaltens.
© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.2019Die Steine des Himmels
Großer Mann, was nun? Hagar Peeters lässt in einem surreal-phantastischen Roman die verstoßene Tochter Pablo Nerudas Anklage in eigener Sache erheben
Roman steht auf dem Schutzumschlag dieses eigenwillig schönen Buches der Lyrikerin und Literaturwissenschaftlerin Hagar Peeters. Es steht da mit gutem Grund, weil ein Roman nun einmal alles sein kann und weil auch das niederländische Original als solches gekennzeichnet ist. Aber es hat zugleich seine Berechtigung, wenn der Wallstein Verlag in der Titelei im Buchinneren auf die Genrebezeichnung verzichtet, denn selbst diese offene Form scheint noch eine zu starke Eingrenzung zu sein für dieses frei zwischen Parallelbiographie, surreal-phantastischer Poesie, magischem Theater, Tiefenpsychologie, Trauerrede und Literaturgeschichte schwebende Erzählexperiment, das es wohl ein wenig übertreibt mit seiner ungezügelten Fabulierlust (vielleicht eine leicht ironische Verbeugung vor der Farbpracht lateinamerikanischer Dichtung), stilistisch aber durchaus geglückt ist.
Es handelt sich um einen anschwellenden Sehnsuchtsgesang, eine obsessive Elegie, die um ein leeres Zentrum kreist und damit eine starke Wirkung entfaltet: "Malva" ist vor allem anderen ein Buch der Entzauberung. Zwar gab es schon viele Versuche, den "roten" Dichterrhapsoden Neftalí Ricardo Reyes Basualto, der sich Pablo Neruda nannte und als Lokomotivführersohn stets ordentlich Dampf im Metaphernkessel hatte, wenn er im Namen der Arbeiter wolkige Elementarpoeme in den azurblauen Himmel über Chile steigen ließ, vom Nationalheldensockel zu stürzen. Vielfach wurden etwa Nerudas Hymnen für Stalin inkriminiert. Ebenso oft aber bekannte sich die Gegenseite umso beseelter zu der Nachtigall des Antifaschismus. Im vorliegenden Fall aber lernen wir Neruda von einer Seite kennen, die derart unsympathisch ist, dass schwerlich eine Entgegnung möglich scheint: Ein Vater, der sein behindertes Kind verstößt, weil er sich nicht mit dessen Erkrankung belasten will, hat es mehr als verdient, wenn diese Tochter, die mit acht Jahren in einer Pflegefamilie in Gouda gestorben ist, aus dem Schattenreich heraus ihr ganz persönliches "Jaccuse"vorträgt.
Die Autorin lässt Malva Marina, benannt nach einer Blume und dem Meer und damit gewissermaßen das einzige tatsächlich materialisierte Gedicht des Materialisten Neruda, als Unerlöste aus einem jenseitigen Zwischenreich heraus sprechen. Sie hat Zugriff auf die Erinnerungen, aufs große Weltarchiv, doch ändern kann sie die Vergangenheit nicht mehr - und muss es gleichwohl endlos versuchen, weil der Schmerz, verleugnet worden zu sein, sonst zu groß wäre. In der Autobiographie des berühmten Vaters taucht Malva mit keiner Zeile auf, dafür nannte er sie in Briefen "Monster" und "vollkommen lächerliches Wesen". Neruda, erfahren wir in einer der einander überlagernden Erinnerungsschleifen, hatte seine neugeborene Tochter durchaus für einen kurzen Moment geliebt und den Freunden als "schönstes Mädchen der Welt" präsentiert - bis er erfuhr, dass die Kopfgröße nicht normal war und lebenslange Pflege bedeuten würde. "Die Blütezeit der Malve ist kurz. Oft wächst sie am Wegrand, wie Unkraut." Von Nerudas Freund Federico García Lorca stammt ein Gedicht auf die Geburt des Mädchens, in dem er ihm "Salz und Liebe" vermacht. Dieses Salz allein habe sie konserviert, ist sich die Erzählerin sicher. Da ist auch literaturgeschichtlich etwas dran.
Von allen Seiten aus durchkreuzt die Untote nun das als Diplomat zwischen Chile und Spanien, Argentinien und Mexiko verbrachte Leben ihres freilich selbst längst nicht mehr unter den Lebenden weilenden Vaters, rekapituliert seine drei langen und vielen kurzen Beziehungen zu Frauen, von denen er vor allem Malvas Mutter, eine Niederländerin aus Niederländisch-Indien (heute Indonesien), lieblos behandelte und unter dem Vorwand ihrer Sicherheit schließlich fortschickte, um ganz für seine Geliebte da zu sein. Die großen politischen Verwerfungen dieser Zeit - Spanischer Bürgerkrieg, Faschismus, Militärputsch in Chile - bilden den Hintergrund des Erzählten, überlagern aber nie dessen individuelle Tragik. Vielmehr wirken die pathetisch-paternalistischen Gedichte Nerudas, in denen er die Opfer der Revolution feiert, besonders hohl angesichts des ignorierten Todes der eigenen Tochter: "o, ihr Mütter . . . wisst, dass eure Toten unter der Erde lächeln".
Sehr gut ist Peeters darin, die trotzig gegen alle selbstverliebten Hofhaltungsallüren und national-politischen Mythologisierungen anrennende Sehnsucht eines Kindes nach Anerkennung durch den eigenen Vater emotional auf den Schmerzpunkt hin zu verdichten, ohne es dabei an Witz oder Sensibilität fehlen zu lassen. Zugleich macht sie auf elegante Weise deutlich, welche Grausamkeit im Aberglauben an Perfektion steckt, der gar zur Grundlage von Vernichtungsideologien werden könne. Einwände gibt es aber doch. Dass Hagar Peeters ihre Heldin im Jenseits enge Bande mit anderen ausgegrenzten Literatensprösslingen knüpfen lässt - der angeblich schizophrenen Tochter von James Joyce; dem mit Downsyndrom geborenen Sohn von Arthur Miller -, das hat seine Stimmigkeit, führt aber leider zu literaturgeschichtlichen Referaten. Was der trommelnde Oskar Matzerath in dieser Reihe zu suchen hat, erklärt sich schon gar nicht. Es soll wohl allein seine Trauer darüber sein, aus schlechtem Gewissen statt aus Liebe gezeugt worden zu sein: "um die Aufmerksamkeit von meines Vaters Mitgliedschaft in der Waffen-SS abzulenken". Noch schwächer motiviert ist die Einbindung von Sokrates, Goethe und Roald Dahl. Man braucht die Urpflanze nicht, um Malva zu verstehen.
Des Weiteren geht eine autobiographische Volte nicht wirklich auf. Die Erzählsituation soll folgende sein: Malva, eingesperrt in einem nach väterlicher Phantasie eingerichteten Trauma, nutzt als Medium ihrer Botschaften die Autorin Hagar Peeters, auf die sie verfallen ist, weil Peeters' Vater, ein Journalist, die von Protesten gegen die Militärjunta begleitete Beisetzung Nerudas am 25. September 1973 in Santiago de Chile selbst beobachtet hat. Mehr an Verbindung ist da allerdings nicht. Jenen Partien, in denen die Erzählerin nicht in Malvas Stimme, sondern der eigenen - man darf hier wohl sogar sagen: der Stimme der Autorin - über ihren Vater spricht und gar längere Auszüge aus dessen Tagebuch zitiert, geht denn auch alle Relevanz und Dramatik ab. Hätte sich das Buch ganz auf den gut recherchierten und einfühlsam erweiterten Haupterzählstrang beschränkt, jene Gegenrede einer Ausgeschlossenen, die sich mit den Mitteln der Phantastik (und mit väterlichem Stift) in die Historie wieder einschreibt, wäre es noch stärker geworden. Ein kluges, zu Herzen gehendes Lehrstück über die Disproportion von öffentlicher und privater Moral ist es aber auch so.
OLIVER JUNGEN
Hagar Peeters: "Malva". Roman.
Aus dem Niederländischen von Arne Braun. Wallstein Verlag, Göttingen 2018. 246 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Großer Mann, was nun? Hagar Peeters lässt in einem surreal-phantastischen Roman die verstoßene Tochter Pablo Nerudas Anklage in eigener Sache erheben
Roman steht auf dem Schutzumschlag dieses eigenwillig schönen Buches der Lyrikerin und Literaturwissenschaftlerin Hagar Peeters. Es steht da mit gutem Grund, weil ein Roman nun einmal alles sein kann und weil auch das niederländische Original als solches gekennzeichnet ist. Aber es hat zugleich seine Berechtigung, wenn der Wallstein Verlag in der Titelei im Buchinneren auf die Genrebezeichnung verzichtet, denn selbst diese offene Form scheint noch eine zu starke Eingrenzung zu sein für dieses frei zwischen Parallelbiographie, surreal-phantastischer Poesie, magischem Theater, Tiefenpsychologie, Trauerrede und Literaturgeschichte schwebende Erzählexperiment, das es wohl ein wenig übertreibt mit seiner ungezügelten Fabulierlust (vielleicht eine leicht ironische Verbeugung vor der Farbpracht lateinamerikanischer Dichtung), stilistisch aber durchaus geglückt ist.
Es handelt sich um einen anschwellenden Sehnsuchtsgesang, eine obsessive Elegie, die um ein leeres Zentrum kreist und damit eine starke Wirkung entfaltet: "Malva" ist vor allem anderen ein Buch der Entzauberung. Zwar gab es schon viele Versuche, den "roten" Dichterrhapsoden Neftalí Ricardo Reyes Basualto, der sich Pablo Neruda nannte und als Lokomotivführersohn stets ordentlich Dampf im Metaphernkessel hatte, wenn er im Namen der Arbeiter wolkige Elementarpoeme in den azurblauen Himmel über Chile steigen ließ, vom Nationalheldensockel zu stürzen. Vielfach wurden etwa Nerudas Hymnen für Stalin inkriminiert. Ebenso oft aber bekannte sich die Gegenseite umso beseelter zu der Nachtigall des Antifaschismus. Im vorliegenden Fall aber lernen wir Neruda von einer Seite kennen, die derart unsympathisch ist, dass schwerlich eine Entgegnung möglich scheint: Ein Vater, der sein behindertes Kind verstößt, weil er sich nicht mit dessen Erkrankung belasten will, hat es mehr als verdient, wenn diese Tochter, die mit acht Jahren in einer Pflegefamilie in Gouda gestorben ist, aus dem Schattenreich heraus ihr ganz persönliches "Jaccuse"vorträgt.
Die Autorin lässt Malva Marina, benannt nach einer Blume und dem Meer und damit gewissermaßen das einzige tatsächlich materialisierte Gedicht des Materialisten Neruda, als Unerlöste aus einem jenseitigen Zwischenreich heraus sprechen. Sie hat Zugriff auf die Erinnerungen, aufs große Weltarchiv, doch ändern kann sie die Vergangenheit nicht mehr - und muss es gleichwohl endlos versuchen, weil der Schmerz, verleugnet worden zu sein, sonst zu groß wäre. In der Autobiographie des berühmten Vaters taucht Malva mit keiner Zeile auf, dafür nannte er sie in Briefen "Monster" und "vollkommen lächerliches Wesen". Neruda, erfahren wir in einer der einander überlagernden Erinnerungsschleifen, hatte seine neugeborene Tochter durchaus für einen kurzen Moment geliebt und den Freunden als "schönstes Mädchen der Welt" präsentiert - bis er erfuhr, dass die Kopfgröße nicht normal war und lebenslange Pflege bedeuten würde. "Die Blütezeit der Malve ist kurz. Oft wächst sie am Wegrand, wie Unkraut." Von Nerudas Freund Federico García Lorca stammt ein Gedicht auf die Geburt des Mädchens, in dem er ihm "Salz und Liebe" vermacht. Dieses Salz allein habe sie konserviert, ist sich die Erzählerin sicher. Da ist auch literaturgeschichtlich etwas dran.
Von allen Seiten aus durchkreuzt die Untote nun das als Diplomat zwischen Chile und Spanien, Argentinien und Mexiko verbrachte Leben ihres freilich selbst längst nicht mehr unter den Lebenden weilenden Vaters, rekapituliert seine drei langen und vielen kurzen Beziehungen zu Frauen, von denen er vor allem Malvas Mutter, eine Niederländerin aus Niederländisch-Indien (heute Indonesien), lieblos behandelte und unter dem Vorwand ihrer Sicherheit schließlich fortschickte, um ganz für seine Geliebte da zu sein. Die großen politischen Verwerfungen dieser Zeit - Spanischer Bürgerkrieg, Faschismus, Militärputsch in Chile - bilden den Hintergrund des Erzählten, überlagern aber nie dessen individuelle Tragik. Vielmehr wirken die pathetisch-paternalistischen Gedichte Nerudas, in denen er die Opfer der Revolution feiert, besonders hohl angesichts des ignorierten Todes der eigenen Tochter: "o, ihr Mütter . . . wisst, dass eure Toten unter der Erde lächeln".
Sehr gut ist Peeters darin, die trotzig gegen alle selbstverliebten Hofhaltungsallüren und national-politischen Mythologisierungen anrennende Sehnsucht eines Kindes nach Anerkennung durch den eigenen Vater emotional auf den Schmerzpunkt hin zu verdichten, ohne es dabei an Witz oder Sensibilität fehlen zu lassen. Zugleich macht sie auf elegante Weise deutlich, welche Grausamkeit im Aberglauben an Perfektion steckt, der gar zur Grundlage von Vernichtungsideologien werden könne. Einwände gibt es aber doch. Dass Hagar Peeters ihre Heldin im Jenseits enge Bande mit anderen ausgegrenzten Literatensprösslingen knüpfen lässt - der angeblich schizophrenen Tochter von James Joyce; dem mit Downsyndrom geborenen Sohn von Arthur Miller -, das hat seine Stimmigkeit, führt aber leider zu literaturgeschichtlichen Referaten. Was der trommelnde Oskar Matzerath in dieser Reihe zu suchen hat, erklärt sich schon gar nicht. Es soll wohl allein seine Trauer darüber sein, aus schlechtem Gewissen statt aus Liebe gezeugt worden zu sein: "um die Aufmerksamkeit von meines Vaters Mitgliedschaft in der Waffen-SS abzulenken". Noch schwächer motiviert ist die Einbindung von Sokrates, Goethe und Roald Dahl. Man braucht die Urpflanze nicht, um Malva zu verstehen.
Des Weiteren geht eine autobiographische Volte nicht wirklich auf. Die Erzählsituation soll folgende sein: Malva, eingesperrt in einem nach väterlicher Phantasie eingerichteten Trauma, nutzt als Medium ihrer Botschaften die Autorin Hagar Peeters, auf die sie verfallen ist, weil Peeters' Vater, ein Journalist, die von Protesten gegen die Militärjunta begleitete Beisetzung Nerudas am 25. September 1973 in Santiago de Chile selbst beobachtet hat. Mehr an Verbindung ist da allerdings nicht. Jenen Partien, in denen die Erzählerin nicht in Malvas Stimme, sondern der eigenen - man darf hier wohl sogar sagen: der Stimme der Autorin - über ihren Vater spricht und gar längere Auszüge aus dessen Tagebuch zitiert, geht denn auch alle Relevanz und Dramatik ab. Hätte sich das Buch ganz auf den gut recherchierten und einfühlsam erweiterten Haupterzählstrang beschränkt, jene Gegenrede einer Ausgeschlossenen, die sich mit den Mitteln der Phantastik (und mit väterlichem Stift) in die Historie wieder einschreibt, wäre es noch stärker geworden. Ein kluges, zu Herzen gehendes Lehrstück über die Disproportion von öffentlicher und privater Moral ist es aber auch so.
OLIVER JUNGEN
Hagar Peeters: "Malva". Roman.
Aus dem Niederländischen von Arne Braun. Wallstein Verlag, Göttingen 2018. 246 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Ein kluges, zu Herzen gehendes Lehrstück über die Disproportion von öffentlicher und privater Moral.« (Oliver Jungen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.04.2019) »Es gibt in diesem sich grandios über alle dramaturgischen Regeln hinwegsetzenden Roman (...) keine platten Urteile.« (Manuela Reichart, Deutschlandfunk Kultur »Lesart«, 08.10.2018) »Peeters beschreibt Menschen und ihre Gefühle sehr genau und im Falle Malvas mit poetischer Sensibilität.« (Eva Karnofsky, SWR 2 Lesenswert Kritik, 07.11.2018) »Ein wunderbares Buch, mit dem der Göttinger Wallstein Verlag erneut sein Händchen für besondere Autorinnen beweist.« (Thomas Kopietz, Hessische Allgemeine Zeitung, 19.12.2018) »Poetischer, mitunter bestechend origineller Roman« (BÜCHERmagazin, 2.2019) »die Autorin beherrscht die Sprache, biegt sie, verziert sie, lässt sie tanzen und tosen« (Marina Büttner, www.literaturleuchtet.wordpress.com, 13.01.2019) »Ein Buch so klug wie pointiert, geistreich und ergreifend.« (Petra Fosen-Schlichtinger, bn Bibliotheksnachrichten 2019/1)