Christoph Hein erzählt in seinem neuen Kinderbuch von Ulla, ihren Brüdern und dem Vater, für die nach dem Tod der Mutter ein neues Leben beginnt.
Eine traurigschöne Geschichte voller Trost.
Ulla, zehn Jahre alt, bewundert ihre beiden großen Brüder: Karel weiß wirklich alles, für ihn ist "Blödquatsch", was unbewiesen und unbeweisbar ist. Paul weiß nicht alles so genau, aber er hat zu allem eine feste und unumstößliche Meinung. Der Vater ist Bildhauer und Ulla findet, er kommt gleich nach dem berühmten Michael Angelo, womit sie Michelangelo meint.
Ulla ist Vaters Liebling. Trotzdem liebt sie ihre Mama, eine Regisseurin, ungefähr einen Zentimeter mehr als Papa. Ohne all das könnte Ulla nicht leben. Niemals. Doch dann wird ihre schöne Mama, die so gerne lacht, krank. Kurz darauf stirbt sie. Für alle beginnt eine schwere Zeit.
Erzählt wird, wie Ulla, die Brüder und ihr Vater ein neues Leben, ohne Mama, beginnen müssen. Erzählt wird auch von ihrem ersten Urlaub ohne Mama, auf Hiddensee, wo Karel sich verliebt. Und von einer Statue, die zusehends zu einer vollendeten Pietà wird. Eine Geschichte, die voller Sehnsucht ist, nach Mama, nach dem Leben. Die versucht, Antworten zu finden auf Fragen, die Kinder, und nicht nur Kinder, in solchen Momenten stellen.
"Mama ist gegangen, und wir haben das Gefühl, der Himmel stürzte über uns ein... Das sind Dummheiten. Mama ist nur vorausgegangen und wir werden, ob du willst oder nicht, ihr hinterhergehen", sagte Paul zu Ulla.
Eine traurigschöne Geschichte voller Trost.
Ulla, zehn Jahre alt, bewundert ihre beiden großen Brüder: Karel weiß wirklich alles, für ihn ist "Blödquatsch", was unbewiesen und unbeweisbar ist. Paul weiß nicht alles so genau, aber er hat zu allem eine feste und unumstößliche Meinung. Der Vater ist Bildhauer und Ulla findet, er kommt gleich nach dem berühmten Michael Angelo, womit sie Michelangelo meint.
Ulla ist Vaters Liebling. Trotzdem liebt sie ihre Mama, eine Regisseurin, ungefähr einen Zentimeter mehr als Papa. Ohne all das könnte Ulla nicht leben. Niemals. Doch dann wird ihre schöne Mama, die so gerne lacht, krank. Kurz darauf stirbt sie. Für alle beginnt eine schwere Zeit.
Erzählt wird, wie Ulla, die Brüder und ihr Vater ein neues Leben, ohne Mama, beginnen müssen. Erzählt wird auch von ihrem ersten Urlaub ohne Mama, auf Hiddensee, wo Karel sich verliebt. Und von einer Statue, die zusehends zu einer vollendeten Pietà wird. Eine Geschichte, die voller Sehnsucht ist, nach Mama, nach dem Leben. Die versucht, Antworten zu finden auf Fragen, die Kinder, und nicht nur Kinder, in solchen Momenten stellen.
"Mama ist gegangen, und wir haben das Gefühl, der Himmel stürzte über uns ein... Das sind Dummheiten. Mama ist nur vorausgegangen und wir werden, ob du willst oder nicht, ihr hinterhergehen", sagte Paul zu Ulla.
Christoph Heins vorsichtige, kluge Erzählung von einem Verlust
Viele Tode werden in der Kinderliteratur gestorben, doch kaum ein Thema pendelt so hilflos zwischen Düsternis und Schönfärberei, bei keinem ist der Hang größer, sich in billige Jenseitsvorstellungen oder verkitschte Anderswelten zu flüchten. In der Literatur für junge Leser wird es besonders augenscheinlich: Mit dem Tod stoßen unsere Ausdrucksmöglichkeiten an Grenzen.
Christoph Hein gibt sich in seinem neuen Kinderbuch - nach fast zwanzig Jahren das zweite des renommierten Schriftstellers - ganz als literarischer Chronist, der er sein will. Mit Genauigkeit zeichnet er auf, will nicht werten, nicht kommentieren. Das Sterben der Mutter, die eine tödliche Krankheit aus ihrer heilen Familie reißt, wird zu einem Dossier des Schmerzes ohne jede Form von Pathos, und ist, als ob für Hein Emotionen nur den Blick verstellen, wie eine Ansammlung von Fakten nahezu wertfrei, klug in seiner Vorsicht und im Verzicht auf jede Art von Plakativität. Weder ängstlich noch ehrfurchtsvoll, sondern mit fast überlegener Gelassenheit macht sich der Autor daran, vom Leben zu erzählen, das auch mit dem Tod kein Ende findet. Denn "Mama ist gegangen", ein Wiedersehen ist nicht ausgeschlossen.
Mitten in die familiäre Idylle drängt sich das Sterben der Mutter, einer Regisseurin, die so gern lacht und dann besonders hübsch aussieht. Zurück bleiben Ulla, zehn Jahre alt, ihre beiden Brüder Karel und Paul, beide ungewöhnlich klug und nie um eine Antwort verlegen, und der Vater, ein angesehener Bildhauer und verständnisvoller Papa. Und natürlich Strolch, der Hund, treu wie ein Hund sein soll. Ein Hort der Zuneigung, des Verständnisses, des Respekts.
Daß es dieser intellektuellen Bilderbuchfamilie gelingt, die Trauerarbeit zu meistern, liegt nahe und ist tröstlich - aber befremdet auch: Die Kinder sind einsichtig und verständig, der Vater ist tapfer und stark. Mit dem Kopf wird bewältigt, was für das Gefühl unfaßbar bleibt. "Heulen ist dumm", sagt Paul, "Mama ist nur vorausgegangen, und wir werden, ob du willst oder nicht, ihr hinterhergehen." Hein schreibt vom Umgang mit dem Tod präzise und schnörkellos, gelegentlich in wunderbar heiteren Szenen, doch nicht von der Angst, die sich um dieses ewige Rätsel rankt. Er bleibt so routiniert unaufgeregt, als ob das ambivalente Innenleben seiner Helden nicht existiert oder ein Geheimnis bleiben soll.
Die karge Prosa und der bedächtige Ton tun gut, die deutliche Distanz zu Gefühlen jedoch macht ratlos. Fast sehnt man sich danach, daß in all dem Bravsein und der Gefügigkeit wenigstens eines der Kinder im Schmerz rebelliert oder der Vater mit der eigenen Hilflosigkeit ein wenig mehr hadert, statt verkopft gegen die Verzweiflung anzureden. Denn in dem Übermaß an Vernunft und Vorbildlichkeit drohen sich Trost und Hoffnung fast schon wieder zu verlieren. Um mit dem Tod umzugehen, braucht man nicht nur Verständnis und Einsicht, sondern auch Wut und Tränen. So dumm ist Heulen gar nicht.
ELENA GEUS
Christoph Hein: "Mama ist gegangen". Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim 2003, 152 S., geb. , 12,90 [Euro]. Ab 10 J.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Ein Buch über den Tod, das "fröhlich macht", sieht Konrad Heidkamp in dem Roman von Christoph Hein. Passend zum Thema, aber "kindernah", beschreibe Hein "unspektakulär" und "langsamen Schrittes" wie sich das Leben der übriggebliebenen Familie nach dem Tod der Mutter ändert. Der Vater, ein Bildhauer, verarbeitet seine Trauer in der Gestaltung einer Pieta für einen süddeutschen Dom, erzählt Heidkamp. So helfe die Kunst, den Verlust zu überwinden, indem das Lächeln der Mutter im steinernen Bildnis verewigt werde. Das zweite Kinderbuch des Dichters ist daher nicht nur ein einfühlsamer Abschiedsroman, sondern auch eine "Geschichte vom Glück der Kunst", findet Heidkamp.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Christoph Hein hat ein Buch über den Tod geschrieben, das fröhlich macht.« DIE ZEIT